Essener Süden. Die Familie von Liam (3) aus Essen wurde durch das Hochwasser im Juli heimatlos. Wie eine Wunscherfüller-Aktion das Kind wieder lachen lässt.

  • Über 400 Haushalte in Essen waren im Juli vom Hochwasser der Ruhr und des Deilbachs betroffen. Teilweise sind Wohnungen und Häuser unbewohnbar geworden.
  • Der Caritasverband für die Stadt Essen hilft den Betroffenen. Mit der Wunscherfüller-Aktion gab es für viele Familien nun eine besondere Überraschung zu Weihnachten.
  • Wie zum Beispiel für den kleinen Liam. In der Kochschule „Lecker Werden“ durfte er Geschenke auspacken.

Liam darf bereits vor Heiligabend Geschenke auspacken. Und das geht ratzfatz, so aufgeregt ist der Dreijährige. Bagger, Kipplaster und der ein Meter hohe Kran werden auch gleich darauf stolz der Mama vorgeführt. Dass ihr kleiner Sohn wieder lachen kann, treibt der 35-jährigen Stephanie Hörnicke die Tränen in die Augen: „Wir sind so dankbar über die viele Hilfe!“

Liam, Flutopferkind mit Mutter Stephanie Hörnicke (r.), bekommt Geschenke bei der Wunscherfüller-Aktion der Caritas Essen durch die Fluthilfe-Koordinatorin Sandra Dausend (2.v.l.) und Patrick Jabs, Geschäftsführer der Kochschule „Lecker Werden“ (l.).
Liam, Flutopferkind mit Mutter Stephanie Hörnicke (r.), bekommt Geschenke bei der Wunscherfüller-Aktion der Caritas Essen durch die Fluthilfe-Koordinatorin Sandra Dausend (2.v.l.) und Patrick Jabs, Geschäftsführer der Kochschule „Lecker Werden“ (l.). © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Familie Hörnicke gehört zu den über 400 Haushalten in Essen, die im Juli vom Hochwasser der Ruhr und des Deilbachs betroffen waren. Mit einer Wunscherfüller-Aktion hat der Caritasverband für die Stadt Essen gemeinsam mit Familie Jabs von der Kochschule „Lecker Werden“ den betroffenen Familien, insbesondere den Kindern, eine ganz besondere Freude gemacht – und deren spezielle Weihnachtswünsche erfüllt.

Die Spielsachen waren durch das Hochwasser unbrauchbar

Über den Gutschein, den Stephanie Hörnicke in der Hand hält, freut sich die Familie ganz besonders: Es ist ein Besuch in der Zoom-Erlebniswelt in Gelsenkirchen.
Über den Gutschein, den Stephanie Hörnicke in der Hand hält, freut sich die Familie ganz besonders: Es ist ein Besuch in der Zoom-Erlebniswelt in Gelsenkirchen. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Für Liam war dies ein Kran. „Denn seinen aus Holz hat er durch das Hochwasser verloren, wie so viele seiner Spielsachen“, berichtet die Mutter. Die Ereignisse im Juli haben die Familie heimatlos gemacht, denn ihre Erdgeschosswohnung in dem Vier-Parteien-Haus an der Kupferdreher Straße stand komplett unter Wasser und ist seitdem nicht mehr bewohnbar. „Alles war voller Schlamm, wir konnten kaum noch was verwenden. Viele familiäre Erinnerungsstücke sind durch das Wasser kaputt gegangen“, sagt Stephanie Hörnicke mit einem Seufzer. „Aber uns ist nichts passiert, das ist die Hauptsache.“

Für den kleine Liam war die Evakuierung von Zuhause durch die Feuerwehr im Sommer ein traumatisches Erlebnis, das er nur schwer verarbeitet hat.
Für den kleine Liam war die Evakuierung von Zuhause durch die Feuerwehr im Sommer ein traumatisches Erlebnis, das er nur schwer verarbeitet hat. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Glück im Unglück: Eine befreundete Influencerin aus dem Essener Süden fragte in den sozialen Medien, ob jemand kurzfristig eine Unterkunft zur Verfügung stellen könnte – und bekam einen Kontakt. „Wir konnten in einer privaten Ferienwohnung an der Grenze zu Niederwenigern unterkommen“, erzählt Stephanie Hörnicke. Für acht Wochen war das eine Zuflucht für Stephanie, Patrick und Liam zwischen der Suche nach einer neuen Wohnung und der Abwicklung des alten Hausstandes, der nur noch für den Sperrmüll taugte.

Die Evakuierung durch die Feuerwehr war dramatisch

Liam habe lange gebraucht, die Evakuierung durch die Feuerwehr am Hochwassertag zu verarbeiten. „Er durfte einige Zeit bei der Oma sein, das hat geholfen.“ Inzwischen gehe er wieder gern zur Kita, berichtet seine Mutter, habe sich an die neue Wohnung einige Straßen weiter („auf einer Anhöhe“) gewöhnt.

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Dass Liam sich über neues Spielzeug freuen und mit seinen Eltern bald die Tiere in der Zoom-Erlebniswelt in Gelsenkirchen besuchen kann, ist Sandra Dausend zu verdanken. Als Koordinatorin der Caritas-Fluthilfe hat geschaut hat, welche Essener Familien mit kleinen Kindern besonders schwer von der Flut betroffen worden waren. „Mit unserer Wunscherfüller-Aktion wollen wir gerade zur Weihnachtszeit ein bisschen Freude in die Familien bringen.“ Bedacht worden seien 25 Kinder in 15 Familien aus den betroffenen Stadtteilen Kettwig, Werden und Kupferdreh.

Benefizveranstaltung mit Promi-Köchen in Essen-Werden

Finanzielle Unterstützung kam von der Kochschule „Lecker Werden“. Inhaber Patrick Jabs hatte, wie berichtet, ein Benefiz-Essen plus einer Auktion in seinen Räumlichkeiten in den Werdener Toren für die Flutopfer veranstaltet.

Gutschein für gemeinsame Aktivität

Schadensbeseitigung und Wiederaufbau nach der Flut sorgen bis heute für Stress. Einige Familien mussten ihr Zuhause vorübergehend oder vollständig verlassen, andere waren bereits durch die Pandemie stark belastet und erlebten durch das Hochwasser ein Doppelschicksal. Deshalb startete der Caritasverband die Wunscherfüller-Aktion.

An der Aktion konnten alle Familien mit minderjährigen Kindern, die in Essen von dem Hochwasser am 14. und 15. Juli 2021 betroffen waren, teilnehmen. Für jedes Kind wurde ein Geschenkwunsch bis zu einem Warenwert von maximal 50 Euro übernommen. Familien hatten zusätzlich die Möglichkeit, sich eine gemeinsame Aktivität zu wünschen.

Die 47 Gäste zahlten pro Kopf 299 Euro für ein von Promi-Köchen gezaubertes Menü (u. a. dabei: Sternekoch Berthold Bühler, ehemals Restaurant Résidence, und Sterneköchin Erika Bergheim, Restaurant Pierburg). Versteigert wurden Gemälde der Künstler Leo-Leander Namislow und Harald Schlüter.

21.000 Euro kamen für die Flutopferhilfe zusammen

„Es sollte schon eine Zwei vor dem fünfstelligen Spendenbetrag stehen.“ Vorher habe er keinen Gast gehen lassen wollen, berichtet Patrick Jabs mit einem Augenzwinkern. So habe Berthold Bühler kräftig die Werbetrommel gerührt für seine Kochschürze mit der Aufschrift „30 Jahre Résidence“, die ebenfalls unter den Hammer sollte. Aus dem anfänglichen Startpreis von 50 Euro wurden so 1500 Euro.

Letztlich konnte das Ehepaar Jabs dem Caritasverband eine Spende von 21.000 Euro überreichen. Koordinatorin Sandra Dausend: „Ein Teil fließt in die Wunscherfüller-Aktion, der restliche Teil wird für die weiteren dringend benötigten Fluthilfen genutzt.“