Essen. Die Ladenmiete von Lindt in der Essener City wird öffentlich gefördert. Das löste heftige Kontroversen aus. Nun wird der Anmietprozess verändert.

Die umstrittene Geschäftsansiedlung des Schweizer Edelchocolatiers Lindt auf der Limbecker Straße mit öffentlichen Geldern hat Konsequenzen. Künftig will die Politik über die geplanten Anmietungen der Stadt und damit den Einsatz der Fördergelder entscheiden. Das geht aus dem aktuellen Sachstandsbericht zum „Sofortprogramm zur Stärkung unserer Innenstädte und Zentren in Nordrhein-Westfalen 2021“ hervor, den die Verwaltung dem Stadtrat kommende Woche vorlegt. Bislang ist eine Jury dafür zuständig.

Mit Fördergeldern aus dem genannten Landesprogramm hatte die Stadt Essen im vergangenen Herbst ein leerstehendes Ladenlokal auf der Limbecker Straße angemietet und zu äußerst günstigen Konditionen für ein Jahr an Lindt weitervermietet. Die Subventionierung des milliardenschweren Schweizer Schokoladen-Konzerns hatte zu hitzigen Kontroversen geführt. Vertreter der Politik fühlten sich nicht ausreichend im Vorfeld informiert. „Das lief aus meiner Sicht zu intransparent“, bekräftigte Wolfgang Freye von der Linkspartei, der damals zur Riege der Kritiker der Lindt-Entscheidung zählte.

Anmietprogramm: Stadtrat holt sich Zuständigkeit von der Jury zurück

Das Prozedere bei solchen Anmietungen leerer Geschäfte war bislang so: Die Essen Marketing Gesellschaft (EMG) wirbt um potenzielle Händler. Eine Jury bewertet nach mehreren Kriterien die Bewerbungen. Gibt sie grünes Licht, dann tritt die EMG in Mietverhandlungen mit dem Vermieter. Die Mietverträge schließt die Stadt ab.

Laut Geschäftsordnung hätte eigentlich der Stadtplanungsausschuss des Stadtrates die entscheidende Stimme. Doch der Stadtrat hatte die Zuständigkeit an die Jury übertragen. So sollte eine zügige Anmietung der leerstehenden Lokale gewährleistet werden. Neben Vertretern der Stadtverwaltung, der EMG, der IHK, der Wirtschaftsförderung, des Handelsverbandes und des Gaststättenverbandes Dehoga gehört auch der Vorsitzende des Planungsausschusses, Guntmar Kipphardt (CDU), dieser Jury an.

Diese Art der Beteiligung reicht der Politik nicht mehr aus. Die Konsequenz nach dem Fall Lindt: Will die Stadt künftig Mietverträge mit einer Jahresmiete von über 75.000 Euro abschließen, dann muss nun der Planungsausschuss vorher grünes Licht geben. Die eingesetzte Jury soll allerdings weiterhin gehört werden und ihre Empfehlungen abgeben. „Ich halte die Änderung für richtig. Die Politik sollte stärker in die Entscheidungen eingebunden werden“, bekräftigte Caner Aver (SPD), der stellvertretende Ausschussvorsitzende.

Sorge um längere Prozesse

Die Änderung der Anmietungspraxis löst jedoch auch Skepsis aus. Marc Heistermann, Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbandes Ruhr und Jurymitglied, gibt zu bedenken: „Ich halte es für wichtig, dass wir weiterhin mit Flexibilität und Schnelligkeit agieren können.“

Bislang hat die Stadt Essen über drei Millionen Euro Fördermittel vom Land erhalten, um der Innenstadt nach der Corona-Krise wieder auf die Beine zu helfen. Ein großer Teil des Geldes ist dabei für die Anmietung leerstehender Läden vorgesehen. Dabei ist nicht nur die Limbecker Straße ein Schwerpunkt sondern auch die Viehofer.

Sechs geförderte Anmietungen bislang auf der Limbecker Straße

Für Mieter ist das Angebot lukrativ: Sie zahlen 20 Prozent der bisherigen Miete, den Rest übernimmt die Stadt. Das für maximal zwei Jahre. Vorher muss der Vermieter jedoch 30 Prozent der Altmiete nachlassen. In sechs Fällen ist es der EMG gelungen, neue Ladeninhaber für die Limbecker Straße zu finden. Neben Lindt sind das: Mykraut, Mea living, The Outleter, Strike Wardrobe und jüngst L´italiano. Auf der Viehofer gab es noch keinen Anmietungserfolg.

Das Förderprogramm hat den Leerstand auf der Limbecker zwar gedrückt, doch noch immer steht rund ein halbes Dutzend Läden leer. Die Stadt zieht in ihrem Bericht an den Rat dennoch ein positives Zwischenfazit: „Aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen durch die Corona-Pandemie und einer daraus resultierenden großen Zurückhaltung im Einzelhandel sind diese ersten Anmietungen als Erfolg zu werten.“

Mittlerweile hat die Stadt das Miet-Modell auch auf Stadtteile ausgeweitet. Neben Borbeck und Steele ist jüngst das Südostviertel dazugekommen.