Essen-Rüttenscheid. Über mangelnden Parkraum wird in Rüttenscheid schon lange Klage geführt. Nun gibt es einen aktuellen Anlass, warum Händler ein Parkhaus fordern.
Als Wirte im vergangenen Jahr Parkplätze für Außengastronomie nutzen durften, folgten prompt Beschwerden von Händlern, die den Verlust von Parkraum monierten. Jetzt, wo die Regelung um ein Jahr verlängert worden ist, zeigen sich die Kaufleute eher gelassen, weisen sogar auf Pluspunkte hin. Einige Inhaber haben allerdings einen dringenden Wunsch: Der Stadtteil brauche ein Parkhaus.
Wachsende Zahl von Gastronomen in Rüttenscheid greift auf Parkplätze zurück
Um Kneipen und Restaurants in der schwierigen Coronazeit zu helfen, hatte der Stadtrat bereits 2020 den Wirten die Möglichkeit eröffnet, Parkstreifen mit Tischen und Stühlen zu bestücken. Nun gilt die Regelung bis zum Herbst nächsten Jahres, wenn auch mit einigen Änderungen, beispielsweise sind die Monate von November bis Februar ausgenommen. Fortgeschrieben wird die Vorgabe, dass es sich auch in der Tat um Gastrobetriebe handeln muss. Dass Bäckereien und Metzgereien, wie es anfangs möglich war, ebenfalls die Erlaubnis bekommen konnten, war auf Kritik und Unverständnis gestoßen.
Stadtweit ist die Zahl der Wirte, die die Gelegenheit beim Schopfe gegriffen haben und auch die Erlaubnis erhielten, um 19 auf 93 angestiegen, in Rüttenscheid sind es vier neue und insgesamt 50. Sehr zum Gefallen von Modehändler Ralph Cremer. Er sieht darin eine Stärkung des Standorts Rüttenscheid und er nutze auch selbst häufiger die Möglichkeit, einen Restaurantbesuch unter freiem Himmel zu genießen. Angesichts der großen Schar weiterer Gästen handele es sich ganz offensichtlich um ein verlockendes Angebot.
Händler fordert, dass Nutzung nicht Überhand nehmen soll
Dem pflichtet Herrenausstatter Adrian Adolphs vom Grundsatz her bei, gibt aber zu bedenken, dass die Zahl der umgewandelten Parkplätze nicht überhand nehmen dürfe. Nun könne man zwar von Parkdruck an seinem Standort am nördlichen Ende der Rü kaum sprechen, aber im weiteren Verlauf der Rü werde es durchaus heftiger. Deshalb sei es zwingend erforderlich, auf ein Gleichgewicht zu achten. Wünschenswert sei darüber hinaus, dass beispielsweise an Markttagen, wenn der Rüttenscheider Markt nicht zum Parken zur Verfügung stehe, die Ordnungskräfte beim Verteilen der Knöllchen ein wenig Nachsicht üben würden.
Dass Rüttenscheid nun mal von Händlern und Gastronomen lebe, dürfe bei der gesamten Betrachtung nicht kurz kommen, betont Schmuckhändlerin Judith Martini. Die Außengastro, wie sie jetzt daherkomme, präge das Bild der Einkaufsmeile ganz entscheidend mit und bereichere die Atmosphäre. Sicherlich gehen Parkplätze verloren, sagt sie, aber der Raum werde sinnvoll genutzt. Um Ersatz zu schaffen, sollte verstärkt Planungen für ein Parkhaus vorangetrieben werden.
Regelung hält Wirten eine Hintertür offen
Keine Regel ohne Ausnahme: Falls Kneipen und Restaurant doch wieder schließen müssen, soll den Betreibern auch in den Wintermonaten, von November bis Ende Februar, die Chance bekommen, Parkplätze zu nutzen.Erlaubt ist es den Wirten ohnehin, Außengastro auf privaten Flächen, wie Gehwegen oder Innenhöfen die ganze Zeit über zu betreiben.Das Aufstellen von Heizpilzen duldet die Stadt von Anfang Oktober bis Ende März 2022.
Das befürwortet auch Rosa Crespo vom Schuhgeschäft „Salve“. Ein Teil der Kundschaft komme von weiter her, wenn nicht genügend Parkplätze bestünden, sei die Gefahr groß, dass sich die Klientel erst gar nicht auf den Weg mache. Nach Ansicht von Julia Kämpchen („Traum in Tüten“) sollte es doch möglich sein, ein solches Parkhaus zu errichten, das ganz wesentlich zur Entlastung im Stadtteil beitragen würde. Viel wäre auch gewonnen, wenn man auf die vorhandenen Parkmöglichkeiten noch besser hinweisen würde, beispielsweise die Parkhäuser an der Girardet- und der Bertoldstraße.
Kaufleute und Gastronomen sollen an einem Strang ziehen
Optikerin Ute Peterburs wiederum gesteht offen ein, anfangs ein wenig erschrocken gewesen zu sein, als sie gehört habe, Parkplätze sollten zu Gunsten von Außengastro verschwinden. Sie habe zwar zwei Parkplätze vor der Ladentür, die von keinem Gastrobetrieb genutzt würden, aber habe schon Sorge gehabt, dass Kunden ausbleiben könnten, weil sie keinen Platz für ihren Wagen finden. Kunden wiederum waren es aber auch, die sich äußerst angetan von der Lösung zeigten. „Das liegt wohl vor allem auch daran, dass sich die meisten Leute immer noch nicht so gern in Innenräumen eines Restaurants aufhalten, sondern lieben draußen sind.“ Ähnlich wie Judith Martini ist sie fest überzeugt, dass Händler und Wirte an einem Strang ziehen müssen, erst recht in Zeiten wie diesen.
Auch interessant
Einen wesentlichen Vorteil sehen befragte Händler auch in einer Änderung des Regelwerks: Von Anfang November bis Ende Februar stehen die Parkbuchten Wirten nicht zur Verfügung. In der kalten Jahreszeit dürfte das Interesse eher gering sein und auch Heizpilze würden wenig ausrichten können. Zudem ist die Vorgabe auch ein Zugeständnis an die Händler, denn in die Monate fällt das Weihnachtsgeschäft, in vielen Branchen macht das bis zu einem Drittel oder sogar die Hälfte des Jahresumsatzes aus.
Regelung ist für Gastronomen „goldwert“
Ohne die Parkplatzregelung sehe es wiederum für manche Gastronomen düster aus. Baki Salihu von der Rü-Imbisserie beispielsweise nutzt zwar nur noch eine Stellfläche statt wie früher zwei, doch der Platz sei goldwert, die meisten Kunden würden sich nun mal lieber draußen aufhalten. Diese Erfahrung kann Patrick Ampütte nur bestätigen. Die Leute wollen, wenn es eben möglich ist, raus. Dafür habe er auch volles Verständnis. Nach seiner Ansicht hat die Ausweitung der Außengastro ohnehin der Meile gut getan und bereichere das Flair.
Ilona Hiegemann vom Wirtshaus Rü hat zwar erst vor wenigen Wochen mit der Nutzung eines Stellplatzes begonnen, aber weder sie noch die Gäste möchten das Angebot missen. Wirtschaftlich, das höre sie auch von Kollegen, sei die Regelung ein wichtiger Faktor und manch ein Besucher fühle sich in Corona-Zeiten drinnen nicht mehr so richtig wohl. Und wenn es draußen etwas kühler wird, dann werden hier und anderswo eben Decken verteilt.
Elektronisches Parkleitsystem für Rüttenscheid wird teuer
Den Vorstoß, ein Parkhaus an der Martinstraße in Form einer Mobilstation (unter anderem mit Verleih von E-Bikes, Carsharing) zu errichten hat Rolf Krane, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Rüttenscheid (IGR), schon mehrfach unternommen. Dazu führte er auch bereits Gespräche mit dem Oberbürgermeister. Da brauche man sicherlich einen langen Atem, sagt Krane und vor allem von Westnetz, das dort die nahe gelegene Trafostation betreibt, und vor allem einen Investor, der die Pläne umsetze.
Die Chancen, das Parkleitsystem, von der IGR einst mit rund 10..000 Euro finanziert, zu verbessern, sind nach seinem Dafürhalten begrenzt. „Es gibt bereits 24 Hinweisschilder.“ Die könne man sich durchaus größer wünschen, sei aber an rechtliche Vorgaben der Straßenverkehrsordnung gebunden. Mit Billigung der Stadt seien zudem jetzt vorübergehend zusätzliche Banner an der Rü-Brücke aufgehängt worden.
Eine elektronische Ausstattung von Schildern, die die Belegung der bestehenden Parkhäuser anzeigen, sei technisch sehr aufwendig und auch teuer. Das gelte auch für die Idee eine Tafel zu installieren, die anzeigt, ob der Parkplatz P2 durch Messebesucher belegt ist. Hier sollen Schätzungen zufolge die Kosten bei 15.000 bis 20.000 Euro liegen.