Essen-Borbeck/Vogelheim. Die ev. Kirchengemeinde Borbeck-Vogelheim diskutierte an zwei Tagen über ein neues Leitbild. Das sind die konkreten Schritte für die Zukunft.

  • Die ev. Kirchengemeinde Borbeck-Vogelheim möchte sich ein neues Leitbild geben. Dazu hatte sie zu einem Gemeindeforum eingeladen.
  • An zwei Tagen wurde in Präsenz und Online diskutiert.
  • Die Teilnehmenden haben viele Ideen eingebracht und Anregungen für zukunftsfähiges Gemeindeleben gegeben. Es mangelte auch nicht an Kritik.

Die Evangelische Kirchengemeinde Borbeck-Vogelheim ist einen Schritt weiter auf ihrem Weg zu einem neuen Leitbild und einer zukunftsfähiger Entwicklung. Pfarrerin Maren Wissemann betonte: „Denn so, wie es gelaufen ist, kann es nicht bleiben.“ Oberste Maxime des Entwicklungsprozesses: Man wolle nicht Defizite verwalten, sondern Kirche gestalten, und zwar gemeinsam.

Um dies zu erreichen, wurde ein Gemeindeforum aufgelegt, an zwei Tagen und in verschiedenen Formaten: Am Sonntag traf man sich nach dem Gottesdienst in der Dreifaltigkeitskirche. Rund 60 Mitdiskutanten waren dabei, was als erfreulicher Auftakt zu einem Mehr an Mitbestimmung gewertet wurde. Am Montagabend gab es eine Videokonferenz.

Beteiligte fordern mehr Transparenz und Struktur

Die Dreifaltigkeitskirche in Essen-Borbeck. Sie liegt an einer vielbefahrenen Kreuzung im Stadtteil.
Die Dreifaltigkeitskirche in Essen-Borbeck. Sie liegt an einer vielbefahrenen Kreuzung im Stadtteil. © FFS | Socrates Tassos

Gerade das digitale Format half sehr dabei, erste Erkenntnisse noch zu vertiefen. Drei zentrale Fragen standen im Raum. Nach der Frage, was an der Gemeinde geschätzt werde, wurde auch nachgehakt, was denn aktuell fehle. Und vor allem: „Wie sieht meine Gemeinde in Zukunft aus? Was brauche ich, damit ich mich wohlfühle?“ Es wurden gefordert eine erkennbare Struktur, eine klare Linie, bessere Öffentlichkeitsarbeit und mehr Transparenz.

Die Gemeinde hat sich immer außergewöhnlich stark um benachteiligte Menschen gekümmert. Das bindet Ressourcen, auch des Pfarrteams. Die regen Diskussionen ergaben befruchtende Ansätze, aber auch unverhohlene Kritik. Trotz des gesellschaftspolitischen Engagements etwa für Migranten und mit Arbeitsmarktprojekten vermisst Presbyterin Klaudia Raffler-Spierling ein expliziteres politisches Einmischen von Kirche. Aktuelles Beispiel: „Zu den Krankenhaus-Schließungen hier im Essener Norden haben wir nichts gesagt.“

Beteiligung an gesellschaftlicher Diskussion gewünscht

Teilnehmer Thorsten Drewes monierte, dass die Gemeinde mit ihren vielen Angeboten, Immobilien und über 300 Mitarbeitern wie ein Bauchladen daherkäme. Die Kirchengemeinde trete als mittelständisches Unternehmen auf: „Aber die Beteiligung an der gesellschaftlichen Diskussion fehlt.“ Was Presbyter Uwe Gerwin nur bestätigen konnte: „Unsere Vielfalt hat da Schattenseiten. Dabei sollte Kirche Stimme sein im Stadtteil.“

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Thomas Hartung verstärkte diesen Aspekt noch: „Die Erkennbarkeit und die Zusammengehörigkeit fehlen. Mir fehlt ein offenes Haus. Man darf nicht vor verschlossenen Türen stehen. Nicht zumachen, sondern aufmachen.“

Gemeinde sollte ein prägnantes Profil haben

Pfarrerin Wissemann appellierte eindringlich: „Wir haben viele Immobilien und lassen die vergammeln. Wir sollten unsere Häuser als Schatz begreifen, denn sie strahlen was aus. Wir sollten ganz dringend investieren. Das kann aber nicht in der heutigen Breite sein.“

Presbyterium nimmt Ergebnisse mit in einen Workshop

Nach diesen beiden Veranstaltungen wird der Zukunftsprozess mit einer Arbeitstagung der Gemeindeleitung weitergehen. Deren Vorsitzender ist Pfarrer Michael Banken. Er und das Presbyterium werden die dokumentierten Ergebnisse der Gemeindeforen mitnehmen in einen Workshop, der am nächsten Wochenende stattfindet.

Presbyter Uwe Gerwin stellte fest: „Wir haben ja jetzt ganz viel Material, um damit zu arbeiten. Das Bild wird immer klarer, wo wir hinmüssen.“ Auch in der Folgezeit werde die evangelische Gemeinde Borbeck-Vogelheim sehr darauf achten, ihre Mitglieder und Mitarbeitende, aber auch die Öffentlichkeit transparent auf dem Laufenden zu halten.

Neumitglied Leon Mukenge war aufgefallen, dass der Gemeinde ein prägnantes Profil fehle und ein einladender Gestus: „Viele würden sich einbringen zu bestimmten Themen wie Klimawandel oder Rassismus. Aber dafür müsste eine Bühne geschaffen werden.“

Auch Beate Bimmer ist noch recht neu in der Gemeinde: „Wie kann ich Kontakt bekommen zu den Menschen? Zum Beispiel durch Patenschaften? Wir brauchen ein, zwei kernige Leitsätze, mit denen sich die Gemeinde vorstellen kann.“ Pfarrer Kai Pleuser, der die Wortbeiträge sammelte, brachte außerdem den Wunsch ein, sich gerne kritisch über die Gottesdienste auszutauschen: „Treffe ich überhaupt einen Resonanzboden mit dem, was ich da versuche?“