Essen-Stadtwald. Mit einem rechtlichen Kniff soll der Abriss von Häusern in der historischen Essener Eyhofsiedlung verhindert werden. Wie der Eigentümer reagiert.

  • Eine Häuserzeile in der historischen Eyhofsiedlung in Stadtwald soll den Abrissbaggern zum Opfer fallen.
  • Dagegen gibt es erheblichen Protest. Mit einer Erhaltungssatzung soll der Abbruch verhindert werden.
  • Was die Wohnungsbaugenossenschaft Ge-wo als Eigentümer derweil schon unternommen hat.

Mehreren Gebäuden in der historischen Eyhof-Siedlung droht der Abriss. Für die Häuserzeile in der Angerstraße sollen Neubauten entstehen. Mit dem rechtlichen Mittel einer Erhaltungssatzung soll versucht werden, dem Ansinnen möglichst einen Riegel vorzuschieben. Das haben Bürger auf einer digitalen Versammlung gefordert. SPD und Linke machen sich dafür stark, den Vorstoß umzusetzen. CDU und Grüne haben sich Bedenkzeit erbeten. Derweil setzt die Ge-Wo (Osterfelder Wohnungsgenossenschaft) als Besitzer ihre Planungen fort.

SPD und Linke wollen preiswerten Wohnraum in Essen erhalten

Obwohl schon 100 Jahre alt, steht die Siedlung nicht unter Denkmalschutz. Dann wäre es mit einem Abriss wahrscheinlich deutlich schwieriger. Eine Erhaltungssatzung wiederum soll den Fortbestand sichern, ist allerdings keine Gewähr. Zugleich gilt sie als Instrument, im Fall eines Abbruchs dem Bauherrn sehr enge Grenzen in der Gestaltung zu setzen.

Aus Sicht von SPD-Ratsherr Philipp Rosenau gilt es zwei Ziele zu verfolgen: Zum einen solle der „städtebauliche Charakter der Siedlung erhalten werden“. Zum anderen müsse man auch darauf dringen, dass die betroffenen Mieter „dauerhaft zu geringen Mieten“ dort wohnen können. Während die SPD im Nachklapp zu der Bürgerversammlung den Antrag formuliert hat, stammt das Papier von den Linken bereits aus April. Auch hier derselbe Tenor: Den Wert der Siedlung als Beispiel für Gartenstadt-Architektur bewahren und die soziale Seite bedenken, sprich preiswerten Wohnraum erhalten.

Hinweis auf begrenzte Chancen einer Erhaltungssatzung

CDU und Grüne sind allerdings, als die beiden Anträge im Ausschuss für Stadtplanung auf der Tagesordnung standen, nicht auf den Zug aufgesprungen. Sven Köhler (CDU) hat, wie auch sein Parteikollege und Ausschussvorsitzender Guntmar Kipphardt, die Sorge, dass sich eine Irritation breit gemacht hat. Obwohl Vertreter der Stadt bei dem Bürgertreffen mehrfach wiederholt hätten, mit einer solche Satzung wäre alles schon geritzt und ein Abriss mehr oder minder hinfällig, habe aber in Wirklichkeit eine solche Rechtsform keineswegs eine entsprechende Schlagkraft. Zudem müsse man auch in Betracht ziehen, welche Folgen eine solche Satzung für die weiteren Häuser mit sich bringe. Damit könnten dann Vorgaben für die Gestaltung der Gebäude verbunden sein, was wiederum auch zu Misstönen und Kritik führen könne. Rosenau gibt zu bedenken, dass sich Vorgaben auch nur auf einzelne Häuserkomplexe beziehen können.

Sanierung der bestehenden Gebäude sieht Eigentümer als unwirtschaftlich an

Derweil die politische Debatte weitergeht, treibt auch die Ge-wo ihre Planungen voran. Eine Sanierung der Häuser an der Angerstraße komme für die Genossenschaft nicht in Betracht, betont Vorstand Wolfgang Hoffmann. Die Bauten seien in einem solchen Zustand, dass eine Instandsetzung viel zu teuer würde. Die Gebäude müssten komplett erneuert werden, von den Fenstern bis zum Dach.

Häuser an der Angerstraße in der Eyhofsiedlung droht der Abriss. An ihrer Stelle will der Eigentümer neue Häuser errichten.
Häuser an der Angerstraße in der Eyhofsiedlung droht der Abriss. An ihrer Stelle will der Eigentümer neue Häuser errichten. © FUNKE Foto Services | Madeleine Hesse

Vor allem die Trockenlegung der Keller würde erhebliche Summen verschlingen. Und trotz aller Sanierung, blieben es am Ende „alte Hucken“, so Hoffmann. Rund drei Millionen Euro würde ein solches Projekt mindestens kosten, Brandschutz nicht eingerechnet. Die Neubauten, die nun in Planung seien und deren Kosten man angesichts der schnell steigenden Preise nicht seriös beziffern könne, bezeichnete Hoffmann in Form und Gestaltung als „Klone“. Das Unternehmen wolle den Charakter der Siedlung bewahren. Insgesamt sollen 44 Wohnungen entstehen, davon 15 öffentlich gefördert. Derzeit gehören insgesamt 34 zum Bestand.

Von 34 Wohnungen sind derzeit in der Essener Eyhof-Siedlung nur noch 14 vermietet

Ein zusätzliches Stockwerk

Dass die Neubauten zehn Wohnungen zusätzlich haben, erläutert Ge-Wo-Chef Hoffmann wie folgt: Die jetzigen Erdgeschosse haben noch hochgelegene Erdgeschosse. Nun aber müsse man - Stichwort barrierefrei - ebenerdig bauen. Dadurch könne man ein Geschoss mehr planen, bleibe aber immer noch unter der Traufe des siedlungsprägenden Torhauses.Der Arbeitskreis 2030, der sich seit 30 Jahren um stadtplanerische Fragen kümmert und dem Bürger unterschiedlicher Berufe angehören, setzt sich seit Jahren für den Erhalt der Häuser an der Angerstraße 21-29 ein. Benannt ist die Siedlung nach einem ehemaligen Bauernhof an der Stelle. Die Siedlung wurde von dem Architekten Joseph Rings konzipiert und in der Zeit von 1921 bis 1924 als in sich geschlossene Einheit mit 183 Ein-, Zwei- und Mehrfamilienhäusern mit Garten erbaut. Sie umfasst ca. 300 Wohnungen mit einer Wohnfläche zwischen 100 und 160 m².

Nun kennt Hoffmann aufgrund der schon seit über zwei Jahre dauernden Debatte die Kritik an möglichen Mietpreisen in den neuen Wohnungen. Für die öffentlichen geförderten Wohnungen werde es mit 6,40 Euro, so der jetzige Stand, bei nahezu dem jetzigen Niveau bleiben. In den anderen Wohnungen käme man sicherlich auf elf bis zwölf Euro pro Quadratmeter. Man müsse aber die aktuelle Entwicklung in den Häusern einbeziehen, so der Vorstand. Denn von den 34 Wohnungen seien nur noch 14 vermietet, die anderen stünden leer. Bis Mitte 2022 erhalten Mieter beim Auszug eine Prämie von 3000 Euro.

Die Ge-Wo vermarkte die Wohnungen also nicht mehr neu. Zwei weitere Kündigungen erwarte man zudem in Kürze. Zugegebenermaßen könne es sein, dass die noch verbleibenden Mieter nicht über einen Berechtigung für die öffentlich geförderten Wohnungen verfügen.

Hoffmann rechnet damit, dass ein Baubeginn erst 2024 möglich sein wird. Auch wenn der Bauantrag im ersten Quartal 2022 gestellt werde, müsse man angesichts einer Erhaltungssatzung, die entsprechende Prüfungen der Unterlagen beinhalte, mit einem längeren Genehmigungsverfahren rechnen.

Wenn der Ausschuss für Stadtplanung am 2. Dezember um 15 Uhr im Rathaus zur nächsten Sitzung (öffentlich) zusammenkommt, steht die Zukunft der Eyhofsiedlung einmal mehr auf der Tagesordnung.