Essen. Die Drohnenstaffel der Essener Johanniter hat der Feuerwehr bei der Bekämpfung der Feuersbrunst effizient geholfen: mit Bildern aus der Luft.
Bei der verheerenden Feuersbrunst in der Grünen Mitte Essen hat eine Spezialeinheit der Johanniter Unfallhilfe Essen den Einsatz der Feuerwehr-Löschtrupps womöglich entscheidend vorangebracht: Die noch recht neue Drohnenstaffel der Johanniter, schickte am Montagmorgen (21. Februar) eine Drohne an den Nachthimmel, die permanent gestochen scharfes Bildmaterial via Livestream an die Einsatzleitung der Essener Feuerwehr übertrug.
„Die Wärmebildkamera konnte in dem Gebäude Glutnester ausfindig machen, die mit bloßem Auge nicht zu erkennen waren“, sagt Philipp Graf, Leiter und Pilot der Drohnenstaffel.
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„Wärmebildkamera macht selbst kleine Glutnester im Gebäude ausfindig“
Um 2.15 Uhr geht der erste Notruf bei der Leitstelle der Essener Feuerwehr ein. Um kurz nach 4.30 Uhr fordert die Einsatzleitung die Drohnenstaffel der Johanniter an, um die Brandbekämpfung zu unterstützen. Daraufhin eilt das dreiköpfige Team zur Einsatzstelle. Ihr Einsatzwagen, ein Mercedes Vito, ist vollgestopft mit Monitoren, Rechnern und sensibler Elektronik. Der „Star“ der Drohnenstaffel nennt sich „DJI Matric M300 RTK“, die Johanniter sprechen von einem „unbemannten Luftfahrzeug“, die internationale Abkürzung lautet „UAV“: für englisch „Unmanned Aerial Vehicle“. Die zweite, kleinere Drohne kommt an diesem Morgen nicht zum Einsatz.
Das Fluggerät ist ein wahrer Alleskönner. Es erreicht nach Herstellerangaben eine Flughöhe von bis zu 7000 Metern und hat eine Reichweite von maximal 15 Kilometern. Es fliegt bis zu 80 Stundenkilometer schnell bei Temperaturen zwischen minus 20 und plus 50 Grad. Vor allem ist es mit allen technischen Schikanen ausgestattet: mit Zoom-, Weitwinkel- und Infrarotkamera, mit Scheinwerfern und Temperaturmessgeräten.
Die Drohne steht 80 Meter über der Feuersbrunst, immer wieder stören Sturmböen
Um kurz nach halb sechs liefert „DJI Matric M300 RTK“ erste Bilder vom Großbrand. „Wir haben sie auf eine Höhe von 60 bis 80 Metern gebracht, immer wieder gab es heftige Sturmböen“, berichtet Graf am Tag danach.
Weil sich das Feuer in dem Vivawest-Wohnblock massiv und mit rasender Geschwindigkeit ausbreitet, sind die Infrarotbilder der Drohne besonders wertvoll. Via Internet kann die Einsatzleitung der Feuerwehr den Livestream detailliert auswerten und die Löschtrupps auf den Drehleitern an die richtigen Stellen lenken.
Wenn Flammen meterhoch aus den Fenstern schlagen, weiß der Feuerwehrmann sofort, wohin er das Strahlrohr ausrichten muss. Versteckte Glutnester in den Wohnungen hingegen sieht er nicht auf Anhieb. Am Montagmorgen erledigt die Johanniter-Drohne ihren Auftrag perfekt: Sie erkennt selbst kleineste Glutnester und garantiert eine präzise und rasche Aufklärung aus der Luft.
2020 bilden die Essener Johanniter die ersten fünf Piloten der neuen Sondergruppe aus
In ganz Nordrhein-Westfalen gibt es nur wenige solcher Drohnenstaffeln. Die Essener Einheit ist im Jahr 2020 als erste entstanden. „Wir mussten feststellen, dass dieses Thema deutlich komplexer ist, als ‘mal eben so’ eine Drohne zu kaufen und los zufliegen“, erinnert sich Philipp Graf. Im September 2020 bilden die Johanniter die ersten fünf Piloten der neuen Sondergruppe aus. Seitdem ist sie auf 14 Personen angewachsen. Die Polizei fordert die Essener Staffel übrigens häufiger an als die Feuerwehr. Bislang gab es mehr als drei Dutzend Einsätze, häufig bei der Suche nach vermissten Personen. Das Einsatzgebiet umfasst das gesamte Ruhrgebiet und darüber hinaus.
Der Großbrand am Montag ist der bislang aufwendigste Einsatz des jungen Teams. Nach der ersten Schicht zwischen 5.30 und 13.30 Uhr schicken sie die Drohne am Nachmittag ein zweites Mal an den Himmel. „Dieses Mal für die Nachlöscharbeiten“, zieht Philipp Graf zufrieden Bilanz.
Weiteres Bildmaterial der Johanniter-Drohnenstaffel hier.
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