Essen. Die Situation in Essener Kitas spitzt sich zu. Immer mehr Einrichtungen müssen ihre Zeiten kürzen, weil Personal fehlt – nicht nur wegen Corona.
Der Personal-Notstand in den Essener Kitas verschärft sich. Fünf der rund 300 Kitas im Stadtgebiet haben derzeit geschlossen, weil Personal fehlt oder sämtliche Gruppen in Quarantäne sind wegen Corona. Immer mehr Einrichtungen müssen ihre regulären Betreuungszeiten herunterfahren und auf Notbetrieb umstellen, weil Erzieherinnen und Erzieher wiederholt krankheitsbedingt ausfallen.
Das liegt nicht nur an der Pandemie. „So schlimm wie jetzt“, sagt Martina Peil von der Gewerkschaft Verdi, „war es noch nie.“
Kita-Träger CSE: 20 Prozent des pädagogischen Personals fehlen
Allein beim Kita-Träger CSE (elf Einrichtungen im Stadtgebiet) fehlen derzeit schätzungsweise 20 Prozent des pädagogischen Personals. „Viele Angestellte können nicht arbeiten, weil sie Kinder in Quarantäne betreuen müssen oder selbst erkrankt sind, auch an Erkältungen“, berichtet Tanja Sager, die Fachbereichsleiterin beim CSE. Hinzu kämen noch die regulären, urlaubsbedingten Ausfälle sowie Schwangerschaften. „Wenn die Personal-Menge eine Mindestgröße unterschreitet, müssen wir die Betreuungszeiten reduzieren“, erklärt sie. Ansonsten komme man mit dem Gesetz in Konflikt, was die Erbringung von Aufsichtspflichten angeht.
Nach knapp zwei Jahren Pandemie sei die Kraft vieler Erzieherinnen und Erzieher am Ende, sagt Martina Peil: „Was gerne in der Öffentlichkeit vergessen wird, ist, dass die Kitas fast in der gesamten Corona-Zeit geöffnet hatten – natürlich nur mit Notprogrammen, aber trotzdem war geöffnet.“
Personalmangel in Essener Kitas: „So schlimm wie jetzt war es noch nie“
In Essen gibt es rund 1200 Kindergruppen in den rund 300 Kitas, 34 der Gruppen sind derzeit geschlossen wegen Corona. Beim Kita-Zweckverband des Bistums, dem größten Kita-Träger in Essen (65 Einrichtungen, 209 Gruppen) schätzt man, dass etwa 90 Prozent der Einrichtungen im Stadtgebiet derzeit nicht über das vollständige Personal verfügen.
Unterdessen ruft die Ankündigung der Stadtverwaltung, in den Kitas am Verfahren mit Lolli-Tests festzuhalten, ein geteiltes Echo hervor. „Einerseits ist klar, dass PCR-Tests die größte Sicherheit bringen“, sagt Robert Armbruster, der Vorsitzende des Jugendamt-Elternbeirats der Stadt Essen. Das Gremium versteht sich als Interessenvertretung von Vätern und Müttern, deren Kinder in eine Betreuungseinrichtung gehen. „Andererseits“, sagt Armbruster, „gibt es bei vielen Müttern und Vätern Skepsis, ob die Resultate wirklich zeitnah kommen.“ Die Stadt Essen hatte am Donnerstagabend angekündigt, in den Kitas weiter Lolli-Tests einzusetzen. Das Verfahren in Essener Betreuungseinrichtungen war erst vor rund zwei Wochen gestartet worden. An den Grundschulen waren die Lolli-Tests vom Land in dieser Woche gestoppt worden, weil die Labore mit der Einzel-Analyse nicht mehr nachkamen. Dort werden jetzt Schnell- statt Lollitests eingesetzt, um nach einem positiven Gruppen-Befund das tatsächlich infizierte Kind zu ermitteln. Die Essener Verwaltung berichtet, dass das zuständige Labor, das die Lolli-Tests der Essener Kitas analysiert, genügend Kapazitäten habe – vor allem jetzt, da die Grundschul-Tests wegfallen.
Lolli-Tests in Essener Kitas: Verfahren soll weitergehen
Das Festhalten an Lolli-Tests in Kitas kann eine Kettwiger Mutter dreier Kinder gar nicht nachvollziehen: „Niemand weiß, wann die Test-Ergebnisse eintrudeln, mit Schnelltests hätte man wenigstens mehr Planungssicherheit, ob das Kind die Einrichtung besuchen kann oder nicht“, kritisiert sie. Sie ist als Freiberuflerin auf kurzfristige Aufträge angewiesen „und ich arbeite ab sofort wieder nachts, weil ich nicht absehen kann, wann alle drei Kinder gleichzeitig betreut sein werden.“
Apropos Schlafmangel: Die Kitas ihrer Kinder verschicken mittlerweile morgens um fünf die Mails mit den Test-Ergebnissen, wenn sie denn vorliegen. „Ich frage mich“, sagt die Mutter, „wann die Leiterinnen der Kitas überhaupt mal schlafen.“