Essener Süden. Das Zentrum 60 plus Heckstraße nimmt Fahrt auf und möchte noch mehr kreative Ideen von und für Ältere in Essen umsetzen. Diese Angebote gibt es.

Die Handwerker sind endlich fertig geworden in der Werdener Heckstraße, der neue Werkraum steht, die großzügig geschnittene Küche auch. Als zentral gelegener Anlaufpunkt für Senioren aus Bredeney, Fischlaken, Heidhausen, Kettwig, Schuir und Werden nimmt das Zentrum 60 plus Heckstraße des Deutschen Roten Kreuzes in Zusammenarbeit mit der Stadt Essen an Fahrt auf.

Senioren möchten Programm aktiv mitgestalten

Für Leiterin Evelina Muntendorf ist der Ansatz einer modern gedachten offenen Seniorenarbeit genau der richtige Weg: „Hier gibt es so viele kreative Ideen. Eine neue Generation von Senioren möchte nicht nur konsumieren, sondern aktiv mitgestalten. Sie wissen doch selbst am besten, was sie wollen, was sie brauchen.“ Man könne einfach kommen, sich informieren, seine Wünsche äußern. „Wir bemühen uns dann, so viel wie möglich davon umzusetzen. Dabei wollen wir bewusst nichts vorgeben, sondern die tollen Ideen bündeln.“ Ziel sei es, bestehende Angebote zu vernetzen.

Evelina Muntendorf leitet das Zentrum 60 plus Heckstraße für den Essener Süden. Das von ihr gegründete Seniorennetzwerk soll im Herbst starten.
Evelina Muntendorf leitet das Zentrum 60 plus Heckstraße für den Essener Süden. Das von ihr gegründete Seniorennetzwerk soll im Herbst starten. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

So hat Evelina Muntendorf ein Seniorennetzwerk für Werden gegründet, das noch in den Kinderschuhen stecke, aber im Herbst starten soll: „Das möchten wir verfestigen neben unserer Arbeit im Zentrum.“ Angedacht sind auch generationenübergreifende Projekte: „Wie zum Beispiel Kochkurse für Jung und Alt. Wir suchen die Kooperation mit der Folkwang Universität, mit den Schulen. Die Generationen können so viel voneinander lernen.“

Um am Leben teilhaben zu können, helfen gerade in der Pandemie moderne Medien. Der Ehrenamtliche Ekkehard Boß unterstützt Senioren, die sich da besser auskennen wollen. Die digitale Sprechstunde ist der Renner. Der 61-jährige Frührentner ist seit 45 Jahren engagiert beim DRK, arbeitete über 25 Jahre im IT-Bereich: „Ich hatte mein Hobby zum Beruf gemacht. Und jetzt wieder zum Hobby.“ Nun nimmt er die Angst vor Handy, Tablet und Laptop: „Das Internet ist was ganz normales, wenn es vernünftig erklärt wird. Wir fangen ganz einfach an und arbeiten uns dann da durch.“

An der Heckstraße 27 in Werden hat das Zentrum 60 plus für den Essener Süden seinen Sitz. Das Ladenlokal wurde dafür extra umgebaut.
An der Heckstraße 27 in Werden hat das Zentrum 60 plus für den Essener Süden seinen Sitz. Das Ladenlokal wurde dafür extra umgebaut. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Im April 2021 habe alles ganz klein angefangen: „Gerade mal zwei Leutchen waren da.“ Inzwischen wird mit Voranmeldung unter 0201 84 74 235 gearbeitet, um dem großen Ansturm Herr zu werden.

Ehrenamtliche Fachleute geben Tipps für Smartphone & Co.

Georg Ritter erläutert gerade die Funktionen von Android-Geräten, während Ekkehard Boß drei Damen am iPhone schult: „Es gibt keine Altersgrenze. Unsere älteste Teilnehmerin ist 94 und hat zu Weihnachten von den Kindern ein iPad geschenkt bekommen. Die plaudert jetzt mit ihren Enkeln über Facetime und will bald Skype ausprobieren.“ Als gewählter Sprecher der DRK-Ehrenamtlichen vor Ort koordiniert Ekkehard Boß das Zusammenspiel mit den Hauptamtlichen.

Offene Seniorenarbeit für den Bezirk IX

Das Werdener Zentrum 60 plus Heckstraße ist Teil des Essener Seniorenförderplans. Mit Blick auf den demografischen Wandel und die gesellschaftlichen Veränderungen erhält jeder Bezirk ein Zentrum der offenen Seniorenarbeit. Nähere Einzelheiten sind bei Leiterin Evelina Muntendorf unter 0201 84 74 270 zu erfahren. Sie nimmt auch die für Veranstaltungen notwendigen Anmeldungen entgegen.Angebote und Öffnungszeiten des Zentrums gibt es im Internet auf www.drk-essen.de/zentrum60plus. Ferner informieren große Plakate in den Schaufenstern über das aktuelle Programm.

Evelina Muntendorf lächelt: „Ich bin so froh, dass wir unsere Ehrenamtlichen haben. Ohne sie würde hier nichts funktionieren.“ Einer ihrer treuen Helfer ist Günther von Wasen aus Bredeney. Er organisiert einen offenen Treff, Fahrradtouren, und nennt für sein Engagement ein mahnendes Beispiel: „Meine Mutter hat 30 Jahre lang gesagt, dass sie mal in den Sportverein gehen müsste. Aber sie hat das nie geschafft.“ Immer habe es geheißen: „Ich kenn‘ da ja keinen.“

Beratung in Lebenskrisen: Einsamkeit ist ein großes Thema

Genau diese Sorge möchte Evelina Muntendorf nehmen: „Bei uns können Senioren nette Gleichgesinnte kennenlernen, die ihre Interessen teilen. Das kommt gut an. Der Bedarf ist da.“ Auch wachsende Nöte seien zu beobachten: „Wir bieten auch Beratung in Lebenskrisen und unsere Unterstützung an. Einsamkeit im Alter ist leider ein großes Thema. Wenn der Partner stirbt, ist da oft ein großes Loch. Armut im Alter ist immer noch ein Tabuthema, dabei ist mehr als jeder dritte Senior betroffen. Und es wird immer mehr werden.“

Die 35-jährige, in Hamburg geborene studierte Sozialarbeiterin ist jüngstes von zehn Geschwistern. Sie berichtet von ihrer Mutter mit dem großen Herzen, die sich immer auch um sozial schlechter gestellte Menschen gekümmert habe. Durch ihre Ausbildung zur Rettungssanitäterin fand Evelina Muntendorf zum DRK, sie arbeitete mit Straßenkindern in Bolivien, betreute psychisch Erkrankte, wirkte in der Seniorenarbeit, meldete sich dann auf die Stellenausschreibung. Nun leitet die glücklich liierte Mutter einer Vierjährigen das Zentrum 60 plus Heckstraße: „Ich habe hier eine wertvolle und sinnstiftende Aufgabe gefunden, wo ich gemeinsam mit sehr interessierten Senioren etwas Gutes entwickeln kann.“