Brand: Besonderes Experten-Augenmerk gilt nun den Balkonen
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Essen. Zur Brandursache in Essen verweist die Feuerwehr auf weitere Untersuchungen. Erste Erkenntnisse sind nun modifiziert worden.
Die Brandkatastrophe im Univiertel in Essen wirft eine große Frage auf: Wie kann es zu einem solch verheerenden Brand in einem gerade einmal gut sechs Jahre alten Gebäude überhaupt kommen? Die Feuerwehr äußert offiziell dazu bislang nur Vermutungen und verweist auf weitergehende Untersuchungen, die wohl noch die nächsten Tage in Anspruch nehmen würden. Auch die Brandursachenermittler der Kripo waren am Montag (21. 2.) bereits vor Ort.
Während es zuerst so schien, als ob die Wärmedämmverbundfassade eine wichtige Rolle beim Ausbreiten des Brands gespielt hat, gelten derzeit (Dienstag, 22.2.) die Balkone als mutmaßliches Hauptproblem. Der in der Nacht zu Montag herrschende starke Wind war ebenfalls entscheidend für die rasend schnelle Verbreitung des Feuers.
Das im Viertelkreis errichtete Gebäude hat innen eine Fassadenlänge von etwa 65 Metern, die auf voller Länge zerstört wurde. Das Feuer lief nach Erkenntnissen der Feuerwehr „durch den Wind beschleunigt an der Fassade hoch und zur linken Seite weg, drang über geborstene Fensterscheiben in die Wohnungen ein, zerstörte dort alles und ließ auf der Außenfassade – dort ist die Fassadenlänge rund 80 Meter – ebenfalls Scheiben bersten.“ Selbst an 15 Metern entfernt stehenden Gebäuden ließ die Wärmestrahlung geschmolzene Rollläden und zerstörte Scheiben zurück.
Feuerwehr-Verband hat schon lange Dämm-Fassaden kritisch im Blick
Ob in dem Wärmedämmverbundsystem die Brandschutzriegel ordnungsgemäß eingebaut worden sind, dürfte aber weiterhin eine der Fragen sein, die Sachverständige nun zu beantworten haben. Die Anbringung der Dämmung muss ausgesprochen fachmännisch erfolgen, damit die aus klimaschutzpolitischen Gründen vorgeschriebene wärmedämmende Schicht nicht zur Gefahr wird.
„Wir sorgen uns seit Jahren um das Brandgeschehen solcher Fassaden“, sagt Christoph Schöneborn, Landesgeschäftsführer des Feuerwehr-Verbands NRW der FUNKE-Mediengruppe. Allein in NRW hat es nach einer Analyse des Deutschen Feuerwehrverbands mehrere Brände ähnlicher Art gegeben, bei denen auch Tote zu beklagen waren.
Zwar blieben die genauen Ermittlungen abzuwarten, doch wenn Wärmeverbundsysteme aus Schaumstoffen wie etwa Polystyrol Feuer fingen, seien die Folgen oftmals besonders gravierend. „Das stellt die Feuerwehren vor enorme Herausforderungen“, so Schöneborn. „Das Feuer kann sich dann so schnell von außen vorarbeiten, dass es sich schon bis zum Dach ausgebreitet hat, bevor die ersten Kräfte eintreffen.“ Eine ähnliche Situation fand die Feuerwehr beim Brand in Essen vor.
Auch die Landespolitik beschäftigt sich mit dem Essener Großbrand und scheint das Fassadenproblem im Visier zu haben: Auf die Frage, ob Dämmstoffe das Feuer begünstigt haben könnten, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul: „Ich bin ja kein Fachmann, deswegen halte ich mich da zurück, aber ich denke so ähnlich wie sie.“
Hinweis: In einer früheren Version des Textes stand noch stärker die Fassaden-Problematik im Focus.
Wohnkomplex in Essen brennt lichterloh - Fotos zum Brand
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