Essen. Essens Generalmusikdirektor Tomáš Netopil hat eine besondere Mozart-Vorliebe. Mit „Die Gärtnerin aus Liebe“ kommt nun ein Frühwerk auf die Bühne.

Musik, so heißt es, kennt keine Grenzen. Aber in Zeiten von Corona gilt auch das nur bedingt. Wenn die Entfernung zwischen der tschechischen Heimat und dem Essener Orchestergraben plötzlich zur unüberwindbaren Distanz für einen Musiker wird: Weil Grenzen auf einmal dicht sind, Flugzeuge nicht mehr fliegen und Quarantänebeschränkungen das Zusammenkommen von Philharmonikern und Dirigent erschweren oder sogar unmöglich machen. So ist Essens Generalmusikdirektor Tomáš Netopil in der Anfangszeit der Pandemie auch schon mal binnen 24 Stunden mit dem Auto von Prag nach Essen und wieder zurück gebrettert, um dem Publikum zumindest per Stream einen musikalischen Gruß in die Wohnzimmer zu schicken.

Endlich wieder eine fast normale Opern-Premiere

Monatelang hat das Orchester, wenn überhaupt, nur in kleiner Besetzung spielen können und vor wenigen Zuschauern, auf dem Programm standen ausschließlich Opernwerke im Kurzformat. Umso glücklicher sind Netopil und die Essener Philharmoniker, dass man an diesem Samstag, 2. Oktober, Mit „La finta giardiniera“ (Der Gärtnerin aus Liebe) endlich wieder eine fast normale Opern-Premiere feiern kann.

Das wegweisende Mozart-Jugendwerk gilt, anders als die späteren Opernhits wie „Don Giovanni“ oder „Figaros Hochzeit“, zwar als vergleichsweise unbekannt, doch Netopil schwärmt von diesem emotionalen Verwirrspiel, das er 2008 schon einmal im Prager Ständetheater dirigiert hat: „Ein Traumstück“. Inszeniert wird es in Essen von Netopils Landsmann, dem Musiker und Entertainer Ondřej Havelka.

Dass die „Die Gärtnerin aus Liebe“ an den Anfang der Spielzeit gerückt ist, hat noch mit Corona zu tun. Eigentlich sollte die vorletzte Spielzeit des Essener GMD mit der groß besetzten Strauss-Oper „Arabella“ starten. Doch die Unwägbarkeiten der ständig wechselnden Corona-Auflagen hatten frühzeitig für den Tausch gesorgt. Nun ist Strauss ans Spielzeitende gerückt. Und Netopil teilt seine Mozart-Begeisterung einmal mehr mit dem Essener Orchester, das für den Mozart-Abend noch einmal in etwas kleinerer Besetzung auftreten wird.

Für Tomáš Netopil ist es die vorletzte Spielzeit in Essen

Netopil spricht von vielen besonderen Musikmomenten nach langer Pandemiepause. So wurde das 1. Sinfoniekonzert der Saison Anfang September zum festlichen Ereignis wie der Auftritt im Musikpavillon des Grugaparks und das Gastspiel der Essener Philharmoniker im Concertgebouw Amsterdam, frenetisch gefeiert wie Tage zuvor das London Symphony Orchestra. Und auch wenn der international viel gefragte Netopil nur einen Teil der Spielzeit in Essen verbringt, ist da eine besondere musikalische Beziehung gewachsen. Mit keinem anderen Klangkörper zuvor habe er schließlich über eine so lange Zeit zusammengearbeitet, erklärt Netopil.

Seit 2013 führt der 46-Jährige als Nachfolger von Stefan Soltesz bei den Essener Philharmonikern den Taktstock. Doch mittlerweile liegt schon ein bisschen Abschiedsstimmung in der Luft. Die Spielzeit 2022/23 wird die letzte Saison des Tschechen in Essen sein. Dass nach dem vorzeitigen Abschied von Intendant Hein Mulders auch Netopils Vertrag nicht weiterläuft, zeichnete sich ab. Wenn es nach dem Dirigenten geht, dürfte man sich aber zumindest bei der ein oder anderen Gastvorstellung wiedersehen. Über seine weiteren beruflichen Pläne schweigt sich Netopil ansonsten noch aus.

Star-Geiger Frank-Peter Zimmermann kommt wieder nach Essen

Tickets und Termine

Die Premiere von „La finta giardiniera“ ist am Samstag, 2. Oktober, 19 Uhr, im Aalto-Theater.

Weitere Termine: 7., 17., 21., 31. Oktober; 13., 21. November; 1., 22. Dezember.

Karten (11 bis 48 Euro) sind erhältlich im Ticket-Center der TuP, II. Hagen 2, an der Aalto-Kasse, Opernplatz 10, unter Tel. 02 01 81 22-200 sowie online unter www.theater-essen.de.

Lieber spricht er von dem, was bald kommt. Das 3. Sinfoniekonzert mit einem reinem Tschaikowsky-Programm, darunter die „Pathétique“, ist für Netopil schon jetzt ein Highlight der Saison. Genauso freut sich der GMD darauf, den aus Duisburg stammenden Star-Geiger Franz-Peter Zimmerman mit Schumanns Violinkonzert wieder im Essener Konzerthaus präsentieren zu können und Mahlers gewaltige Auferstehungs-Sinfonie zusammen mit dem Prager Philharmonischen Chor auf die Bühne zu bringen. Mit der Orchestersuite von Gordon Kampe zur Oper „Dogville“ bekommt das Publikum zudem einen Vorgeschmack auf die um ein Jahre verschobene Uraufführung des Auftragswerks.

Musik zusammen zu entdecken, das sei eine wunderschöne Herausforderung, schwärmt Tomás Netopil. Und hofft darauf, dass die gemeinsame Erkundungsarbeit mit den Essener Philharmonikern in dieser Spielzeit wieder grenzenlos möglich ist.