Essen. Herzstillstand bei Essenerin: Es dauerte 13 Minuten, bis die Rettungskräfte am Einsatzort in Altenessen waren. Die Feuerwehr erklärt, warum.

Eine 78-Jährige erleidet in Altenesse einen Herzstillstand. Sie stirbt. Die Angehörigen machen den Rettungskräften jetzt Vorwürfe. Diese brauchten 13 Minuten bis zum Einsatzort, das Rettungsdienstgesetz NRW empfiehlt acht Minuten, wobei diese nicht gesetzlich vorgeschrieben sind (zur genaueren Erklärung). Hängt das relativ späte Eintreffen mit den Krankenhausschließungen im Norden zusammen, wie man vielleicht vermuten könnte? Nein, betont die Feuerwehr und begründet überzeugend, warum das eine nichts mit dem anderen zu tun hat.

Pflegedienst und Physiotherapie betreuten Essenerin

Die 78-jährige Seniorin war bis vor einem halben Jahr in einem Pflegeheim untergebracht. Ihr Mann ertrug die Situation jedoch nicht, holte sie nach Hause, baute die Wohnung in Altenessen so um, dass seine Frau auch im Rollstuhl gut zurecht kam und sorgte mit Pflegedienst und Physiotherapie für die entsprechende Versorgung. „Sie lebte wieder auf, es ging ihr viel besser“, erklärt der Schwiegersohn und betont, dass der Mann sich rührend um seine Frau gekümmert habe.

An einem Tag Ende Oktober war der Pflegedienst gerade weg, als die 78-jährige Seniorin wahrscheinlich ihren letzten Atemzug tat. Ihr Ehemann setzte sofort den Notruf ab, kurz danach kam der Physiotherapeut in die Wohnung nach Altenessen. „Als ich kam spürte ich keinen Puls mehr“, erinnert sich der Physiotherapeut. Er habe dann das getan, was er gelernt habe und mit der Herzdruckmassage begonnen, um die Frau zu reanimieren. „Ich dachte, ich könnte sie vielleicht noch mal zurückholen.“ In der Zwischenzeit kam auch die Tochter in die Altenessener Wohnung. Wer auf sich warten ließ, waren die Rettungskräfte.

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„Ich bin ins Schwitzen gekommen“, so der Physiotherapeut, die Reanimation sei anstrengend gewesen und in so einer Situation vergehe die Zeit einfach nicht. Er betont, niemandem einen Vorwurf machen zu wollen, es habe aber deutlich länger als zehn Minuten gedauert, bis die Rettungskräfte kamen. In der Zwischenzeit habe der Ehemann, voller Panik und Sorge, erneut den Notruf gewählt und gleichzeitig die Hand seiner Frau gehalten. „Ihm ist dann versichert worden, dass die Helfer unterwegs sind“, erklärt der Schwiegersohn später wütend: „Das geht so nicht.“ Die Rettungskräfte hätten schließlich ganz andere Gerätschaften zur Reanimation als ein Laie. Es habe mindestens 20 Minuten gedauert.

Notarzt und Rettungswagen brauchten 13 Minuten zum Einsatzort

Auf Anfrage heißt es von Feuerwehrsprecher Christoph Riße dazu: „Der Notarzt konnte nur noch den Tod der Frau feststellen.“ Aus dem Protokoll gehe hervor, dass der Notruf um 9.04 Uhr eingegangen sei und Notarzt und Rettungswagen zeitgleich um 9.17 Uhr eingetroffen sind – 13 Minuten. Acht Minuten vom Notruf bis zum Einsatz sind empfohlen, zwölf stehen im Gesetz. Riße erklärt, warum das in diesem Fall nicht erreicht werden konnte: Die nächst stationierten Rettungswagen aus Altenessen seien bei anderen Einsätzen gewesen, also musste der aus Borbeck kommen. Der nächste Notarztstandort wiederum sei am geschlossenen St.-Vincenz-Krankenhaus, dieser war allerdings ebenfalls in einem Paralleleinsatz, also wurde der vom Elisabeth-Krankenhaus alarmiert.

Der Feuerwehrsprecher betont, dass die Schließung der Krankenhäuser in Altenessen und Stoppenberg keinen Einfluss auf die Rettungskette habe – anders als viele denken. „In Altenessen waren vor den Klinikschließungen zwei Rettungswagen stationiert und jetzt auch. Daran hat sich nichts geändert.“ Am ehemaligen St.-Vincenz-Krankenhaus in Stoppenberg soll in den kommenden Monaten sogar ein Rettungswagen zusätzlich stationiert werden.

Feuerwehr versucht, Hilfsfrist in 90 Prozent der Fälle einzuhalten

Ziel der Feuerwehr ist es laut Sprecher Christoph Riße, die sogenannte Hilfsfrist in 90 Prozent der Fälle einzuhalten. Die Zahlen werden in Essen jährlich ausgewertet, können sie nicht eingehalten werden, müsse entsprechend nachgesteuert werden – entweder durch zusätzliche Fahrzeuge oder durch zusätzliche Standorte. Der Fall in Altenessen wird in der Jahresbilanz unter die übrigen zehn Prozent fallen. Ob die Seniorin hätte gerettet werden können, wenn die Rettungskräfte pünktlich gewesen wären, kann derzeit niemand beantworten.