Essen-Bergerhausen/Kupferdreh. Bei der Jugendberufshilfe in Essen-Bergerhausen haben Auszubildende ein Wasserrad für den denkmalgeschützten Eisenhammer in Kupferdreh nachgebaut.

Ein Wasserrad für das Industriedenkmal Deilbachhammer in Essen-Kupferdreh haben jetzt Auszubildende der Jugendberufshilfe (JBH) Essen nach historischem Vorbild nachgebaut. Das rund eine Tonne schwere Rad aus Eichenholz mit Wasserschaufeln aus Aluminium ist fast fertig. In Kürze soll es von der Tischlerwerkstatt in Bergerhausen nach Kupferdreh gebracht werden.

Bevor es an seinem späteren Einsatzort im Deilbachtal montiert wird, muss das neue Rad wieder in zwei Teile zerlegt werden – sonst passt es nicht nur die Türen. Die Montage sollte allerdings problemlos verlaufen, hoffen die Verantwortlichen: Die Achse für das Rad, das von einem Blasebalg angetrieben wird, sei schon fertig, so dass man beide Teile nur aufsetzen müsse. Allerdings seien kräftige Helfer aus der Werkstatt erforderlich, um die Radteile aufzuladen und zu transportieren.

Jugendliche kommen mit altem Handwerk in Berührung

„Der Deilbachhammer ist sozusagen die Wiege der örtlichen Industrie. Für unsere Auszubildenden ist das eine ganz besondere Aufgabe, bei der sie mit altem Handwerk in Berührung kommen. Es ist ein Projekt, mit dem sich die Jugendlichen und jungen Erwachsenen sehr stark identifizieren können“, sagt Tani Capitain, Sprecher der Jugendberufshilfe Essen.

Die alten Wasserräder werden zum dritten Mal restauriert

Die aktuelle Restaurierung ist bereits die dritte des historischen Deilbachhammers in Kupferdreh.

Die alten Wasserräder, die durch eine schlecht funktionierende Pumpentechnik ziemlich marode gewesen seien, habe man bereits in den 1930er und 1970er Jahren erneuert.

Er weiß das aus Erfahrung, denn auch das erste Rad für den Deilbachhammer wurde vor drei Jahren bereits in der Werkstatt in Bergerhausen gefertigt. „Da haben mich die Leute später noch auf der Straße angesprochen, sie seien in der Gruppe gewesen, die damals das Rad gebaut habe.“ Auch Garten- und Landschaftsbauer seien im Rahmen der Gemeinwohlarbeit auf dem Gelände in Kupferdreh tätig.

Der pensionierte Bauingenieur und Tischler Gerd Schraven führte die Berechnungen für das Rad durch und stand den Auszubildenden mit Rat und Tat zur Seite.
Der pensionierte Bauingenieur und Tischler Gerd Schraven führte die Berechnungen für das Rad durch und stand den Auszubildenden mit Rat und Tat zur Seite. © FUNKE Foto Services | Kim Kanert

Der Bau des Rades aus etwa 450 Einzelteilen fand unter der Leitung von Tischlermeister Johannes Große-Rhode und mit tatkräftiger Unterstützung des pensionierten Bauingenieurs Gerd Schraven (82) aus Haarzopf statt, der ebenfalls Tischler ist und somit technisches und handwerkliches Wissen vereint. Er übernahm die Berechnungen für das Projekt. Unterstützt wurde er von Achim Mikuscheit, der bis vor kurzem für das Ruhr-Museum arbeitete und mit Gerd Schraven bereits bei der Restaurierung des ebenfalls denkmalgeschützten Halbachhammers im Nachtigallental aktiv war.

Zusammenarbeit auch beim Halbachhammer

Das neue Rad aus drei Festmetern Eichenholz mit 24 Wasserschaufeln aus Aluminium werde nicht mit Metall verkleidet, so dass man defekte Einzelteile später relativ problemlos austauschen könne, erklärt Schraven.

Das Team aus Auszubildenden und Experten habe rund 500 Arbeitsstunden in die Herstellung des Wasserrades gesteckt. Die Arbeit sei in enger Abstimmung mit der Denkmalbehörde erfolgt. Zehn Monate hätten sie gebraucht, jetzt könnten sie stolz auf ihr Werk sein. „Aus allen drei Jahrgängen haben Tischler-Azubis mitgewirkt“, sagt Tischlermeister Karsten Petersmann.

Auch interessant

Die Jugendberufshilfe versucht in verschiedenen Sparten wie Lager, Tischlerei oder Metallbetrieb Jugendliche und junge Erwachsene, die sich auf dem ersten Arbeitsmarkt schwer tun, an ein geregeltes Arbeitsleben zu gewöhnen, ihnen eine Ausbildung zu ermöglichen und sie auf den ersten Arbeitsmarkt vorzubereiten. Projekte wie der Radbau sind da schon etwas Besonderes.

Große Herausforderung für die angehenden Tischler

Einer der Auszubildenden ist Manuel Apel (25). „Die Arbeit am Rad war eine echte Herausforderung“, sagt er. Den Deilbachhammer kenne er selbst nicht, wäre aber durchaus gern dabei, denn das Rad dann dort installiert werde. „Ich will mir die ganze Anlage auf jeden Fall später ansehen“, sagt der Azubi im zweiten Lehrjahr. Bei diesem Projekt könne man den Kruppschen Grundsatz von der „Schönheit der Arbeit“ durchaus nachvollziehen, findet Denkmal-Experte Achim Mikuscheit.

Der historische Deilbachhammer soll bis Ende 2021 komplett restauriert sein.
Der historische Deilbachhammer soll bis Ende 2021 komplett restauriert sein. © FUNKE Foto Services | Knut Vahlensieck

Die Jugendlichen frästen die einzelnen Segmente des Rades an der Maschine. „Vorher muss alles am Computer genau gezeichnet werden“, sagt Tischlermeister Karsten Petersmann. Für die Restaurierung des Deilbachhammers arbeiten der historische Verein, das Ruhr-Museum, die Bürgerschaft Kupferdreh und der Förderverein IDEE (Initiative Denkmäler erhalten Essen) beziehungsweise die Freunde und Förderer des Deilbachtals zusammen. Die Instandsetzung des denkmalgeschützten Ensembles aus dem 16. Jahrhundert, bestehend aus Meisterhaus, zwei Arbeiterhäusern und Hammergebäude, war 2017 begonnen worden und soll Ende 2021 abgeschlossen werden.

Hammer soll irgendwann wieder mit Wasserkraft laufen

Der historische Hammer werde komplett erneuert, die Arbeiten müssten archäologisch begleitet werden. „Es muss genau geprüft werden, ob im Boden nicht noch das ein oder andere Überbleibsel liegt, das Aufschluss über die damalige Arbeitsweise gibt“, erklärt Achim Mikuscheit. Langfristiges Ziel sei es, den Hammer wieder mit Wasserkraft anzutreiben. „Jetzt schaffen wir erst einmal die technischen und optischen Voraussetzungen“, so Mikuscheit. Der Halbachhammer laufe ja bereits viele Jahre wieder mit Wasser. „Das hat eine große Wirkung.“

Finanziert werde die Restaurierung aus Mitteln der NRW-Stiftung. Dass man in der Jugendberufshilfe einen so engagierten Partner gefunden habe, sei ein Glücksfall. „Vor einigen Jahren gab es noch Werkstätten, die solche Restaurierungen durchführen konnten. Heute sind es nur noch die Fachwerkstätten der Freilichtmuseen, die so etwas können.“

Auch interessant