Essen-Stadtwald. Anwohner hatten erfolglos für den Erhalt von alten Linden gekämpft. Bürger fordern wegen des Klimawandels Umdenken im Umgang mit Straßenbäumen

Der Kampf der Anwohner der Straße Sundernholz in Essen-Stadtwald um zwei alte Linden, die bei Sturm Ela 2014 stark beschädigt worden waren, hatte keinen Erfolg. Die Bäume wurden am Freitag, 29. Januar, im Morgengrauen gefällt, berichtet Anwohner Stefan Elke. Nachbarn in Stadtwald fordern angesichts des Klimawandels neue Konzepte und mehr Schutz für alte Bäume.

Die Bürger hatten die jetzt gefällten Bäume für grundsätzlich gesund, aber stark pflegebedürftig gehalten und angeboten, sich finanziell an den Maßnahmen zu beteiligen. Ihr Ziel: die Bäume als Schattenspender und gestalterisches Element zu erhalten.

Seit 14 Jahren wohnt Stefan Elke (55) in Stadtwald. Der Landschaftsgärtner und Architekt schätzt die großen Linden, die eine Straßenseite säumen - auch wenn die Bäume im Frühjahr und Sommer für klebrige Schmiere auf Wegen und parkenden Autos sorgen. "Die Nachbarn haben sich damit abgefunden und Insekten finden dort reichlich Nahrung", sagt er.

Der Bereich in Essen-Stadtwald war 2014 stark von Sturm Ela betroffen

Stadtwald war Pfingsten 2014 von Sturm Ela stark betroffen, auch viele Straßenbäume hatten erhebliche Schäden davongetragen. Danach sei ein starker Rückschnitt der Kronen erfolgt, um kurzfristig die Verkehrssicherheit wieder herzustellen. "Das war generell richtig und notwendig, auch wenn der Rückschnitt vielleicht zu heftig ausgefallen ist", sagt der Anwohner. An den Schnittstellen seien die Bäume stark ausgetrieben, weitere intensive Pflegemaßnahmen seien in den folgenden Jahren nicht erfolgt, so die Einschätzung von Stefan Elke.

Im Herbst 2020 seien zwei der Bäume mit Punkten zur Fällung und mehrere weitere mit Strichen zur Beobachtung gekennzeichnet worden, haben Stefan Elke und sein Nachbar Heinrich Ohlenforst beobachtet. "Die geschädigten Bäume bedürfen einer besonderen Pflege, das kostet natürlich Geld", so Stefan Elke. Er und einige Nachbarn seien deshalb durchaus bereit gewesen, sich in Absprache mit der Stadt finanziell an der Baumpflege zu beteiligen.

Der Klimawandel sei 2014 noch nicht so ein großes Thema gewesen

Nach Sturm Ela sei offenbar ein Konzept zum Umgang mit den geschädigten Bäumen erstellt worden. Damals sei aber der Klimawandel noch kein so großes Thema gewesen wie aktuell. "Das Konzept von damals muss man unter den veränderten Voraussetzungen heute neu überdenken", fordert Anwohner Heinrich Ohlenforst auch im Hinblick auf den künftigen Umgang mit Straßenbäumen. "Junge, nachgepflanzte Bäume sind nicht widerstandsfähig und gehen aufgrund der Trockenheit oft schnell ein", beobachtet er. Und bis junge Bäume die schattenspendende und staubbindende Funktion der alten erreichten, würden Jahrzehnte vergehen. "Deshalb sollte man alte Bäume so lange wie möglich erhalten."

Nicht nur für das Klima seien die rund 25 alten Bäume an der Straße relevant, deren Alter die Anwohner auf 50 bis 60 Jahre schätzen. Sie prägten auch optisch den Charakter der Straße Sundernholz. "Für junge Bäume gibt es Baumpatenschaften. Vielleicht wäre das ja auch eine Idee für alte Exemplare", schlägt Stefan Elke vor.

Anwohner haben sich mit ihrem Anliegen an Grün und Gruga gewandt

Die Anwohner hatten mit Grün und Gruga Kontakt aufgenommen, um die Gründe für die Fällung zu erfahren und ihre Beteiligung an der Baumpflege anzubieten. Ein Baumsachverständiger aus Krefeld sei dann zu einem Besichtigungstermin im November 2020 vor Ort gewesen. Er habe den Anwohnern erläutert, nach welchen Kriterien die Bäume bewertet würden. "Demnach wurden die beiden Bäume in unserer Straße als Platzhalter eingestuft", haben die Anwohner erfahren. Nach Aussage des Gutachters hätten aber keine weiteren Beschädigungen am Stamm oder im Kronenbereich der Bäume vorgelegen, die die Verkehrssicherheit gefährdeten.

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Dass die Bäume jetzt trotzdem gefällt wurden, fühle sich nach den geführten Diskussionen und Bemühungen, eine Alternative aufzuzeigen, wie ein Schlag ins Gesicht an, kritisieren die Anwohner. Sie befürchten, dass es in den Folgejahren zu weiteren Fällungen an der Straße kommen werde, da sich ein ähnliches Wachstumsverhalten nach der Sturmschädigung auch an anderen Bäumen zeige und diese zur Beobachtung bereits markiert worden seien. Der Charakter der Siedlung und das Straßenbild würden mit weiteren Fällungen massiv beeinträchtigt werden.

Antwort von Grün und Gruga sorgt für Enttäuschung bei den Anwohnern

Die Antwort von Grün und Gruga, in der den Anwohnern "Interesse für den Erhalt eines funktionsfähigen Stadtbaumbestandes und dessen Rolle für uns Stadtmenschen" attestiert wird, stellte die Bürger nicht zufrieden, denn trotz der Absage an ihre Bemühungen hatte es darin geheißen: "Es ist richtig, dass die zur Fällung vorgesehenen Bäume grundsätzlich mit einem sehr hohen, aktuell alle vier bis sechs Jahre wiederkehrenden Aufwand (...) noch einige wenige Jahre erhalten werden könnten."

Die Fällung und der Ersatz durch zukunftsfähige Nachpflanzungen sorge für die nachhaltige Sicherung des Bestandes an Stadtbäumen, heißt es in dem Schreiben. Die Umsetzung des Konzeptes sei politisch beschlossen und deshalb eine verbindliche Handlungsgrundlage für Grün und Gruga. Deshalb sei die Fällung alternativlos.

Das hatte auch Martin Gülpen von Grün und Gruga auf Nachfrage bestätigt. Die beiden jetzt gefällten Bäume seien Bestandteil der Gefahrenbaumfällungen in der aktuellen Wintersaison 2020/2021. Die Bäume hätten unter Fehlentwicklungen der Kronen gelitten. Durch entsprechende Pflegemaßnahmen sei es erfolgreich gelungen, die Bäume nach dem Sturm trotz der Schäden bis heute zu erhalten. Das sei nun nicht mehr möglich.

Grün und Gruga lädt die Bürger ein, nach der Corona-Pandemie am nächsten Stadtspaziergang teilzunehmen. Dabei soll das Thema der stark geschädigten Ela-Bäume nochmals thematisiert und diskutiert werden.