Essen-Werden. Die SPD Werden-Bredeney hatte zur Podiumsdiskussion über bezahlbares Wohnen ins Bürgermeisterhaus Werden geladen. Das sagen die Wohnexperten.

Wohnraum ist ein kostbares Gut, vor allen Dingen bezahlbarer Wohnraum. Ein Mangel an Baulandflächen kommt hinzu und gerade aktuell im Süden und Südwesten von Essen tobt die heftige Kontroverse „Freiflächen gegen Bauflächen“. Anlass genug für die SPD Werden-Bredeney, jüngst zu einer Podiumsdiskussion ins Bürgermeisterhaus Werden einzuladen.

Die Moderation übernahm SPD-Bezirksvertreter Heinz Schnetger, seines Zeichens Dipl.-Ing. Architekt. Im Essener Süden bekannt wurde er als Geschäftsführer der Grundstücksgesellschaft Kettwig.

Die Ansprüche an den Wohnraum verändern sich

Eingangs berichtete der Landtagsabgeordnete Andreas Becker von der Forderung seiner Partei nach jährlich 100.000 neuen Wohnungen, davon ein Viertel öffentlich gefördert, und sprach von 25-jährigen Mietpreisbremsen. Von 2010 bis 2018 seien die Mieten um bis zu 29 Prozent gestiegen, die Einkommen aber nur um elf Prozent.

Die Veranstaltung moderierte Heinz Schnetger (rechts)
Die Veranstaltung moderierte Heinz Schnetger (rechts) © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Doch wie können kostengünstige Wohnungen entstehen? Kann der Markt das alles regeln, oder müssen verstärkt gesetzliche Bestimmungen her? Dazu erklärte Torsten Bölting vom InWIS-Institut in Bochum: „Es kann keinen funktionierenden Immobilien-Markt geben. Im eingriffslosen Markt entsteht kein Gleichgewicht, da ist man sich einig in der Volkswirtschaft.“

Doch wie sollen Eingriffe funktionieren? Das Ruhrgebiet schrumpfe zwar, sagte Bölting, und doch würde es am Wohnungsmarkt immer enger: „Es gab in Essen 20.000 Wohnungen, die nicht mehr bewohnbar waren. Und die Ansprüche verändern sich. Heute reichen 44 Quadratmeter nicht mehr für eine ganze Familie.“ Bis 2030 würden in Essen 16.000 Neubauten benötigt, warf Heinz Schnetger ein, da seien die bisher im Schnitt erreichten 700 bis 800 im Jahr zu wenig: „Wir müssen die Anstrengungen verdoppeln.“

In der Genossenschaft sind Mieter Miteigentümer

Claus-Werner Genge führt die Wohnbau Essen eG und warb für seine Genossenschaft mit im Schnitt 6,37 Euro Quadratmetermiete. Dort hätten die Mieter Lebenswohnrecht, seien quasi Miteigentümer und bekämen ihr eingesetztes Kapital mit vier Prozent verzinst. Genossenschaften steckten fast alles in Erhalt und Aufwertung der Immobilien.

Gesprächsrunden

Diese Diskussion bildete den Auftakt zu einer Reihe von politischen Gesprächsrunden, die die SPD Werden-Bredeney zu aktuellen oder gesellschaftlichen Themen veranstalten wird.

Die beiden nächsten Themenabende in Spätsommer und Herbst widmen sich den Fragen „Frieden sichern, aber wie?“ und „Die Energiewende, aber wie?“.

Weiteren sozialen Wohnungsbau im Essener Süden sehe er aber kaum: „Bei den Grundstückspreisen?“ Es könne nur über Erbbaupacht mit moderaten Zinsen gehen. Torsten Bölting hielt dagegen: „Die Genossenschaften und kommunale Unternehmen halten aber nur elf Prozent der 40 Millionen Wohnungen in Deutschland.“ Die Hälfte habe private Eigentümer.

Hans-Jochem Witzke ist oberster Mieterschützer in NRW und gab zu bedenken: „Die Mietpreisbremse gilt nicht in Essen, Duisburg, Oberhausen. Und was nützt die schönste Bremse, wenn keiner drauf tritt?“

Forderung: Bauland im Essener Süden ausweisen

Auf die Frage „Sind die ganzen energetischen Auflagen für die Umwelt oder für die Handwerker?“ gab es zur Antwort, vieles bringe kaum Energieeinsparungen, lasse aber Bürokratie wuchern. Und sei zukünftig nur noch schwer zu bezahlen. Bölting meinte, ohne die Ausweisung von Bauland – auch im grünen Süden – werde es bei aller Binnenverdichtung nicht gehen: „Menschen müssen auskömmlich wohnen. Wir müssen andere Modelle finden als Miete oder Eigentum.“ Welche das konkret sein könnten, blieb an diesem Abend aber offen.