Essen. Der Bestand an Sozialwohnungen in Essen ist 2021 um fast 1000 gesunken. Die SPD beklagt eine Schieflage im Wohnungsbau.

Angesichts der weiter sinkenden Zahl an „Sozialwohnungen“ untermauert die SPD im Rat der Stadt Essen ihre Forderung nach Einführung einer verbindlichen Quote an öffentlichen geförderten Wohnungen bei Neubauvorhaben.

„Jahr für Jahr brechen uns in Essen über 1000 bezahlbare Wohnungen weg, weil deren Preisbindung im Rahmen der öffentlichen Wohnraumförderung ausläuft. Obwohl in Essen reichlich neu gebaut wird, reichen die neu geförderten Bauprojekte nicht im Ansatz aus, um einen Ausgleich zu schaffen“, fasst Philipp Rosenau, planungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, die immer angespanntere Situation auf dem Wohnungsmarkt zusammen. Essens Sozialdemokraten halten deshalb eine Quote von mindestens 30 Prozent für dringend erforderlich.

Der Bestand an Sozialwohnungen ist in Essen 2021 um 915 Wohnungen gesunken

Laut den von der Stadt Essen veröffentlichen Zahlen ist der Bestand an öffentlich geförderten Wohnungen im vergangenen Jahr abermals zurückgegangen auf 18.289 zum 1. Januar 2022. Das sind 915 Wohnungen weniger als ein Jahr zuvor. Bei 1089 öffentlich geförderten Wohnungen lief die Mietpreisbindung aus. Dem standen nur 174 neue „Sozialwohnungen“ gegenüber. In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat sich der Bestand an Sozialwohnungen damit mehr als halbiert.

Läuft die Mietpreisbindung aus, dauert es laut Erfahrung der Mietergemeinschaft Essen in der Regel nicht lange, bis die Mieten steigen, berichtet Geschäftsführerin Siw Mammitzsch. Mieter hätten keine Wahl, so lange die Kaltmiete dem Essener Mietspiegel entspricht.

In Essen wurden mehr Fördermittel abgerufen, als zunächst zur Verfügung standen

Der Trend der vergangenen Jahre setzte sich also auch 2021 fort. Dabei war die Nachfrage nach finanzieller Förderung für Neubauten im vergangenen Jahr nach Angaben der Stadt so hoch, dass die vom Land NRW zugesagten Mittel zunächst nicht ausreichten. Das Land habe daraufhin im Laufe des Jahres weitere Gelder zur Verfügung gestellt, so dass 34,6 Millionen Euro vergeben werden konnten. Das ist insofern bemerkenswert, da in früheren Jahren vom Land bereitgestellte Mittel nicht immer vollständig abgerufen wurden.

In Essen werden nach Ansicht der SPD zu wenige Wohnungen für Menschen mit geringerem Einkommen gebaut. Die Sozialdemokraten fordern deshalb eine verbindliche Quote bei Neubauvorhaben.
In Essen werden nach Ansicht der SPD zu wenige Wohnungen für Menschen mit geringerem Einkommen gebaut. Die Sozialdemokraten fordern deshalb eine verbindliche Quote bei Neubauvorhaben. © FUNKE Foto Services | Verena Lörsch

Mit den Landesgeldern werde der Bau von 225 öffentlich geförderten Wohnungen ermöglicht. Diese werden im Westviertel, in Frohnhausen, Bedingrade, Bochold, Schonnebeck, Stoppenberg, Kupferdreh und Kettwig entstehen.

Der Allbau kündigt den Bau von weiteren 400 Sozialwohnungen in Essen an

Die SPD im Rat der Stadt beklagt gleichwohl eine soziale Schieflage im Wohnungsbau. „Im Moment wird in Essen überwiegend für Menschen mit hohem Einkommen gebaut. So wird die soziale Spaltung unserer Stadt zusätzlich verstärkt“, kritisiert Philipp Rosenau. Mit einer festen Quote wolle die SPD diese Entwicklung umkehren.

CDU und Grüne, die im Rat die Mehrheit stellen, hatten sich in ihrer Kooperationsvereinbarung nicht auf eine Sozialquote im Wohnungsbau verständigt. Wenige Wochen vor der Landtagswahl wirft die SPD der Mehrheitskoalition im Rat mangelnden politischen Willen vor. „Die derzeitige Lage zeigt ganz deutlich, dass Schwarz-Grün kein Interesse daran hat, Essenerinnen und Essenern mit niedrigem Einkommen gutes und bezahlbares Wohnen zu ermöglichen“, konstatiert der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Ingo Vogel.

225 neue Wohnungen

Mit rund 35 Millionen Euro wird der Bau von 225 Wohnungen gefördert. Sie verteilen sich wie folgt: Frankfurter Straße (Frohnhausen) 43 Wohnungen, Im Mühlenbruch (Stoppenberg) 44 Wohnungen, Matthias-Erzberger-Str. (Schonnebeck) 16, Bandstraße (Schönebeck) 6, Ringstraße (Kettwig) 25, Flandernstraße (Bochold) 16, Dilldorfer Allee (Kupferdreh) 16, Dickmannstraße (Westviertel) 59 Wohnungen.

Der städtisch beherrschte Allbau setzt nach den Worten von Geschäftsführer Dirk Miklikowski auf öffentliche Förderung. „Die Versorgung der Essener Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum ist seit jeher eine unserer wichtigsten Aufgaben“, betont Miklikowski. So sei der Bestand der Wohnungsgesellschaft an preisgebundenen Wohnungen von 2019 bis 2022 durch Neubau und Modernisierungen um rund 800 Wohnungen auf 4600 gestiegen.

Auch in Zukunft plane der Allbau fast alle Neubauprojekte größtenteils mit öffentlich geförderten Wohnungen. Projekte mit 150 preisgebundenen Wohnungen seien bereits im Bau oder würden in Kürze starten. Die Planungen für weitere Projekte mit insgesamt 400 öffentlich geförderten Wohnungen seien zum Teil bereits weit fortgeschritten.

Zudem hofft der Allbau, laut Miklikowski, noch in diesem Jahr Gespräche mit dem Landesbauministerium über die Modernisierung von 500 Wohnungen abschließen zu können. Dank der öffentlichen Förderung würden auch diese der Mietpreisbindung unterliegen.

Nach Einschätzung des Allbau werden auch in den kommenden Jahren in Essen jährlich Hunderte „Sozialwohnungen“ benötigt.