Essen. Viele Jugendliche an Essener Schulen bleiben zum zweiten Mal sitzen und müssen deshalb die Schule wechseln. Das liege vor allem an Corona-Lücken.
Wenige Tage vor der Ausgabe der Zeugnisse zeichnet sich an den Essener Schulen ab, dass in diesem Jahr besonders viele Kinder und Jugendliche das Schuljahr nicht schaffen. Viele von ihnen müssen die Schule wechseln, weil sie bereits zum zweiten Mal sitzenbleiben.
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Besonders Realschülerinnen und -schüler trifft es hart: Dem Vernehmen nach müssen etwa 260 von ihnen auf eine Hauptschule wechseln, weil sie zum zweiten Mal sitzenbleiben. Das sind offenbar mehr als doppelt so viele wie sonst. „Die Zahl ist ungewöhnlich hoch“, bestätigt der Leiter einer Realschule im Stadtgebiet.
Jetzt werden die letzten Noten in die Zeugnisse eingetragen
Offizielle Daten gibt es noch nicht. Sowohl Schulverwaltung als auch die Düsseldorfer Schulaufsicht verweisen darauf, dass die Zeugnisse noch nicht überall geschrieben sind. Tatsächlich finden jetzt, zu Beginn der letzten Woche vor den Sommerferien, an vielen Schulen noch Zeugniskonferenzen statt, in denen die Noten verbindlich eingetragen werden. Letzter Schultag vor den großen Ferien ist Freitag, der 24. Juni.
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„Das sind die Folgen der Corona-Pandemie und der Unterrichtsausfälle“, sagt der Realschulleiter. Allein in einer seiner achten Klassen (30 Kinder) seien sechs Jungen und Mädchen, die die Nachprüfung nicht geschafft haben und jetzt auf die Hauptschule müssten. „Wir alle haben das kommen sehen und den Eltern schon im letzten Schuljahr nahegelegt, dass das Kind die Schule wechseln soll“, sagt der erfahrene Pädagoge. „Doch dieser gute Ratschlag, der den Kindern viele Frustrationen und verlorene Zeit erspart, wird von vielen Eltern meistens als Urteil gegen das eigene Kind empfunden.“ Der Realschulleiter rechnet damit, dass einige Mütter und Väter einen Anwalt einschalten, um gegen den vorgeschriebenen Schulwechsel zu klagen. Die Aussichten auf Erfolg gelten grundsätzlich als gering, weil das Gesetz bei den sogenannten „Schulformwechslern“ nur wenig Interpretationsspielraum zulässt.
Jugendliche an den Berufskollegs haben oft ein Motivationsproblem
Schülerinnen und Schüler, die 16 Jahre alt sind und den mittleren Schulabschluss nicht geschafft haben, können auch aufs Berufskolleg, um dort den Abschluss nachzuholen. Der Sprecher der Berufskollegs in Essen, Georg Greshake vom Berufskolleg West (Frohnhausen), sagt zu den Folgen der Corona-Pandemie: „Nicht die fehlenden Kenntnisse und Leistungen sind das Problem.“ Die monatelangen Schulschließungen hätten das „Motivationsproblem“ unter den Schülerinnen und Schülern erheblich verschärft. „Viele wissen einfach nicht mehr, wozu sie sich anstrengen sollen.“ Greshake argumentiert: 70 Prozent der Auszubildenden im IHK-Bezirk hätten mittlerweile Fachabi oder Abi. „Wie soll man da von einem 16-jährigen Realschüler verlangen, sich zielführend zu orientieren?“
Die Corona-Pandemie, die von März 2020 bis Mai 2021 für einen massiven, teilweise Monate andauernden Unterrichtsausfall gesorgt hatte und auch bei geöffneten Schulen weiterhin einen anhaltend hohen Krankenstand zur Folge hatte, spiegelt sich bereits in der bestehenden Sitzenbleiber-Statistik der Schulaufsicht nieder. So wiederholten im Sommer 2020, nach dem ersten „Lockdown“, etwa 14 Prozent der Hauptschüler in Essen das Schuljahr. An den Realschulen waren es sechs Prozent. Das Schulministerium hatte damals die Regel eingeführt, dass alle Schülerinnen und Schüler freiwillig das Jahr wiederholen können. Auch das jetzt zu Ende gehende Schuljahr startete mit vielen Sitzenbleibern: Sieben Prozent der Hauptschüler sind derzeit Wiederholer, sechs Prozent der Realschüler und zwei Prozent der Gymnasiasten.