Essen-Stadtwald. Diskussion über das historische Ensemble in Stadtwald geht weiter. Architekten finden die Siedlung schützenswert und kritisieren die Neubaupläne.

Die Diskussion um den Erhalt der Eyhof-Siedlung in Essen-Stadtwald geht weiter. Die GE-WO Osterfelder Wohnungsgenossenschaft will an der Angerstraße Häuser abreißen und durch Neubauten ersetzen. Kritiker dieser Pläne befürchten, dass das architektonisch wertvolle Ensemble aus den 1920er Jahren so zerstört und bezahlbarer Wohnraum vernichtet werde. Dazu nehmen Architekten und die Verwaltung Stellung.

Noch immer ist unklar, ob es eine sogenannte Erhaltungssatzung für die Siedlung gegeben wird, die Veränderungen dort erschweren würde. Die Diskussion im Stadtplanungsausschuss wurde jetzt erneut verschoben. Der Grund: Die Stellungnahme der Architekten, die der mit städtebaulichen Fragen beschäftigte Arbeitskreis Essen 2030 beauftragt hatte, wurde erst in der Sitzung verteilt. Es habe keine ausreichende Möglichkeit zur Kenntnisnahme gegeben, kritisierten die Linken als Antragsteller und baten um Verschiebung der Diskussion.

Der Arbeitskreis Essen 2030 kämpft für den Erhalt des historischen Ensembles

Der Arbeitskreis setzt sich seit Jahren für den Erhalt der Häuser an der Angerstraße 21-29 ein. Auch die Architekten Gerhard Feldmeyer und Matthias Pfeifer betonen die architektur-historische Bedeutung der Siedlung, die seinerzeit von Josef Rings entworfen und in den 1920er Jahren gebaut wurde. Sie hätten sich Anfang März bei einer Begehung einen Eindruck von der Siedlung, die nach einem ehemaligen Bauernhof an der Stelle benannt ist, verschafft. Ihre Stellungnahme wollen sie als freie Erörterung ohne Anspruch der Wissenschaftlichkeit verstanden wissen.

Die schlichten Häuser, die an der Angerstraße für Neubauten weichen sollen, stammen aus der Zeit um 1920.
Die schlichten Häuser, die an der Angerstraße für Neubauten weichen sollen, stammen aus der Zeit um 1920. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Dimension und Schlichtheit der Häuser seien kein Zufall, sondern wesentlicher Bestandteil des Gesamtkonzepts der Stadtwald-Siedlung, betonen die Architekten. Die von der Politik favorisierte Planungsvariante greife zwar das Walmdach der Vorgängerbauten auf. Störend sei allerdings der vorspringende Gebäudeteil. Die Flügelbauten wirkten gemeinsam und seien jeweils für sich zurückhaltend. Deshalb solle im Falle eines Neubaus auf den Verzicht des Vorsprungs, insbesondere im Dachbereich, geachtet werden.

Vorsprünge sind für Treppenhäuser mit Aufzügen gedacht

Die vorspringenden Gebäudeteile sind laut Verwaltung allerdings für die Treppenhäuser mit Fahrstuhl gedacht, um die Wohnungen barrierefrei zu erschließen. Vor diesem Hintergrund müsse mit den beteiligten Architekten geprüft werden, ob die Vorsprünge kleiner ausfallen oder ganz entfallen könnten.

Nach Ansicht von Feldmeyer und Pfeifer hebe die geplante Dreigeschossigkeit der Flügelbauten die hervorgehobene Bedeutung des Torbogen-Hauses in der Mitte auf und störe damit die städtebauliche Ordnung. Statt der Dreigeschossigkeit könne eine größere Gebäudetiefe mehr Wohnraum schaffen. „Eine maßvolle Erhöhung der Gebäude nach hinten ist städtebaulich weit verträglicher, als die deutliche Erhöhung der Traufhöhe“, so der Vorschlag. Für die Verwaltung fügt sich eine zweigeschossige Bebauung ohne Hochparterre allerdings nicht harmonisch in das Siedlungsgefüge ein, die Flügelbauten würden dann zu niedrig.

Tiefgarage wird zu einem Eingriff in die Grünflächen hinter den Häusern führen

Einen erheblichen Eingriff in das Ensemble stellt für die Architekten die geplante Tiefgarage im Gartenbereich dar, die als eingeschossiger Baukörper mit begrüntem Dach gestaltet werden soll. Dies erscheine durch hinreichende Begrünung und Abstand zur Talseite hin aber vertretbar. Auch nach Osten hin sollte die Tiefgarage durch Topographie und Begrünung kaschiert werden, fordern sie. Die Tiefgarage werde trotz geplanter Begrünung in jedem Fall die charakteristische Grünfläche verändern und verkleinern, befürchtet hingegen der Kunsthistoriker Johannes von Geymüller vom Arbeitskreis Essen 2030. Mache man Abstriche in der Höhe, werde wahrscheinlich die Ausdehnung in den Gartenbereich größer.

Öffentlich geförderte Wohnungen sind geplant

In einem Schreiben an die Fraktionen hat die Verwaltung die Eignung der Eyhof-Siedlung für eine Erhaltungssatzung bestätigt und die Konsequenzen für Veränderungen in der Siedlung und die personellen Auswirkungen in der Verwaltung geschildert. Angeregt durch die Diskussion mit den Politikern in der Ausschusssitzung Anfang März habe die GE-WO Osterfelder Wohnungsgenossenschaft kürzlich angekündigt, das Gebäude Angerstraße 21 mit öffentlich geförderten Wohnungen bauen zu wollen. Zusätzlich soll das Gebäude Angerstraße 17-19 in die Planung einbezogen und auch mit öffentlich geförderten Wohnungen neu errichtet werden.Die Gespräche mit der „Öffentlichen Wohnraumförderung“ im Amt für Stadterneuerung und Bodenmanagement sollen in Kürze geführt werden, so die Verwaltung.

Die Eyhof-Siedlung ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Essener Stadtbaugeschichte, so das Fazit der beiden Architekten. „Es ist dringend angeraten, sich über diese Stellungnahme hinaus mit dem Ensemble zu beschäftigen, um seinen städtebaulichen Wert zweifelsfrei festzustellen und gegebenenfalls im Wege einer Erhaltungssatzung zu sichern.“

Vertreter der Linken fürchtet um preiswerten Wohnraum in der Siedlung

Wolfgang Freye sitzt für die Linken in beratender Funktion im Planungsausschuss. Er begrüßt die Stellungnahme der Architekten und appelliert an die Wohnungsgenossenschaft, noch einmal zu prüfen, ob sie die Häuser nicht doch erhält und im Bestand saniert – auch wenn dann die erlaubten Mietsteigerungen geringer ausfallen würden. „Aus unserer Sicht ist es gerade im Essener Süden nicht akzeptabel, ein weiteres Mal preiswerten Wohnraum durch hochpreisigen zu ersetzen. Und das wird auch nicht besser, wenn die GE-WO Osterfelder Wohnungsgenossenschaft jetzt statt fünf sogar sechs Häuser neu bauen will und davon zwei mit öffentlicher Förderung und Mietpreisbindung errichten will.“