Essen. In den Essener Clubs und Discos soll ab März endlich wieder gefeiert werden. Die Vorfreude trübt vor allem Sorge um das mangelnde Personal.
Die letzte lange Nacht im Turock haben sie in OP-Kitteln gefeiert. Der Metal-Club als Impfzentrum – in Corona-Zeiten ist so eine Nutzung nichts Besonderes mehr. Fast ungewöhnlich ist mittlerweile aber, dass auf der Tanzfläche bald wirklich wieder gefeiert werden soll. Ab dem 4. März., so hat es die Bund-Länderkonferenz in ihrer letzten Runde verkündet, sollen Clubs und Discos wieder öffnen können.
So richtige Feierstimmung will trotzdem noch nicht aufkommen. Ein Öffnungsdatum allein, so haben Essens Clubbetreiber in den vergangenen zwei Jahren gelernt, ist noch lange kein Garant dafür, dass alles wieder so ist wie früher. Trotzdem bereiten sich nun viele auf den – für manchen fast unerwartet zügigen – Neustart vor: „Wir freuen uns, dass es wieder losgeht und hoffen, dass es diesmal länger läuft“, sagt beispielsweise Klaus Koch von der Kult-Disco Musikpalette, wo man die vergangenen Wochen noch einmal dazu genutzt hat, die Inneneinrichtung weiter aufzumöbeln.
Auch in Essens größter Ausgeh-Adresse, dem Delta-Musikpark soll es am ersten März-Wochenende wieder losgehen. „Schön, dass wir endlich einen Silberstreif am Horizont sehen“, sagt Geschäftsführer Roman Weiler. Doch wie so oft in den vergangenen Monaten stehe hinter der Öffnungsperspektive auch noch das ein oder andere Fragezeichen. Noch nämlich ist in der aktuellen Corona-Schutzverordnung des Landes NRW nichts zur Öffnung von Discos und Clubs vermerkt. Nach den aktuellen Bund-Länder-Beschlüssen soll der Betrieb mit 2G-Plus-Regel (also für Genesene und Geimpfte mit tagesaktuellem Test oder mit dritter Impfung) ab März zwar wieder möglich sein. Ob darüber hinaus dann auch noch Maskenpflicht herrscht, wie sie in Innenräumen ja weiter gelten soll, oder weiterhin bestimmte Kapazitätsgrenzen vorgegeben sind, darüber rätselt derzeit nicht nur Weiler.
„Delta Musikpark“: Bei den Sonderveranstaltungen gibt es absoluten Nachholbedarf“
Auch Peter Siewert vom Turock schaut noch „verhalten optimistisch“ auf den März. „Ich gehe noch nicht davon aus, dass wir gleich am 4. März aufmachen“, sagt Siewert. Nachdem der Metal-Tempel am Viehoferplatz zuletzt ohnehin nur an sechs von insgesamt 108 Wochenenden geöffnet werden konnte, will der Gastronom diesmal nichts überstürzen. Gleichwohl freut sich Siewert, nach fast zweijähriger Zwangspause am 19. und 20. März vielleicht wieder das erste ausverkaufte Konzert spielen zu dürfen. Am 20. März schließlich sollen bundesweit alle „tiefgreifenden Schutzmaßnahmen“ fallen. Damit hätten Clubbetreiber wie Siewert, die die vergangenen zwei Jahre nur mit eisernem Durchhaltewillen und staatlichen Überbrückungshilfen überstanden haben, endlich wieder eine echte Planungsperspektive.
Nun sei man gespannt, wie das Publikum auf die neue Freiheit reagiere, sagt der Turock-Chef. Bei den wenigen Veranstaltungen, für die der Club im vergangenen Herbst öffnen konnte, seien zwar viele Tickets verkauft worden – ein Teil des Publikums am Ende aber doch zu Hause geblieben. Dazu kommt das Personalproblem: „Wir haben zwar sehr treue Mitarbeiter, aber trotz alledem haben sich einige in den vergangenen zwei Jahren doch neu orientiert“, sagt Siewert.
Auch im Delta kennt man das Problem. Gleichwohl hat Roman Weiler die DJs für den 5. März schon verpflichten können. Ohnehin ist die Planung für 2022 allen Omikron-Wellen zum Trotz bereits gut angelaufen. „Für den Sommer gibt es schon etliche Anfragen“, berichtet Weiler. Darunter nicht wenige Unternehmen, die ihre ausgefallenen Weihnachtsfeiern jetzt in die wärmere Jahreszeit verlegen wollen. „Bei Sonderveranstaltungen gibt es einen absoluten Nachholbedarf“, hat Weiler registriert.
Rüttenscheider Clubbetreiberin „Wer hat denn jetzt noch Vertrauen in die Gastronomie?“
Eileen Krombergs „Lucy“ hatte im vergangenen Jahr genau fünfmal geöffnet, bevor die NRW-Landesregierung anordnete, Diskotheken wieder zu schließen. Wegen umfangreicher Umbauarbeiten hatte die Clubbesitzerin später wiedereröffnet hat als andere. Nun hat sie sich vorgenommen, am ersten Wochenende, an dem es geht, die Pforten zu öffnen. Wahrscheinlich am Samstag, 5. März – auch, wenn es bis dahin noch einige Unsicherheiten gibt.
Größtes Problem: Der Personalmangel. Auf Facebook und Instagram hat Kromberg bereits Stellenanzeigen veröffentlicht. Unter anderem sucht sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Theke, Garderobe und Kasse. In dieser Situation jemand zu finden, wird schwer werden, glaubt Kromberg: „Wer hat denn jetzt noch Vertrauen in die Gastronomie? Die Leute suchen sich natürlich einen sicheren Job.“
Auch die bereitet der Clubbetreiberin sorgen. „Dafür muss ich zwei zusätzliche Mitarbeiter abstellen“, berichtet sie. Beim letzten Mal habe schon ab und an der Freundeskreis einspringen müssen. Nicht zuletzt hat Kromberg auch mit Lieferschwierigkeiten zu kämpfen. Derzeit Mangelware: Champagner. Das „Lucy“ ist Partner des französischen Champagner-Herstellers
. „Mein Ansprechpartner dort hat mir gesagt, dass im Moment kaum etwas zu bekommen ist.“
Betreiber von zwei Essener Clubs: „Man merkt, dass die Leute heiß aufs Feiern sind“
Bastian Herzogenrath ist Inhaber von zwei Diskotheken in Rüttenscheid, „19 Down“ und „Purple“. Letztere betreibt er momentan als Bar. Seine Erfahrung: „Man merkt, dass die Leute heiß aufs Feiern sind.“ An seinen Barabenden, die häufig erst um vier oder fünf Uhr morgens endeten, merke man, dass die Leute am liebsten die Tische wegschieben und tanzen würden. „Ich mache mir keine Sorgen, dass 2G-Plus Gäste abschrecken könnte“, sagt Herzogenrath deshalb. Bei der Kontrolle im „Purple“ zeige sich, dass 70 bis 80 Prozent ohnehin geboostert seien.
Mit der Personalproblematik sieht sich jedoch auch Herzogenrath konfrontiert. „Viele Mitarbeiter haben sich während der Schließung des ‘19 Down’ andere Jobs gesucht", betont er. Eine halbe Mannschaft habe er allerdings bereits zusammen. Der Clubinhaber ist zuversichtlich, dass er auch noch weitere Angestellte findet. Er möchte beide Clubs am 4. März wiedereröffnen.