Essen-Stadtwald. Abriss- und Neubaupläne für die Eyhof-Siedlung in Essen-Stadtwald sorgen für Protest. Was eine Erhaltungssatzung für Bürger bedeuten würde.

Viele Bürger wünschen sich eine Erhaltungssatzung für die historische Eyhof-Siedlung in Essen-Stadtwald. Das ist das Ergebnis einer digitalen Bürgerversammlung. Eine solche Satzung wird im Moltkeviertel bereits erfolgreich angewandt. In der Diskussion ging es jetzt um die Folgen für Hauseigentümer.

Fünf Häuser an der Angerstraße 21-29 am Rand der rund 100 Jahre alten Siedlung sollen Neubauten weichen. Das hatte die GE-WO Osterfelder Wohnungsgenossenschaft als Eigentümerin der Häuser Ende 2019 angekündigt und damit Proteste ausgelöst. Nicht nur die betroffenen Bewohner wehren sich dagegen. Es gibt auch viele Stimmen, die das städtebaulich interessante Ensemble schützen wollen.

Unter anderem setzen sich eine Bürgerinitiative und der Arbeitskreis Essen 2030, der sich um architektonische Belange in der Stadt kümmert, für den Erhalt der Siedlung ein. Diese wurde zwischen 1920 und 1924 nach den Plänen des Architekten Josef Rings erbaut und liegt nördlich der Frankenstraße. Mit dem Abriss der Häuser auf der einen Seite des markanten Torbogenhauses an der Angerstraße würde ein Flügel der symmetrisch angelegten Siedlung zerstört, so die Kritik.

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An der wegen Corona rein digital durchgeführten Diskussion, zu der das Stadtplanungsamt eingeladen hatte, waren in der Spitze 120 eingeloggte Bürger dabei. Die eigentliche Zahl wird deutlich höher gewesen sein, weil sich teils mehrere Teilnehmer um einen PC versammelten. Fragen zum Bauvorhaben der Wohnungsgenossenschaft blockten die Vertreter des Stadtplanungsamtes ab, da es ausschließlich um das Thema Erhaltungssatzung und die daraus folgenden Konsequenzen für die Hauseigentümer gehen sollte.

Bürger leben gern in der historischen Eyhof-Siedlung in Essen-Stadtwald

„Ich stelle fest, dass der Wunsch nach einer Erhaltungssatzung für die Eyhof-Siedlung besteht. Dabei ist zu prüfen, ob sie nur für Teile oder die gesamte Siedlung gelten soll“, resümierte Amtsleiter Ronald Graf, der die anderthalbstündige Diskussion leitete.

Schnell wurde klar: Den Bürgern geht es nicht nur um die Optik, sondern auch um die Sozialstruktur der Siedlung. Graf nimmt deshalb die Anregung mit, über eine Milieuschutzsatzung nachzudenken, die es so in Essen noch nicht gibt. Die geplanten Neubauten würde die soziale Struktur der Siedlung massiv verändern. „Wenn die Mietkosten von sechs bis sieben auf zwölf Euro pro Quadratmeter steigen, können sich viele die Wohnungen nicht mehr leisten“, befürchten die Bürger eine Vertreibung der bisherigen Mieter zugunsten von zahlungskräftigeren Schichten.

Erste Pläne für die Neubauten sehen rund 30 Wohnungen vor

Die GE-WO Osterfelder Wohnungsgenossenschaft hatte erste Pläne für die Neubauten an der Angerstraße im März Politikern online vorgestellt. Vorgesehen sind demnach fünf dreigeschossige Gebäude, die teils durch Gauben und Balkone viergeschossig wirken, mit über 30 Wohnungen und einer Tiefgarage.Bei der Dachgestaltung sind offenbar Sattel- oder Walmdächer angedacht, hinter den Häusern ist eine Grünfläche mit Spielgelegenheiten geplant.Eine Erhaltungssatzung muss durch den Rat beschlossen werden. Sie gilt dann unbegrenzt, es sei denn, der Rat hebt sie wieder auf oder ein Gericht erklärt sie für nichtig.

„Ich nehme auch die Bedenken der Hauseigentümer mit, die sich um die Entwicklungsmöglichkeiten auf ihren privaten Grundstücken sorgen“, so Graf. Bürger wollten zum Beispiel wissen, ob die Anlage von Vordächern, Photovoltaik-Anlagen, Gartenhäusern, Fahrradständern, Balkonen oder Wintergärten bei einer Erhaltungssatzung noch möglich sei. Nach Auskunft der Stadtvertreter müssten solche Veränderungen dann genehmigt werden. Man müsse prüfen, ob sie dem Ziel der Satzung, nämlich dem Erhalt des einheitlichen Erscheinungsbildes entgegenwirkten.

Eine Erhaltungssatzung kann den Abriss von Häusern nicht in jedem Fall verhindern

Laut Stadt gibt es für die Siedlung aufgrund zahlreicher bereits realisierter Veränderungen keine Aussicht auf Denkmalschutz, wohl aber sei sie ein geeigneter Kandidat für eine Erhaltungssatzung. Durch diese seien Veränderungen, auch der Abriss von Gebäuden, nicht ausgeschlossen, könnten aber untersagt werden, wenn die städtebauliche Gestalt der Siedlung in Gefahr sei.

Die Satzung muss rechtskräftig sein, bevor ein Bauantrag beschieden wird, sie hat keine rückwirkende Funktion. Bereits genehmigte Veränderungen fallen damit unter den Bestandsschutz. Aktuell liegt laut Stadt noch kein Bauantrag für die Neubauten an der Angerstraße vor, das Genehmigungsverfahren laufe noch nicht, eine Erhaltungssatzung könnte also noch wirken. Ronald Graf betonte: „Die Stadt ist auch ohne Erhaltungssatzung den Wünschen von Investoren nicht schutzlos ausgeliefert, da sich Neubauten ja in die vorhandene Bebauung einfügen müssen.“