Essen-Kettwig. Eklat in der Bezirksvertretung des Essener Südens: CDU und FDP lehnen einen Förderantrag für Kindertheatertage in Kettwig ab. Das ist der Grund.

Zu einem Eklat ist es in der März-Sitzung der Bezirksvertretung IX gekommen: CDU und FDP verweigerten zunächst komplett einen von der IG Bahnhof Kettwig beantragten Zuschuss von 1500 Euro für die erstmals in diesem Jahr geplanten Kindertheatertage des Kulturzentrums. Erst nach einer Sitzungsunterbrechung (zur internen Beratung) bewilligte das Gremium einen Betrag von 750 Euro. SPD-Mitglied Heike Lohmann reagierte erbost. Spontan erklärte sie sich bereit, nun privat ebenfalls 750 Euro zur Verfügung zu stellen.

Ein kompaktes Kultur-Paket für junge Menschen

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Vorangegangen war eine heftige Diskussion über das Vorhaben der Interessengemeinschaft (IG) Bahnhof Kettwig, im Juni dieses Jahres ein neues Projekt zu starten: Für Kinder und Jugendliche soll es an vier aufeinander folgenden Tagen ganztägig Angebote im Bereich Tanz, Theater und Musik geben. Mit im Boot sind die ehrenamtlichen Kräfte des Alten Bahnhofs, bekannte Essener Künstler wie Jelena Ivanovic („Kunstbaden“) und Franziska Dannheim („Oper Légère“) sowie namhafte Akteure der freien Theaterszene aus Bonn und Gelsenkirchen. Summa summarum ein kompaktes Paket für junge Menschen, die an Kultur altersgemäß herangeführt werden sollen.

Den bereits im November gestellten Förderantrag hatte die IG Bahnhof wunschgemäß um eine Finanzplanung erweitert. Daran stießen sich nun CDU und FDP: Das neue kulturelle Format könne so nicht genehmigt werden. „Es kann nach Ansicht der Fraktion der CDU und des Einzelvertreters FDP nicht sinnvoll sein, eine sehr hohe finanzielle Unterdeckung bei dem Projekt zu haben. 83,55 Prozent sind nicht durch Einnahmen bei Eintrittsgeldern oder Eigenmitteln gedeckt“, erklärte Bezirksbürgermeisterin Gabriele Kipphardt.

Bezirksbürgermeisterin spricht von einem „falschen Signal“

„Wenn die BV in dieser Höhe einspringen würde, würde ein falsches Signal gesetzt und eine falsche Erwartungshaltung aufgebaut werden.“ Auch nach Übergabe des geforderten Kosten- und Finanzierungsplanes seien für die Fraktionen viele Fragen offen. Kipphardt: „Zumal aufgrund der pandemischen Lage nur wenige Kinder in den Genuss des kulturellen Events kommen und zum Beispiel auch keinerlei weitere Sponsorengelder rekrutiert worden sind.“ Man müsse abwägen, ob man mit den in Rede stehenden Mitteln nicht einen größeren Begünstigtenkreis erreichen könne.

Worauf Ludger Hicking-Göbels (Grüne) mit Unverständnis reagierte. „Wir stehen hinter dem Konzept, die Angaben sind völlig ausreichend.“ Zur Erläuterung ergriff Heinz Schnetger (SPD) das Wort. Er ist Kulturbeiratsmitglied im Alten Bahnhof und erklärte die Zielsetzung des bewusst niederschwelligen Angebots, „das natürlicherweise nicht durch Eintrittsgelder gedeckt werden kann“. Gänzlich um Fassung rang Benjamin Brenk (SPD) und erwiderte sichtlich angefasst: „Worüber reden wir hier? Über 1500 Euro. So viel geben wir auch für die Kotbeutel von Grün und Gruga im Stadtbezirk aus. Oder geht es um das Projekt an sich?“

Programmplanerin reagiert geschockt

Am Tag nach der Sitzung ist Heinz Schnetger noch immer fassungslos: Er denke, dass es der CDU a priori nicht daran gelegen war, zur Deckung der Finanzierungslücke beizutragen, „weil sie offenkundig das Projekt nicht wertschätzt“. Die durch die Haltung der übrigen Parteien „schließlich abgetrotzte Bereitschaft“, sich doch noch mit einem Beitrag zu beteiligen, der noch unter der möglichen Höhe der Förderung aus bezirklichen Mitteln liege, „war der hilflose Versuch, nicht gänzlich ins Abseits zu geraten“.

Julia Marx, Programmplanerin der Kindertheatertage, ist geschockt: „Es ist doch klar, dass wir Posten wie eine Betreuung für die Kinder benötigen. Die sind im Grundschulalter. Und auch ein Fotograf steht auf der Liste. Weil es eben ein Pilotprojekt ist, das wir vernünftig dokumentieren wollen, um damit künftig bei Sponsoren vorstellig zu werden.“ Man wolle mit dem Projekt etwas Hochwertiges anbieten. „Da kommt eben nicht nur ein Clown vorbei und bespaßt die Kinder, sondern das sind Tourneetheater.“

Die Zeit wird knapp für die Planung

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Dem Kulturzentrum sei es wichtig, einen Akzent zu setzen für eine qualitätsvolle und vielfältige Kulturbildung der Jüngsten unserer Gesellschaft. „Vor allem durch die Restriktionen in Zeiten der Corona-Pandemie waren keine Theaterbesuche mit Schulklassen oder privat machbar.“

Inwiefern das geplante Programm nun noch durchführbar ist, steht in den Sternen. Die Zeit wird knapp, Künstler könnten abspringen. Julia Marx: „Wir wollen alles versuchen. Den Workshop werden wir wohl ehrenamtlich selbst machen.“ Vielleicht, so Schnetger, fänden sich ja neben Heike Lohmann noch andere Unterstützer für die Kindertheatertage. „Mit 750 Euro macht die Förderung im Übrigen gerade mal 0,5 Prozent des jährlichen BV-Budgets von 300.000 Euro aus.“

>>> Darum geht es im Einzelnen beim Kindertheater-Projekt

Ein „fester Programmbaustein“ sollen künftig einmal im Jahr die Kinder- und Jugendtheatertage im Alten Bahnhof Kettwig werden. Ein Angebot, das Mädchen und Jungen verschiedener Altersgruppen ansprechen – und über den Stadtteil hinaus strahlen soll.

Ziel ist es, durch die für Familien bezahlbaren Aktionen einen Einstieg in die Welt der Musik und des Theaters zu ermöglichen. Es ist geplant, das Haus mit vier bis sechs Vorstellungen innerhalb einer Woche zu öffnen: für Aufführungen von Akteuren der freien Szene und für Tourneeangebote von Ensembles mit festen Spielstätten.

Der erste Aufschlag ist im Juni 2022

Die Abschlussgala sollen die aus dem Fernsehen bekannten Künstler Fug und Janina gestalten.
Die Abschlussgala sollen die aus dem Fernsehen bekannten Künstler Fug und Janina gestalten. © FUNKE Foto Services | Carsten Klein

Der erste Aufschlag soll vom 16. bis 19. Juni stattfinden. Programmplanerin Julia Marx: „Wir konzentrieren uns zunächst auf die Altersgruppe der Fünf- bis Neunjährigen.“ Es werde ganztägig Angebote für Kinder und ihre Familien geben, die diese möglichst spartenübergreifend ansprechen sollen. „Wir möchten auf spielerische und ästhetisch ansprechende Weise Kultur vermitteln.“

Die Tänzerinnen Jelena Ivanovic und Anna Wehsarg sowie Sängerin Franziska Dannheim sind beispielsweise als Akteure am Donnerstag und Freitag mit an Bord. Sie werden die Fünf- bis Siebenjährigen interaktiv in ihre Darbietungen einbinden. Das Consol-Theater aus Gelsenkirchen wird am Freitag mit dem Stück „Zeitmaschine“ im Alten Bahnhof gastieren. Am Samstag wird dann das Marabu-Theater Bonn im Rahmen des geplanten Heimatfestes des HVV Kettwig auf dem Rathausplatz mit dem Stück „Master of Desaster“ auftreten.

Theaterworkshop für Grundschüler geplant

Übergreifend soll an allen vier Tagen für circa 30 Grundschulkinder ein Theaterworkshop stattfinden, den die Kettwiger Lehrerin Elisabeth Kläsener und Julia Marx leiten werden. Für eine Abschlussgala am Sonntag (mit Vorführungen der Kinder) haben die Schauspieler und Sänger Fug und Janina aus Köln ihr Kommen zugesagt. Sie sind bekannt aus „Wissen macht Ah“ und der „Sendung mit der Maus“.