Essen-Stoppenberg. 63 Wohnungen sollen in Stoppenberg gebaut werden. Anwohner haben vor allem drei Bedenken, die sie im Bauausschuss präsentieren wollen.
Im Stoppenberger Kreuzungseck zwischen Hallostraße und der Straße Im Natt soll auf einer 7300 Quadratmeter großen Grünbrache ein Wohnquartier mit 63 Wohneinheiten entstehen. In der kommenden Woche (18.3.) beschäftigt sich der Bauausschuss mit dem Projekt. Wie auch beim Teilabriss der Villa Ruhnau, bei der geplanten Bebauung der Feldwiese in Katernberg und bei der Eyhof-Siedlung in Essen-Stadtwald haben die Anwohner was dagegen.
Vier Gebäude mit drei Geschossen plus Dachgeschoss
Die Firma Wilma will vier Gebäude mit drei Stockwerken plus Dachgeschoss errichten. 22 Wohneinheiten sollen öffentlich gefördert sein, das bestätigte Prokurist Andreas Häcker jetzt auf Anfrage. In den Vergangenheit variierte die Zahl der Wohnungen zwischen 47 in der ursprünglichen Planung bis zu 74. Der Bebauungsplan hat 2018 schon öffentlich ausgelegen, in der Zwischenzeit hat der Bauträger jedoch gewechselt, sodass der Bauausschuss eine erneute Auslegung beschließen soll.
Damals wie heute äußern die Anwohner Bedenken gegenüber dem Bauvorhaben. In der zuständigen Sitzung der Bezirksvertretung Ende Februar waren rund 20 Stoppenberger zu Gast, das ist für das Stadtteilparlament eine beachtliche Zahl. Die Kritikpunkte richten sich im Wesentlichen auf die Geschosshöhe, die Bebauungs-Verdichtung und den Umweltschutz. Für die Natur hatte eine Bürgerinitiative bei der geplanten Bebauung der Feldwiese auch immer wieder gekämpft.
Erscheinungsbild passe nicht ins städtebauliche Bild
Thorsten Seifert wohnt mit seiner Frau Hind seit dem Jahr 2006 Im Natt und beklagt, dass die Gebäude die umliegenden Zechen- und Einfamilienhäuser deutlich überragen würden. Das Erscheinungsbild der Siedlung passe nicht ins städtebauliche Bild. Die Neubauten würden zum Teil nur wenige Meter von den Grundstücksgrenzen der Häuser entstehen. Eine Anwohnerin beklagte daher in der Bezirksvertretung, dass sie in Zukunft aus ihrem Garten gegen eine 15 Meter hohe Wand schauen würde. „Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich nie hierher gezogen.“ Die Stadtverwaltung hält dagegen: Im Bebauungsplan heißt es, dass die Nutzung des Standortes für eine Wohnbebauung aufgrund der attraktiven Wohnlage im direkten Umfeld und die Nähe zum Hauptversorgungsbereich des Stadtteils sinnvoll sei: „Die geplante Nutzung wird sich gut in das gewachsene Umfeld einfügen.“
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Weiter heißt es im Bebauungsplan, dass die erwartete Wohnungsnachfrage auf gesamtstädtischer Ebene das vorhandene Wohnbauflächenangebot übersteige. Insbesondere barrierefreie Wohnungen für Familien oder für ein bis zwei Personen-Haushalte werden benötigt. Aktuell existieren nach Angaben der Stadt im Stadtteil Stoppenberg 1371 geförderte Mietwohnungen bei insgesamt 8005 Haushalten. Die geplanten Wohneinheiten in dem Gebiet Hallostraße/Im Natt sollen „ein variables Wohnangebot für unterschiedliche Nutzergruppen“ darstellen.
Das Ehepaar Seifert bezweifelt hingegen, ob die Wohnungen tatsächlich nötig sind. In einem Brief an die Ausschussmitglieder fordern sie eine Marktuntersuchung zum Bedarf nach Kleinraumwohnungen explizit in Stoppenberg. Es müsse überprüft werden ob die Nachfrage tatsächlich die Versiegelung naturbelassener Flächen erfordert. „Diese stark verdichtete Bebauung trifft auf eine bereits heute stark ausgelastete Kanalisation sowie eine angespannte Parkplatzsituation“, heißt es in dem Brief. Hind Seifert wird deutlich: „Das ist eine Bausünde ohne Ende, unglaublich, dass so etwas möglich ist.“
Rotbuche soll gefällt werden
Nasse Gärten und Keller
Die ausgelastete Kanalisation macht sich im Garten von Michael Siebrecht bemerkbar. Der 60-Jährige wohnt seit seinem dritten Lebensjahr Im Natt. In seinem Garten sammele sich das abgeleitete Oberflächenwasser. Nach Regenfällen sei der hintere Bereich auch wegen dem natürlichen Gefälle ein einziger Sumpf, den er nicht nutzen könne. Er bezweifelt, dass die Kanalisation dafür ausgelegt ist, noch weitere 65 Wohneinheiten aufzunehmen, das sieht der Bebauungsplan jedoch vor. Schon jetzt haben er und andere Anwohner ihre Hausanschlüsse mit Rückschlagklappen nachgerüstet, weil ihre Keller nass waren.
Die Fläche grenzt an wohnbaulich genutzte Bestandsbebauung und ist weniger als 10.000 Quadratmeter groß. Somit kann die Stadt ein beschleunigtes Verfahren anwenden, bei dem es unter anderem keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung gibt, auch die Beobachtung der Umweltauswirkungen bei der Durchführung der Bauleitplanung entfällt.
Als dritten Punkt führen die Anwohner, die jetzt Unterschriften gegen den Bebauungsplan sammeln, den Umweltschutz an. Fledermäuse und Kröten wären in dem Bereich heimisch, sie gelte es zu schützen. Streitpunkt ist auch eine rund 80 Jahre alte, geschützte Rotbuche. 2018 hieß es erst, der Baum soll erhalten werden, dann stellte ein Gutachter einen Pilzbefall fest und urteilte: Der Baum muss weg. Im Bebauungsplan wird die Neupflanzung „in entsprechender Größe und Güte“ festgesetzt. Bezirksbürgermeister Michael Zühlke ist damit unzufrieden: „Es kann nicht sein, dass Bäume präventiv umgeholzt werden.“ Anwohner Michael Siebrecht wird noch deutlicher: „Wenn der Baum gefällt werden soll, müssen wir uns davor stellen.“
Ende des Jahres könnten die Bagger rollen
Wie geht es weiter? Die Bezirksvertretung hat die Bedenken der Anwohner an den Bauausschuss weitergeleitet. Sie betonen allesamt, dass sie die Wohnbebauung nicht grundsätzlich verhindern, aber anpassen wollen. „Wenn Bedenken vorgetragen werden, ergeben sich auch immer Änderungen“, weiß Andreas Häcker, Prokurist der Firma Wilma, die das Bauvorhaben in Stoppenberg umsetzen will. Der Bauausschuss muss die Offenlegung der Pläne erneut beschließen. Häcker hofft, dass es Ende des Sommers einen rechtskräftigen Bebauungsplan geben wird. „Es kann sein, dass wir spät im Jahr noch mit dem Bau beginnen“, so Häcker, der mit einer Bauzeit von zweieinhalb Jahren rechnet. Wenn die Bebauungspläne rechtskräftig sind, könne auch mit der Vermarktung begonnen werden.