Essen-Stoppenberg. Essener hatten engagiert und emotional für eine 80-jährige Rotbuche in Stoppenberg gekämpft. Trotz allem ist der alte Baum jetzt gefällt worden.
- In Essen-Stoppenberg entstehen 63 neue Wohnungen. Auf dem Grundstück an der Hallostraße/Im Natt stand eine 80-jährige Rotbuche.
- Anwohner und Naturschützer hatten emotional und engagiert für den Erhalt des Baumes gekämpft, die selbst ernannte Klimakampfgruppe hatte sogar eine Baumbesetzung organisiert.
- Ein Gutachten hat ergeben, dass die Buche nicht nur von einem Pilz befallen, sondern die Standsicherheit auch beeinträchtigt war. Also wurde sie jetzt gefällt.
Anwohner und Naturschützer hatten jahrelang für die 80-jährige Rotbuche in Essen-Stoppenberg gekämpft, Baumbesetzer hatten zeitweise dort sogar ein Camp errichtet. Ein Investor hatte das Grundstück an der Hallostraße/Im Natt gekauft, um dort Wohnbebauung zu errichten. Eigentlich sollte der Baum erhalten bleiben. Jetzt ist er gefällt.
Anwohner hatten eine Baumbesetzung in Essen-Stoppenberg organisiert
63 Wohnungen sollen in Essen-Stoppenberg an der Ecke Hallostraße/Im Natt gebaut werden. Anwohner hatten sich mit diversen Maßnahmen dagegen gewehrt und richteten diverse Schreiben an die Verantwortlichen. Die selbst ernannte Klimakampfgruppe organisierte sogar eine Baumbesetzung. Die Diskussionen in der zuständigen Bezirksvertretung liefen zum Teil sehr emotional ab. Schließlich wurde der Bebauungsplan aufgestellt.
Darin stand, dass die als schützenswert eingestufte Rotbuche zunächst stehen bleiben soll, bis von ihr eine akute Gefahr ausgeht. Ein Gutachter hatte 2020 einen Pilzbefall festgestellt und eine Reststandzeit von zehn Jahren prognostiziert. Dann sollte sie durch eine Blutbuche in entsprechender Pflanzqualität ersetzt werden. Auch der Investor hatte zugesichert, dass der Baum so lange wie möglich stehen bleiben soll.
Gutachter erklärt, dass die Buche in Essen-Stoppenberg nicht standsicher war
Jetzt teilt die Stadt mit, dass im Sommer 2021 ein weiterführendes Gutachten erstellt worden sei. Dafür wurde ein Zugversuch gestartet. Dabei wird für eine angesetzte Windgeschwindigkeit – in dieser Untersuchung 130 km/h – die Windlast auf die Krone und das Biegemoment am Stammfuß ermittelt.
„Der Gutachter kommt zu dem Ergebnis, dass die untersuchte Rotbuche im derzeitigen Zustand nicht stand- und verkehrssicher ist und eine Verkehrsgefahr darstellt“, so die Stadtverwaltung. Mit der schnell voranschreitenden Fäule am Stammfuß würde die Standsicherheit weiter abnehmen, im Falle eines Sturms wäre die öffentliche Sicherheit stark gefährdet. „Ein Umzäunen des Gefahrenbereichs ist kaum möglich“, heißt es seitens der Stadt.
Untere Naturschutzbehörde hat Genehmigung zur Fällung erteilt
Die Standsicherheit könnte durch eine deutliche Einkürzung der Krone von etwa 30 Prozent für eine begrenzte Standzeit wiederhergestellt werden. Eine Einkürzung der Krone stellt allerdings für die Rotbuche einen weiteren erheblichen Eingriff dar, der zum Absterben des Baumes führen kann. Hinzu kommen erhebliche Aufwendungen für Baumpflege und Folgeuntersuchungen. Eines der Probleme sei, dass Buchen schnell Sonnenbrand bekommen, das hätte oft einen weiteren Pilzbefall zur Folge.
Jacqueline Schröder vom Stadtpresseamt: „Auf Grundlage dieser gutachterlichen Einschätzung und Abwägung aller naturschutzrechtlichen Belange hat die Untere Naturschutzbehörde eine Genehmigung zur Fällung der Rotbuche erteilt.“
Anwohner in Essen-Stoppenberg sind frustriert und enttäuscht
Und so kam es dann auch – zum Entsetzen der Anwohner. „Für mich ist das ein Gefälligkeitsgutachten“, erklärt Michael Siebrecht, der sich engagiert für den Erhalt der Buche eingesetzt hatte. Vor Gericht würde das keinen Bestand haben, er selbst habe jedoch kapituliert. Friedhelm Stärk vom städtischen Stadtplanungsamt hatte zuletzt in der Bezirksvertretung betont: „An der Fachlichkeit und der Neutralität beider Gutachten bestünden von Seiten der Verwaltung keinerlei Bedenken.“ Für Michael Siebrecht bleibt nur Enttäuschung, Frust und ein Ohnmachtsgefühl.
Vier Baukörper mit rund 60 Wohnungen geplant
Die Stadt Essen hat für den Bereich Hallostraße/Im Natt einen Bebauungsplan aufgestellt. Mit der Planung soll der Bau von Mehrfamilienhäusern mit etwa 60 Wohnungen ermöglicht werden. Dabei ist beabsichtigt, dass ein Drittel der Wohnungen im geförderten Wohnungsbau entstehen.
Im Plangebiet ist ein einheitliches Gebäude-Karree aus vier Baukörpern geplant, die einen gemeinschaftlichen zum Teil begrünten Innenbereich umgrenzen. Das Gebiet wird über eine kleine Straße mit Anschluss an die Hallostraße erschlossen. Parkplätze befinden sich entlang der Erschließung und in einer Tiefgarage.
Adam Szymanski wohnt ebenfalls direkt an dem zukünftigen Baugebiet in Essen-Stoppenberg. „Das ist eine Katastrophe für die Umwelt“, beklagt er und unterstreicht damit das, was viele andere schon vorher erklärten: Hier werde ein komplettes Ökosystem zerstört, um Neubauten zu errichten. Stattdessen könnte man versiegelte Flächen an anderer Stelle nutzen.
Bezirksbürgermeister Michael Zühlke (SPD) hat die Diskussion in den vergangenen Jahren intensiv verfolgt und bilanziert: „Mir ist klar dass der Baum eine Symbolwirkung hat, aber bei einer Abwägung aller Maßnahmen ist ersichtlich, dass die Rotbuche nur noch eine kurze Lebenszeit hätte.“