Essen. Maklerfirma Engel und Völkers sieht 2021 auf der Kettwiger Straße deutliche Rückgänge gegenüber den Vorjahren. Warum die EMG das unseriös findet.
- Laut Passanten-Zählungen von Engel und Völkers hat die Kettwiger Straße deutlich an Frequenz verloren.
- Die Corona-Delle wurde anders als in vielen anderen Städten bislang nicht wieder aufgeholt.
- Die EMG hält die Zählung für unseriös und sieht eine „gute Gesamtentwicklung“ der Innenstadt.
- Bei ähnlichen Passenten-Zählungen geht es in Essen indes schon seit vielen Jahren nach unten.
Das Maklerunternehmen Engel und Völkers hat der Essener Innenstadt auf Basis von Passanten-Zählungen eine negative Entwicklung attestiert. Am Dienstagnachmittag, 14. September 2021 gingen demnach 2186 Menschen pro Stunde über die Kettwiger, zum Vergleichstag der Vorjahre war das ein Minus von 17,5 Prozent (2020) bzw. 27 Prozent (2019). Am Samstag, 18. September 2021 passierten 4654 Menschen die Zählstelle, 20,8 Prozent weniger als 2020 und 22 Prozent weniger als 2019.
Im Durchschnitt der 63 Städte schneidet Essen eher schlecht ab
Im Vergleich mit anderen deutschen Einkaufsstraßen liegt Essen mit diesen aktuellen Gesamtzahlen auf dem 35 und 36. Platz. Spitzenreiter sind an beiden Tagen Münchener Einkaufstraßen mit bis zu 13.000 Passanten. Den Rückgang in Essen bewertet Engel und Völkers zwar als „deutlich“, doch mussten Standorte wie die Zeil in Frankfurt oder die Schadowstraße in Düsseldorf prozentual noch weit mehr Besucherverluste verkraften. Allerdings gibt es auch Städte, die klar besser abschnitten. Insgesamt ist der Trend in den Einkaufslagen der 63 größten deutschen Städte 2021 aber gegenüber 2020 leicht positiv, und zwar um plus 2,5 Prozent. Gegenüber 2019, also der Vor-Corona-Zeit, liegt der Rückgang im Schnitt allerdings bei minus 13,6 Prozent.
Als bedenklich könnte man also anmerken, dass die Kettwiger Straße nicht nur eine größere Corona-Delle erlitt als viele andere Einkaufsstraßen, sondern diese auch bislang nicht wieder aufholen konnte und sogar gegenüber 2020 weiter Besucher eingebüßt hat. Die Essen Marketing GmbH (EMG) ficht das dennoch nicht an, sie hält die Zählung für „unsauber und unseriös“, da das Maklerunternehmen „Schlüsse für die Innenstadt zieht ohne Blick auf die Gesamtentwicklung“, wie es kritisch heißt.
EMG wirft Engel und Völkers vor, ein „falsches Bild“ zu vermitteln
Es sei zu schlicht, die Attraktivität einer Stadt alleine anhand von Zahlen zu beurteilen. „So entsteht ein falsches Bild.“ Für die Statistik wurden lediglich zwei Stunden an zwei Tagen im September ausgewählt und mit Vergleichszeiträumen in 2019 und 2020 verglichen. Hinzu kamen so genannte Handzählungen durch Engel und Völkers.
Welche Datenbasis genau für Essen grundlegend war, sei nicht näher erklärt, eine detaillierte Zeitraum-Betrachtung oder Einordnung weiterer relevanter Faktoren wie zum Beispiel Wetter oder Innenstadt-Veranstaltungen habe ebenfalls nicht stattgefunden. „Wer sich ein bisschen mit Statistik auskennt, weiß, dass die Zahlen von Engels & Völkers ungeeignet sind, Standorte generell zu bewerten“, sagt EMG-Geschäftsführer Richard Röhrhoff.
Es sei zwar Fakt, dass die Frequenzen in den meisten deutschen Innenstädten in den letzten Jahren eher sanken, in Essen werde aber bereits einiges getan, um gegenzusteuern. Röhrhoff spricht von „vielen Maßnahmen zur Steigerung der Aufenthaltsqualität im Jahr 2021“. Dass eine grundsätzliche Erholung der Innenstadt allerdings noch etwas dauern werde, sollte allen klar sein, betont Röhrhoff.
EMG: Seriöse Aussage ist erst in den kommenden Jahren möglich
In den vergangenen anderthalb Jahren seien viele Menschen durch Corona verunsichert gewesen, gleichzeitig fanden im Vergleich zu 2019 fast keinerlei Veranstaltungen in der Innenstadt statt, die für hohe Frequenzen hätten sorgen können. „Eine seriöse Aussage ist eigentlich erst in den kommenden Jahren möglich. Uns jetzt anhand von wenigen Zahlen schlecht zu schreiben, kann ich nur kritisieren.“ Fakt ist indes aber auch, dass in Essen schon länger bei Passantenzählungen Rückgänge registriert werden und Essen in solchen Rankings kontinuierlich absteigt. Die Entwicklung ist also nicht neu.
Die Reaktionen des Handels und der Gastronomie zeigen laut EMG, dass der Essener Innenstadt durchaus Vertrauen entgegengebracht werde. So investiere die Koerfer Gruppe einen hohen zweistelligen Millionenbetrag in den Umbau des ehemaligen Kaufhof-Standortes am Willy-Brandt-Platz, das Hamburger Unternehmen DWI plane einen umfassenden Umbau des Eick-Hauses. Das Modehaus Anson’s sei zurück auf der Kettwiger Straße, Teufel habe seinen einzigen Store im Ruhrgebiet in Essen, und der Gastronom Alexander Brambrink investiere mit dem Rosemarie zuletzt in den Standort am Burgplatz. Die Gesamtentwicklung ist nach Ansicht der EMG auf einem guten Weg.