Essen. Der milliardenschwere Schokoladenproduzent Lindt hat auf der Limbecker Straße einen Laden eröffnet – er profitiert von einem NRW-Förderprogramm.
Mit goldenen Hasen kennen sich die Schweizer von Lindt & Sprüngli aus. Der Goldhase ist schließlich ihr bekanntestes Produkt. In Essen könnte sich das Unternehmen damit nun auch eine goldene Nase verdienen. Denn der Konzern hat am Samstag (23.10.) auf der Limbecker Straße ein Geschäft eröffnet, für das Lindt lediglich eine Miete zum Schnäppchenpreis bezahlt.
Das milliardenschwere, börsennotierte Unternehmen Lindt & Sprüngli profitiert dabei vom laufenden Förderprogramm zur Rettung der Innenstädte in NRW. Damit subventionieren Land und Kommunen großzügig die Mieten für vormals leerstehende Läden. Die Stadt Essen hat über dieses Programm das Geschäft in der Limbecker Straße 56 angemietet, um es danach günstig an Lindt unterzuvermieten.
Lindt zahlt in Essen nur 20 Prozent der Altmiete
Nach den geltenden Förderregeln heißt das: Lindt zahlt maximal 20 Prozent der bisherigen Miete. Den restlichen Betrag – bis maximal 70 Prozent der Altmiete – steuern das Land und zum kleineren Teil die Stadt Essen bei. 30 Prozent Nachlass muss der Immobilieneigentümer geben. Eine fiktive Beispielrechnung: Betrug die monatliche Ladenmiete bislang 10.000 Euro, zahlt der neue Mieter nur noch 2000 Euro. Land und Stadt überweisen dem Immobilienbesitzer aus dem Fördertopf 5000 Euro, der unterm Strich somit 7000 Euro Miete kassiert.
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Auch im konkreten Fall kostet Lindt die Miete für das Geschäft auf der Limbecker schätzungsweise nur wenige Tausend Euro pro Monat. Die Schweizer sichern sich den Standort somit zum Billigpreis.
Für die Umsetzung des Förderprogramms ist in der Stadt die Essen Marketing Gesellschaft (EMG) mit federführend. Diese bestätigte auf Nachfrage, dass der neue Lindt-Laden Teil des Förderprogramms ist.
EMG wollte auf der Limbecker Straße junge Konzepte fördern
Zwar schließt das Land in seinen Förderrichtlinien nicht aus, dass auch große Filialisten in den Genuss der staatlichen Subventionen kommen können. Wörtlich heißt es dort: „Es gibt keinen generellen Ausschluss von Systemgastronomie bzw. Filialisten – die Nutzung muss aber ins städtische Konzept passen. Wichtig ist dabei, dass die Kommune die strategische Zukunftsausrichtung der Innenstadt forciert.“
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Tatsächlich jedoch hatte die EMG ursprünglich eine andere Zielgruppe im Blick. Noch zum Start des Programms vor etwa einem Jahr sprach EMG-Innenstadtmanagerin Svenja Krämer davon, dass man „spannende Handelskonzepte, Popup-Stores, Start-ups, Gastronomen oder Dienstleister“ für die leerstehenden Läden auf der Limbecker suche. (Hier die ganze Pressemitteilung im Wortlaut) Vor allem sollte es darum gehen, mit den reduzierten Mieten innovative Konzepte anzulocken, die sich eine marktübliche Miete in der 1A-Lage nicht leisten können. Auf die Lindt & Sprüngli AG, die zuletzt vier Milliarden Schweizer Franken Jahresumsatz erzielte, dürfte das eher nicht zutreffen.
Lindt schließt Mietvertrag nur für Förderdauer ab
Ungeachtet dessen sieht die EMG die Ansiedlung von Lindt als „gutes Zeichen“, dass sich auf der Einkaufsstraße etwas bewegt. „Es geht dort in die richtige Richtung“, sagte ein EMG-Sprecher. Mit Lindt kommt in der Tat wieder eine hochwertige Marke auf die Limbecker Straße, die in den vergangenen Jahren gerade in diesem Segment einen schweren Aderlass erlitten hat.
Dennoch stellt sich die Frage, wie lange Lindt dem Standort treu bleiben wird. Das Förderprogramm subventioniert die Mieten lediglich zwei Jahre lang. Dem Vernehmen nach haben die Schweizer bislang auch nur über diese Dauer einen Mietvertrag abgeschlossen. Sollten sie tatsächlich nach dieser Zeit Essen wieder den Rücken kehren, hätten die Subventionen ein westliches Ziel verfehlt: nämlich möglichst nachhaltig neue Konzepte anzusiedeln. Das Unternehmen ließ am Freitag Fragen dazu unbeantwortet.
Das bekommt Essen aus dem Förderprogramm des Landes NRW:
Das „Sofortprogramm zur Stärkung unserer Innenstädte und Zentren in Nordrhein-Westfalen“ wurde am 9. Juli 2020 aufgelegt. 70 Millionen Euro standen zunächst bereit, um „den Wandel im Handel aktiv zu begleiten“. Essen erhielt daraus 970.000 Euro. Zehn Prozent muss die Stadt aus eigenen Mitteln aufbringen. Der Großteil des Geldes sollte für die Anmietung leerer Läden auf der Limbecker verwendet werden. In einer zweiten Tranche bekam Essen Mitte 2021 weitere 1,6 Millionen Euro. Damit sollen die Anmietungen auf Stadtteile und die nördliche Innenstadt ausgedehnt werden.
Bislang hat die Stadt vier Läden auf der Limbecker angemietet und weitervermietet: Gefördert werden so neben Lindt & Sprüngli das Gewürz-Start-up Mykraut und die beiden Textilläden „Strike.Wardrobe“ und „The Outleter“. Die EMG sucht darüber hinaus weitere Konzepte für noch leerstehende Läden.