Essen-Rüttenscheid. Ab 1. März dürfen Gastronomen in Essen wieder außen Tische aufstellen. Dafür fallen Parkplätze weg. Was Einzelhändlern jetzt Sorgen macht.
Die Corona-Pandemie hat Gastronominnen und Gastronomen schwer zugesetzt. Um ihnen durch die schwere Zeit zu helfen, gibt ihnen die Stadt die Möglichkeit, draußen vor ihren Lokalen zusätzliche Tische aufzustellen. Ab 1. März gilt die Regelung, die über die Wintermonate außer Kraft gesetzt war, wieder. Für diese Außengastronomie fallen jedoch Parkplätze weg. Das bereitet insbesondere dem Einzelhandel rund um die Rüttenscheider Straße Sorgen.
Laut Unterlagen der zuständigen Bezirksvertretung (BV) II haben in Rüttenscheid 22 Gastronomen die Nutzung der Außengastronomie beantragt. 43 Parkplätze fallen damit weg. Die meisten Betriebe belegen mit ihren Tischen einen oder zwei Parkplätze. Es ist nun das dritte Jahr in Folge, in dem Gastronomen Außentische aufbauen dürfen, um ihre hohen Umsatzeinbußen auszugleichen.
Baki Salihu von der Rü-Imbisserie war einer der ersten, der 2020 die Genehmigung dafür erhielt. Zwei Jahre später habe sich die Situation für seinen Betrieb nicht wirklich zum Positiven gewendet, berichtet der Gastronom: „Ich muss im Sommer für die Wintermonate vorsorgen.“ Denn während der kalten Jahreszeit habe er coronabedingt zuletzt etwa 60 Prozent weniger Umsatz gemacht. Sein Eindruck: „Die Leute wollen draußen sitzen.“
Essener Gastronom: Wegfall von Parkplätzen wertet den Stadtteil auf
Gabriel Gedenk, Betreiber der Bar „Banditen wie wir“, kann unter normalen Umständen nur zwei sehr kleine Tische vor seinen Laden stellen. Durch die besondere Regelung sind es nun sechs bis sieben. „Das ist gut, weil wir immer noch merken, dass Gäste sich in Innenräumen unsicher fühlen“, sagt er. Darüber hinaus mache der Wegfall von Parkplätzen den Stadtteil aber auch grundsätzlich „schöner und sicherer.“ Gedenk kann sich deshalb durchaus vorstellen, dass die Parkplätze dauerhaft für Außengastronomie genutzt werden könnten.
Befragt man Einzelhändlerinnen und Einzelhändler, so ist schnell klar: Alle finden es grundsätzlich wichtig und richtig, dass der Gastronomie zusätzliche Plätze zugestanden werden. Nicht zuletzt, weil eine belebte Gastro-Szene auch ihnen mehr Laufkundschaft beschert. Doch der verschärfte Parkplatzmangel, in Rüttenscheid ohnehin ein eklatantes Problem, bereitet ihnen Sorgen.
Auch interessant
Einzelhändler klagen über Parkplatzmangel in Essen-Rüttenscheid
„Ich bin unbedingt dafür, dass der Gastro geholfen wird“, sagt zum Beispiel Jörg Gummersbach, Inhaber des Fachgeschäftes Input Computertechnik an der Rüttenscheider Straße. Doch zu ihm kämen eben insbesondere ältere Kundinnen und Kunden mit Computerproblemen, nicht selten auch noch mit einem PC oder einem Drucker im Gepäck. „Die können einfach nicht so weit laufen.“ Und schon jetzt sei es in Rüttenscheid extrem schwer, einen Parkplatz zu finden – vor allem an den Markttagen.
Schlecht erreichbar zu sein, das ist für Gummersbach ein großes Problem. Gerade jetzt, wo ihn die Corona-Lockdowns ohnehin schon viel gekostet haben. „Ich habe 75 Prozent weniger Umsatz gemacht und musste privates Geld in das Geschäft stecken“, sagt er. Er kritisiert vor allem, dass einige Gastronomobetriebe im vergangenen Jahr Tische und Stühle draußen hingestellt, aber gar nicht richtig aufgebaut hätten.
Rüttenscheider Einzelhändlerin: Ältere Kunden müssen in der Nähe des Geschäfts parken
„Rüttenscheid hat ein großes Parkplatzproblem“, sagt auch Violetta Ulbrich von der Boutique Et Voilà an der Emmastraße. „Ich habe viele Kunden, die von außerhalb nach Rüttenscheid kommen. Die steigen nicht auf Bus und Bahn um.“ Immer wieder komme es vor, dass Kunden nach 20 Minuten Herumkurven entnervt aufgäben und dann nicht mehr in ihren Laden kämen. „Wir brauchen eine belebte Gastronomie“, betont die Einzelhändlerin. Doch für den jetzt noch verstärkten Parkplatzmangel brauche es dringend eine Lösung.
Ilonka Lechtken, Filialleiterin des Modegeschäftes Elemente Clemente an der Rüttenscheider Straße, setzt ebenfalls auf eine florierende Gastronomie als Motor für den Einzelhandel. „Ich freue mich für die Gastronomen“, sagt sie. Allerdings wäre es vielleicht besser, die Regelung nur am Wochenende einzuführen. Denn gerade im verregneten Sommer 2021 seien die Tische an der Rüttenscheider Straße unter der Woche oft leer geblieben. Auch Lechtken hat viele Kunden, die schon etwas älter sind. „Die schauen natürlich, dass sie in der Nähe des Geschäftes parken können“, so die Einzelhändlerin.
Stadt Essen hat strengere Regeln für die Nutzung der Außengastro eingeführt
Rolf Krane, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Rüttenscheid (IGR), plädiert dafür, das richtige Gleichgewicht zwischen Interessen von Handel und Gastronomie zu finden. „Ich meine, dass Außengastronomie die Rü belebt und die Aufenthaltsqualität erhöht“, sagt er. Allerdings sei es im vergangenen Jahr vorgekommen, dass Plätze belegt und dann nicht genutzt worden seien. „Das ist nicht vertretbar und unfair dem Einzelhandel gegenüber“, so Krane.
Die Stadt hat die Regeln für die Sondernutzung der Außengastronomie bereits etwas verschärft. Im August 2022 beschloss der Rat eine Fortführung des Konzepts unter der Bedingung, dass Gastronomen die Flächen räumen müssen, wenn ihr Betrieb an zwei aufeinanderfolgenden Tagen geschlossen ist. In dieser Zeit können dann wieder Autofahrer dort parken. Vom 1. November bis zum 28. Februar dürfen Parkplätze außerdem nicht für die Außengastronomie genutzt werden. Die aktuelle Regelung gilt vorerst bis zum 30. September 2022.