Essen. Die Zahl der Einsätze im Rettungsdienst steigt unaufhörlich. Um die Hilfefristen einhalten zu können, muss die Feuerwehr ihre Flotte verstärken.

Eine zunehmende Zahl von Zeitgenossen, die selbst beim kleinsten Zipperlein die „112“ wählen, dazu eine älter werdende Bevölkerung und immer mehr Krankentransporte von einer Klinik zur anderen in einer Stadt, deren Krankenhäuser sich immer stärker spezialisieren: Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen ist es kein Wunder, dass die Zahl der Rettungsdiensteinsätze in Essen seit Jahren steigt. Scheinbar unaufhaltsam, aber tatsächlich in einem Maße, das die Essener Feuerwehr mittlerweile Gefahr laufen lässt, ihr hehres Ziel zu verfehlen: Dass in 90 Prozent aller Fälle jeder an einer Straße gelegene Notfallort spätestens acht Minuten nach einem Alarm erreicht wird.

Auch wenn schätzungsweise jeder dritte Notfall kein wirklicher war, muss die Behörde alle Jahre wieder gegensteuern, um Schritt halten zu können. Der Bedarfsplan für den Rettungsdienst der Stadt Essen wurde erneut angepasst. Die Politik, aber auch die Krankenkassen, die die Kosten refinanzieren müssen, haben jetzt grünes Licht für die Neuanschaffung von drei zusätzlichen Rettungswagen und einem Einsatzleitwagen für den Leitenden Notarzt gegeben. Kostenpunkt: Knapp 700.000 Euro. Damit wächst die in der Notfallrettung und im Krankentransport eingesetzte Flotte auf insgesamt 104 Fahrzeuge.

Die Stadt hat keinen Zweifel an der Notwendigkeit der Investition

An der jüngsten Investition geht aus Sicht der Stadt kein Weg vorbei. Ein Blick in die Einsatzstatistik ließ jedenfalls keinen Zweifel an der Notwendigkeit aufkommen: Allein zwischen 2015 und 2018 zählte die Feuerwehr 10.719 Einsätze im Rettungsdienst mehr. Sie stiegen von 133.638 in 2015 binnen drei Jahre auf 144.357. Die Zahlen für das vergangene Jahr werden im März öffentlich gemacht, die Behörde an der Eisernen Hand geht aber von weiteren Zuwächsen aus.

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Schon jetzt ist aber klar: „Mit den bisher vorgehaltenen Rettungsmitteln kann diesem Einsatzaufkommen bei Einhaltung der Hilfsfristen und dem vom Rat beschlossenen Sicherheitsniveau nicht mehr nachgekommen werden“, heißt es unmissverständlich in einem städtischen Papier. Zumal fast die Hälfte aller Einsätze zeitkritisch ist, weil es sich in 49 Prozent der Fälle um eine Notfallrettung handelt. Rund 50 Prozent entfallen auf den besser planbaren Krankentransport, während Intensivtransporte oder Verlegungen nur rund ein Prozent des Gesamtaufkommens ausmachen.

Der Rettungsdienst nimmt über 90 Prozent der täglichen Feuerwehr-Arbeit ein

Insgesamt nimmt der Rettungsdienst damit rund 91 Prozent der täglichen Feuerwehr-Arbeit ein. Rechnerisch etwa alle 200 Sekunden rückt zwischen Kettwig und Karnap ein Fahrzeug zu einem solchen Einsatz aus. Ein Großteil davon wird von den Hilfsorganisationen – Deutsches Rotes Kreuz, Malteser, Johanniter und Arbeiter-Samariter-Bund – übernommen.

Sie alle sind überzeugt: Die drastisch erscheinenden Zahlen könnten deutlich reduziert werden, wenn weniger die „112“ gewählt, sondern mehr der Kassenärztliche Notdienst in Anspruch genommen würde. 30 bis 40 Prozent, heißt es bei der Feuerwehr, aller Notfallrettungen wären nicht notwendig gewesen. Stattdessen stieg ihre Zahl binnen drei Jahren um rund 7000 auf insgesamt 70.529. Das hat seinen Preis, wenn man bedenkt, dass nur ein einziger Notarzt-Wagen bei etwa 3700 Einsätzen im Jahr etwa eine halbe Million Euro kostet.

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Dennoch gilt weiterhin: Wer den Notruf wählt, bekommt Hilfe. Ob der Einsatz tatsächlich notwendig ist – „das weiß man doch nicht schon am Telefon“, gibt Feuerwehrsprecher Mike Filzen zu bedenken.