Essen-Haarzopf. Trauer um Gerd Schraven: Der Haarzopfer ist mit 84 Jahren verstorben. Was seine Leidenschaft für alte Technik für Essen bedeutete.
- Gerd Schraven war für das Ruhr-Museum und den Bürgerverein aktiv.
- Seine Leidenschaft galt historischen Maschinen.
- Auch der Erhalt der Natur war für den Haarzopfer ein wichtiges Thema.
Er gilt als Retter der Essener Wasserhämmer und brachte den Menschen über Jahrzehnte historische Techniken nahe: Der Haarzopfer Gerd Schraven ist jetzt nach kurzer schwerer Krankheit im Alter von 84 Jahren gestorben. Ohne sein Engagement wären der Halbachhammer und der Deilbachhammer nicht in ihrem heutigen Zustand.
Historischer Maschinenbau war Gerd Schravens Leidenschaft, er gilt als ehrenamtlicher „Chefkurator und Chefrestaurator“ der Essener Wasserhämmer. Ihm ist es zu verdanken, dass der Halbachhammer in Fulerum wieder unter Wasser läuft und das alte Verfahren des Frischfeuers, mit dem Roheisen in schmiedbares Eisen umgewandelt wird, rekonstruiert wurde.
Der Bauingenieur aus Essen konnte komplizierte Sachverhalte verständlich machen
Auch die Kupferdreher Museumslandschaft hat Gerd Schraven viel zu verdanken. Durch ihn konnte die technische Instandsetzung des Deilbachhammers, der zu verfallen drohte, in Angriff genommen werden, erklärt Achim Mikuscheit vom Ruhr-Museum. Gerd Schraven habe sich als ehrenamtlicher Mitarbeiter des Ruhr-Museums nicht nur für die bauliche Instandhaltung der Technikdenkmäler eingesetzt. Er habe es zudem verstanden, technisch komplizierte Sachverhalte so zu erläutern, dass auch Laien sie verstehen konnten. Der gelernte Tischler, ehemalige Kruppianer und studierte Bauingenieur habe handwerkliches Können und technisches Wissen vereint und sei immer offen für unkonventionelle Lösungen gewesen.
„Mit Gerd Schraven ist ein außergewöhnlicher Mensch gegangen, der auf verschiedensten Feldern in charismatischer Weise viele Dinge in der Essener Stadtlandschaft bewegt hat. Er war ein echtes Multitalent. Seine Leistung und sein bürgerschaftliches Engagement im besten Sinne können gar nicht hoch genug eingeschätzt werden“, so Mikuscheit, der viele Jahre eng mit Gerd Schraven zusammenarbeitete.
Auch Schravens Wohnsituation war eher ungewöhnlich: Zusammen mit seiner Frau lebte er weitgehend autark in Haarzopf, ohne Anschluss an die normale Wasserversorgung und städtische Kanalisation, dafür mit eigenem Brunnen und biologischer Kläranlage.
Gerd Schraven stellte sein Wissen und seine Zeit gern zur Verfügung
Schravens Lebensphilosophie war laut Achim Mikuscheit in jungen Jahren durch die „Nerother Wandervogelbewegung“ und deren Credo „Gehe in die Welt und kehre mit einem Lied heim“ geprägt. In den 1950er Jahren sei er am Wiederaufbau der Burg Waldeck im Hunsrück beteiligt gewesen. Gemäß der Nerother Leitlinie habe er sein gesellschaftspolitisches, soziales und kulturelles Engagement stets unentgeltlich und ehrenamtlich betrieben.
„Gerd Schraven wollte nie Geld dafür, dass er uns sein enormes Fachwissen, seine Zeit und Arbeitskraft zur Verfügung stellte, er wollte seinen Ruhestand sinnvoll verbringen und am liebsten 100 Jahre alt werden“, so Achim Mikuscheit. Letzteres habe leider nicht geklappt, obwohl Schraven viel dafür getan habe. So kannten ihn die Haarzopfer als passionierten Radfahrer.
Sein Wissen gab der Haarzopfer gern weiter: Ihm war es ein besonderes Anliegen, im Rahmen seiner Arbeit mit beruflichen Bildungsträgern wie der Jugendberufshilfe junge und benachteiligte Menschen zu motivieren, ihre Talente und Fähigkeiten zu entdecken und ihr Leben eigenverantwortlich in die Hand zu nehmen. So fertigte er zum Beispiel 2020 mit den Jugendlichen ein neues Wasserrad aus Holz für den Deilbachhammer.
Auch im Bürgerverein Haarzopf-Fulerum war der gelernte Tischler engagiert
Auch der Bürgerverein Haarzopf-Fulerum trauert um Gerd Schraven, von 2007 bis 2013 stellvertretender Vorsitzender war. „Er war mit Herz und Seele dabei, wenn er gebraucht wurde, stand er uns mit Rat und Tat zur Seite“, so der Vorsitzende Horst Holtwiesche. Schraven habe sich für die historischen Wanderungen durch den Stadtteil, den Geschichtspfad und die Aufstellung der Denkmalschilder eingesetzt, Vandalismusschäden immer schnell beseitigt.
Einsatz für den Erhalt der Natur
Gerd Schraven engagierte sich auch für den Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) und den Naturschutzbund (Nabu).Oft wurde an den Vornamen des Haarzopfers noch ein „t“ angehängt. Das hatte sich eingebürgert, weil Schraven die veränderte Form des Namens Gerd in seiner E-Mail-Adresse verwendete, was manchmal für Verwirrung sorgte.
Am Haarzopfer Ehrenmal, in dessen Nähe er wohnte, sorgte er für Sauberkeit, räumte oft Überreste nächtlicher Partys weg und versuchte auf die Jugendlichen freundlich einzuwirken, doch wenigstens ihren Müll wieder mitzunehmen. „Wir werden ihn vermissen, wie er, auf der Hammerwelle stehend, mit klarer Stimme die Geschichte und Arbeitsweise des Halbachhammers erläuterte“, so Horst Holtwiesche. „Wir werden ihn in guter Erinnerung und seine Arbeit für Haarzopf-Fulerum in Ehren halten.“