Essen-Rüttenscheid. Senioren aus Essen haben ein neues Kochbuch mit bewährten Rezepten auf den Markt gebracht. Der Band hat eine Menge an Besonderheiten zu bieten.

Während manche in der Corona-Zeit den Keller aufgeräumt haben, kramten viele Senioren aus Essen nach Rezepten – und Anekdoten aus alten Zeiten. Aus einer kleinen Idee ist nun ein großes Projekt geworden: Das Buch „Buffet 60+“ gibt nicht nur Anregungen zum Kochen und Backen, sondern auch Einblicke in das Leben der Autoren. Zu dem Projekt hatte das Zentrum 60 plus in Rüttenscheid aufgerufen.

Leiterin des Seniorenzentrums hat der große Zuspruch überrascht

„Wir wollten für Senioren im Lockdown ein Format schaffen, das der Langeweile und der Einsamkeit entgegenwirkt“, erzählt Anke Jansen, die die Begegnungsstätte im Isenberg-Treff leitet. Zu den Rezepten gibt es Anekdoten, Gedichte und Illustrationen. Den Einfall für ein Kochbuch hatte die Leiterin am Anfang des Jahres. Da kam ihr spontan das Sprichwort „Liebe geht durch den Magen“ in den Sinn. „Vielleicht erinnern sich die Teilnehmer auch an Erlebnisse, die sie mit ihrer Lieblingsspeise verbinden“, überlegte Anke Jansen. Gedacht, getan. Sie rief die Senioren dazu auf, nicht nur Rezepte aufzuschreiben, sondern auch Texte zu formulieren. Anschließend suchte sie freiwillige Helfer, die an der Buchproduktion mitwirkten, und Sponsoren.

Treffpunkt für den Stadtbezirk

Das Buch „Buffet 60 +: Lieblingsrezepte und Anekdoten“ kostet neun Euro und ist im Zentrum 60 plus erhältlich. Sponsoren sind die Sparkasse Essen und die Evangelische Kirchengemeinde Rüttenscheid.

Das Zentrum 60 plus im Isenberg-Treff ist eine Begegnungsstätte und zuständig für Rüttenscheid, Stadtwald, Bergerhausen und Rellinghausen. Kontakt: 260958 oder per E-Mail isenbergtreff.ruettenscheid@ekir.de

„Mit dem enormen Zuspruch hatte ich allerdings nicht gerechnet“, räumt Anke Jansen ein. Nicht nur Senioren aus dem Isenberg-Treff in Rüttenscheid beteiligten sich. Auch aus den umliegenden Stadtteilen und dem Essener Norden erhielt das Zentrum 60 plus zahlreiche Briefe mit handgeschriebenen Rezepten.„Eines davon war sogar in Sütterlin verfasst. Das musste ich erstmal übersetzen lassen“, erzählt Georg Sattler, der sich ehrenamtlich um die Gestaltung des Buches gekümmert hat. Wochenlang saß der Rentner zu Hause vor einem Berg an Papier. Er las und sortierte die Texte, brachte sie in eine einheitliche Form und wählte Schriftart und Farben für das Buch aus.

Freiwillige Helferin bereicherte das Buch mit Illustrationen

Auch Diana Vollenbroich half freiwillig mit. Die Altenpflegerin aus Rüttenscheid bereicherte das Buch mit einer Vielzahl an Illustrationen und wurde dabei auch inspiriert durch die Anekdoten, die die Senioren beisteuerten. Eine Autorin schreibt zum Beispiel über die Zeit nach dem Krieg, als aus Brotresten eine Suppe gekocht wurde. Ein anderer Einsender dichtet für sein Ragout-Rezept ein kulinarisches Liebeslied. Margrit Ast erinnert sich an ihre Kindheit: „Wir hatten früher nicht viel Geld und das Essen musste günstig sein. Also gab es dauernd Griesschnitten“, sagt die Rentnerin und Hobbyschreiberin. Das Projekt fand sie großartig, eben weil es Gelegenheit bot, in die Vergangenheit einzutauchen.

Das Buch wird von einer Vielfalt an Rezepten bestimmt und reicht vom Avocado-Salat über Uschis Kirschtorte bis hin zu Großmutters Steckrübeneintopf. Viele stammen aus den 40er- oder 50er Jahren und die Teilnehmer haben noch vor Augen, wie „damals“ gekocht und gebacken wurde.

Den Lockdown hat der pensionierte Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde in Rüttenscheid, Michael Groß, ebenfalls zum Schreiben genutzt, um nämlich eine neue Anleitung für den Gebrauch von Smartphones zu verfassen. Seit drei Jahren leitet der Seelsorger einen Handy-Stammtisch im Isenberg-Treff. Dort hilft er Senioren, die Probleme im Umgang mit dem Mobiltelefon haben. Als das Wochentreffen im Lockdown nicht mehr stattfinden konnte, begann er, die Anleitungen zu formulieren. Nun hat er sein drittes Werk herausgegeben. „Ich wollte eigentlich keine Bücher schreiben. Aber das Interesse der Teilnehmer war so groß“, erzählt Michael Groß lachend. Die Bücher sind ab sofort im Isenberg-Treff erhältlich.

Die Senioren wollen mit dem Gewinn des Verkaufs in den Supermarkt gehen und einkaufen. „An einem Tag wollen wir zusammen kochen und backen“, erzählt Einrichtungsleiterin Anke Jansen. Bei 70 Rezepten könnten es vielleicht auch mehrere Tage werden.