Essen. Erzieherinnen legten die Arbeit nieder: Die Gewerkschaft Verdi hatte zum Warnstreik aufgerufen. Viele Kitas waren deswegen im Notbetrieb.

Etwa 250 Erzieherinnen und Erzieher haben am Dienstag in der Essener Innenstadt für bessere Arbeitsbedingungen demonstriert. Auch Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter sowie Beschäftigte anderer Sozial-Berufe beteiligten sich an der Kundgebung. Aufgerufen zum Protest und einem eintägigen Warnstreik hatte anlässlich der laufenden Tarif-Auseinandersetzungen die Gewerkschaft Verdi.

Unter dem Motto „Mehr Entlastung braucht mehr Personal“ hatte die Gewerkschaft nicht zufällig am 8. März, dem Internationalen Weltfrauentag, bundesweit zu Arbeitsniederlegungen aufgerufen. In Essen mussten viele Kitas deshalb auf Not-Betreuung umstellen; einige Einrichtungen schlossen komplett. Der Protest fällt in eine Zeit, in der seit Monaten die Betreuung von Kindern nicht gewährleistet ist – das liegt auch an Corona, aber vor allem an dauerhaftem Personal-Mangel.

Seit langem Kita-Streik 2015 hat sich nur wenig geändert

„Corona hat in den letzten zwei Jahren die Lücken, die seit Jahren bestehen, schonungslos offenbart“, sagt Bärbel Burdack, die sich in den Protestzug eingereiht hat. Die Leiterin einer städtischen Kita im Essener Osten sagt, dass der Fachkräftemangel seit Jahren bestehe. Daran habe auch der letzte, über Wochen andauernde, Kita-Streik im Jahr 2015 nur wenig geändert. Aber immerhin: „Damals ist die Ausbildung geändert worden, sie wurde fairer und hat seitdem mehr Praxis-Anteile.“

Das Problem nur: Corona mit seinen ständigen Gruppenschließungen und Einschränkungen hat die Ausbildung für viele Nachwuchs-Kräfte erneut verkompliziert. „Das merkt man leider ganz deutlich, dass vielen Nachwuchs-Kräften die Erfahrung der Praxiswochen fehlt“, sagt eine Erzieherin (42), die seit 20 Jahren beruflich tätig ist und heute ihre Arbeit in einer Holsterhauser Kita ruhen lässt. Der allgemeine Fachkräftemangel bewirke, dass eine Gruppe von 20 Kindern längst nicht mehr nach Standard (drei Kräfte) betreut werden könne, sondern häufig nur noch mit zweieinhalb Kräften oder sogar nur zwei. „Für alles andere bleibt keine Zeit mehr. Uns werden immer neue Steine in den Weg gelegt“, sagt die 42-Jährige.

Ob Verfahren mit Lolli-Tests fortgeführt wird, ist offen

Dazu zähle auch die aufwändige Prozedur der PCR-Lolli-Tests in den Kitas – in dieser Woche entscheidet die Stadt mit den Kita-Trägern, ob dieses Verfahren fortgesetzt wird oder nicht. Mitte Januar hatten die Kitas die Testmethode eingeführt, doch dann stiegen die Infektionszahlen sprunghaft.

Die Folge: Ganze Gruppen bleiben permanent zu Hause, weil die Lolli-Tests vereinzelte Infektionen in den Gruppen entdecken, aber nicht sofort klar ist, wer wirklich infiziert ist. Hinzu kommen die massiven Personalausfälle, weil die Erzieherinnen häufig die eigenen Kinder betreut, die zu Hause bleiben müssen.