Essen-Stadtwald. Anwohner der Straße Am Dönhof in Essen-Stadtwald hatten für den Erhalt einer alten Linde gekämpft. Auch Politiker sind wütend und geschockt.
Schock für die Anwohnerinnen und Anwohner, die seit Monaten für den Erhalt der alten Linde an der Straße Am Dönhof in Essen-Stadtwald gekämpft hatten. Ihre Bemühungen waren vergebens. Am Morgen des 29. März wurde der Baum gefällt. Was Politiker und Grün und Gruga dazu sagen.
„Da wollte man wohl einfach Tatsachen schaffen. Wir sind schockiert, dass der Baum jetzt einfach ohne weitere Ankündigung gefällt wurde“, sagt Anwohnerin Christiane Brandt, die sich mit weiteren Nachbarn für die Linde eingesetzt hatte. Der Baum war beim Pfingststurm Ela 2014 stark beschädigt worden, die Bürger waren aber überzeugt, dass man ihn mit entsprechenden Pflegemaßnahmen hätte retten können.
Die Nachbarn setzten sich seit Monaten für den alten Baum in Essen-Stadtwald ein
Die Bürger hatten sogar mit Hilfe von Spenden einen Gutachter beauftragt, der dem Baum laut Christiane Brandt durchaus bei entsprechender Pflege noch eine beachtliche Lebenserwartung bescheinigt hätte. Die Nachbarn wären laut Christiane Brandt auch bereit gewesen, Kosten zu übernehmen. „Es hätte sich wohl um rund 500 Euro alle paar Jahre gehandelt“, so die Anwohnerin.
Als am 28. März offenbar im Baum eine Suche nach Fledermäusen stattfand, ahnten die Anwohner bereits, dass das möglicherweise im Zusammenhang mit der geplanten Fällung stehen könnte. „Benachrichtigt hat uns aber niemand. Nachbarn, die zur Arbeit mussten, steckten hier sogar mit den Autos durch die Fällarbeiten in der Sackgasse fest“, so Brandt. Die Anwohner kritisieren auch die Art und Weise, wie die Baumfällung abgelaufen sei. „Die fällen einfach, obwohl wir quasi darunter stehen“, sagt Christiane Brandt.
Sie ärgert sich, dass auch eine Anfrage bei der Bezirksregierung in Düsseldorf ohne Auswirkungen geblieben sei. Dort hatten die Bürger ihr Anliegen schriftlich eingereicht, auf eine bereits verhinderte Fällaktion verwiesen und ihre Enttäuschung darüber zum Ausdruck gebracht, dass eine von Grün und Gruga versprochene Nachpflanzung gar nicht an der derselben Stelle, sondern weiter entfernt vorgesehen sei
Vor einigen Tagen hatten die Nachbarn neue Hoffnung geschöpft, denn die Bezirksvertretung II (Stadtwald, Rellinghausen, Bergerhausen, Rüttenscheid) hatte sich dafür eingesetzt, die Fällung zumindest bis Ende April auszusetzen. Die Politiker wollten von der Verwaltung wissen, welche Maßnahmen zur Rettung der Linde erforderlich seien und welche Kosten damit verbunden wären.
Politiker hatten die Verwaltung um weitere Informationen gebeten
„Ich gehe davon aus, dass wir die Kosten übernommen hätten, wenn sie in einem vernünftigen Verhältnis zum Ergebnis gestanden hätten“, sagt Bezirksbürgermeister Hans-Peter Huch. Er habe damit gerechnet, dass das Gremium in der nächsten Sitzung noch einmal über das Thema spreche und habe zudem um ein Gespräch mit Umweltdezernentin Simone Raskob gebeten.
„Es war zwar von Gefährdung die Rede, es klang aber nicht so, als müsste die Fällung sofort erfolgen“, ist auch Bezirksbürgermeister Hans-Peter Huch von der schnellen Umsetzung des Fällvorhabens überrascht. „Auch wenn wir als BV da keine Entscheidungsgewalt haben, hätte ich doch im Sinne der Bürger gehofft, dass wir noch nähere Informationen bekommen hätten.“
Auch Irmgard Krusenbaum von den Grünen findet das Vorgehen sehr befremdlich. Bürgerinnen und Bürger und die Politik, die gemeinsam nach Lösungen, auch finanzieller Art, gesucht hätten, vor vollendete Tatsachen zu stellen, habe keinen Stil. „Wir haben als BV alles versucht, um Brücken zu bauen“, so Krusenbaum. Es gehe jetzt auch um eine längerfristige Strategie, um den Umgang mit ebenfalls bereits zur Fällung markierten Bäumen. Auch in Sachen Nachpflanzung gebe es Redebedarf. „Ein Baumbeet mit einem gestützten Baum mitten im Wald anstatt im Straßenraum, wo er dringend benötigt wird – was soll das“, fragt die Grünen-Politikerin.
Für Bezirksvertreterin Dagmar Rode (FDP/A.B) ist „es ein Skandal, wie man hier mit den Bürgerinnen und Bürgern umgeht“. Ihr Fraktionskollege Falk Grünebaum sieht das ähnlich: „Ich bin fassungslos und stinksauer, wie hier mit den Beschlüssen der Bezirksvertretung als politischem Gremium sowie mit engagierten Bürgern umgegangen worden ist.“ Das Vorgehen der Verwaltung zeuge von einem hohen Maß an Ignoranz, von fehlendem guten Stil.
Grün und Gruga verweist auf die Schädigungen des Baumes
Christina Waimann, Sprecherin von Grün und Gruga, weist die Kritik zurück. So sollte die Linde bereits am 18. Februar als Risiko-Baum gefällt werden, was aber wegen des Protestes der Anwohnerinnen und Anwohner abgebrochen worden sei. In den vergangenen Wochen habe es mehrere Ortstermine, auch mit einem externen Sachverständigen, gegeben. Dieser habe die Einschätzung der Grün-und-Gruga-Baumkontrolle bestätigt. Nach der Artenschutz-Prüfung am 28. März sei der Bezirksbürgermeister von Grün und Gruga über die Fällung informiert worden.
Die alte Linde in Stadtwald habe sich viele Jahre an ihren zunehmend beengten Lebensraum angepasst, dabei viele Ressourcen einsetzen müssen. Das habe die Vitalität des Baumes beeinträchtigt und ihn anfälliger gegenüber Schädlingen und Schaderregern gemacht. Die Sturmschäden seien bei der Linde zu stark, die Wundstellen mit Pilzen befallen gewesen. „Dabei sind die Schadstellen als statisch äußerst kritisch und nicht mehr bruchsicher zu bewerten.“ Bereits mehrfach seien schwere Äste abgebrochen.
Ein kurzfristiger Erhalt der Linde wäre möglich gewesen
„Es wäre zwar durchaus möglich gewesen, die Linde in einen verkehrssicheren und kurzzeitig überlebensfähigen Zustand zu versetzen. Diese Eingriffe stehen jedoch im absoluten Gegensatz zu einer fachlichen Baumpflege sowie einem fachlichen und ethisch angemessenen Umgang mit dem Lebewesen Baum und werden daher nicht in Betracht gezogen“, so Christina Waimann. Die von Anwohnerinnen und Anwohner vermutete Kostenfrage habe zu keinem Zeitpunkt dem fachlichen Entscheidungsprozess entgegengestanden. Die Ersatzpflanzung sei an der Finefraustraße geplant.