Essen-Werden. Bei „Wein und Kunst“ in der Werdener Altstadt besteht am Wochenende Gelegenheit, die Kreativen persönlich kennenzulernen. Hier vier Beispiele.
Die neue Werdener Festivität „Wein und Kunst“ strebt ihrem Höhepunkt entgegen: Bis zum Sonntag gibt es in der Altstadt neben den kulturellen Genüssen in den Geschäften und Gastronomien auch Kulinarik. Am Ludgerusbrunnen, vor dem Rathaus sowie an der Hufergasse/Grafenstraße sind deutsche Winzer und heimische Gastronomen sowie die „Neue Arbeit“ mit einem Food-Truck präsent.
Am Sonntag öffnen die Geschäfte von 13 bis 18 Uhr. Anwesend sind dann die mehr als 25 ausstellenden Künstlerinnen und Künstler. Sie stehen für Gespräche bereit. Vier von ihnen stellen wir repräsentativ vor.
Linolschnitte im Handdruck-Verfahren auf Japanpapier
Der Linolschnitt-Technik widmet sich Thomas Escher. Der 56-jährige Essener arbeitet in seinem Atelier im Handdruckverfahren auf Japanpapier. „Das ist schon sehr aufwendig. Ich habe bis zu sechs Farbplatten pro Motiv. Diese müssen dann beim Druck auch alle exakt übereinander liegen.“ So manche Stunde tüftele er, bis alles passe.
Einige Beispiele seiner Illustrationen für Bücher, Zeitschriften und Firmen hat der gelernte Grafiker im Restaurant „Schiffers“ ausgestellt, die nach Aussagen der Betreiber schon neugierige Blicke auf sich gezogen haben. Auch Bilder seiner Hamburg-Ansichten sind dabei: „Sehr subjektive Eindrücke, ich habe da mal eine Zeit gelebt“, berichtet Escher. Zu sehen sind zudem Aquarelle, zu denen ihn eine alte Enzyklopädie angeregt hat: Pro Buchstabe hat der Grafiker verschiedene Begriffe verarbeitet, die zusammen komponiert eine witzige Szenerie ergeben. Auch alte Beschreibungen von Tierarten fordern den Künstler heraus, sie mit einem ironischen Federstrich zu malen.
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Künstlerin ergründet Tierisches und Menschliches
Um Tiere geht auch bei Judith Maria Janson. Was ist das Tierische im Menschen und das Menschliche im Tier? Dieser Frage widmet sich die 49-jährige Essenerin, die in Münster Visuelle Kommunikation und Kunst studiert hat. Seit 2007 ist sie freischaffend als Bildende Künstlerin, Texterin und Autorin unterwegs. Mit Acryl, Bleistift und Pastellkreide karikiert sie menschliche Posen und Eigenheiten, kleidet sie in ein tierisches Gewand. So schaut der Hase in „Adel verpflichtet“ mit rotem Jackett majestätisch drein, das Schaf „Agnes“ hat geschminkte Lippen und ein Fisch darf Busen zeigen.
Im Sanitätshaus Dell haben diese Bilder wie auch die großformatigen Köpfe in Acryl Aufmerksamkeit erregt. „Die Leute bleiben stehen, schauen, kommen rein“, freut sich Inhaber Robin Dell, der zum verkaufsoffenen Sonntag auch Rebensaft ausschenken möchte. „Ich finde die Aktion des Werberings spannend, Kunst in die Straßen zu bringen.“
Karos und Kreise stehen in Beziehung zueinander
Daniela Reimus-Wittig, Inhaberin des Geschäfts Einzigartig, kann da beipflichten. Zumal die ihr zugeloste Künstlerin gut zum Warenangebot (Interieur, Feinkost) passe: „Wir verstehen uns auf Anhieb.“
Julia Stärz-Wilhelm, 49, gebürtig aus Karlsruhe und seit mehr als zwei Jahrzehnten in Essen beheimatet, hat sich seit ihrer Jugend der Karo-Kunst verschrieben. Sechs Beispiele ihrer grafischen Bilder, die sie mit dem Fineliner gestaltet, präsentiert sie in Werden, weitere sind auf der „Rü-Art“ zu sehen.
Aus der freien Hand zeichne sie die Linien, Kreise, Dreiecke. „Das ist sehr wild, sehr dynamisch, trotzdem ist Struktur drin, stehen die Formen in Beziehung zueinander.“ Schwarze und weiße Flächen seien es zumeist, aber auch Farbe sei im Spiel, wenn es um Embleme oder Symbole gehe. Bis zu 30 Stunden arbeite sie an so einem Bild, dessen Interpretation sie ganz dem Betrachter überlässt, auch wenn Titel wie „Tangente“ und „Red City“ schon Richtungen vorgäben.
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Abstrakt bleibt die Künstlerin, die u.a. in Hamburg ausgestellt hat und an einer Charityaktion zugunsten der Essener Chancen beteiligt war, ebenfalls in ihren Acrylwerken. Rolle, Pinsel, Sprühpistole und Spachtelmasse sowie Alltagsdinge und Werbematerial verarbeitet sie zu Collagen. Die kreiert die gelernte Fußpflegerin im Atelier in den Werdener Toren. „Die Fineliner-Arbeiten mache ich quasi überall, meistens aber nach der Arbeit daheim.“
Akrobaten-Plastiken zeigen eine Lebenshaltung
Im Café Werntges stehen im Rahmen von „Wein und Kunst“ Skulpturen im Schaufenster. Die Keramiken stammen aus der Werkstatt von Harriet Wölki, die im Eltingviertel ansässig ist. Die 61-Jährige, die lange Jahre als Kostümbildnerin tätig war, bevor sie in Münster und Düsseldorf Bildhauerei studierte, hat sich im Nordviertel gut vernetzt. Sie kooperiert mit Kitas, Schulen und Jugendeinrichtungen, mit denen sie Kunstprojekte auf den Weg bringt.
Verkaufsoffener Sonntag und Weintage
Die Geschäfte in der Werdener Altstadt sind am Sonntag, 12. Juni, von 13 bis 18 Uhr geöffnet. Dann sind auch die meisten Künstlerinnen und Künstler vor Ort. Einige haben sich aber für Samstag angekündigt, das muss im jeweiligen Geschäft erfragt werden.
Die Winzer sind nur am Wochenende in Werden, die Kunstwerke können dagegen noch bis zum 18. Juni angeschaut werden.
In Werden hat sie ihre Kunst noch nicht präsentiert, ist deshalb gespannt auf die Reaktionen der Besucher. Mitgebracht hat sie unter anderem Plastiken aus einen Zyklus über Akrobaten. „Sie müssen körperlich Haltung bewahren, perfekt sein in ihrer Präsentation, auch wenn es schwierig wird.“ Im Leben Grenzerfahrungen machen, Haltung zeigen auch gegen Vorurteile – das wolle sie anhand dieser Figuren vermitteln. Ein Kerzenhalter sei eben nicht nur ein dekoratives Element, sondern auch „jemand der die Kerze hoch hält und und in seinem Leben für etwas einsteht“.