Essen. Essens FDP hält die Sicherheitslage am Salzmarkt für prekär und fordert Konzepte gegen Vermüllung und Vandalismus. Was Stadt und Polizei sagen.
Den meisten City-Gängern dürfte der Salzmarkt als der wohl schönste Innenstadt-Platz Essens gelten - größer könnte der Kontrast wahrlich nicht sein, wenn Besucher die nackte Weite des eher zweckmäßig gestalteten Kennedyplatzes in Richtung des Hauses der Evangelischen Kirche verlassen, um gleich nebenan unter dichtem Baumgrün durchzuatmen. Das nahezu idyllisch beschattete Großstadtambiente lädt einfach zum Verweilen ein - besonders im Sommer.
Doch das Blatt scheint sich zu wenden, die einmalige Aufenthaltsqualität unter den mächtigen Platanen droht mehr und mehr Schaden zu nehmen, warnt jetzt die FDP-Fraktion im Rat der Stadt. Neue Gastronomie und mehr Besucher sorgen offenbar für einen immer schmaler werdenden Grat zwischen gewünschter Belebung der Innenstadt auf der einen und unerwünschten Begleiterscheinungen auf der anderen Seite. Die Beschwerden nehmen zu, sagt jedenfalls Hans-Peter Schöneweiß, Chef der FDP-Ratsfraktion, der die Entwicklung auf dem Salzmarkt mit Sorge sieht und politisch diskutiert wissen will.
Auf dem Salzmarkt in der Innenstadt sollen auch Corona-Regeln ignoriert werden
„Allgemeine Sicherheit in der nördlichen Innenstadt rund um den Salzmarkt“ titelt ein aktueller Antrag der Rats-Liberalen für den Ordnungsausschuss, in dem die Stadtverwaltung aufgefordert wird, ein Konzept zu entwickeln, um „die nicht mehr haltbare Sicherheitssituation im Umfeld der nördlichen Innenstadt rund um den Salzmarkt zu beheben“.
„Besonders in den Abendstunden und an den Wochenenden ist die Situation vor Ort kaum noch tragbar“, sagt Schöneweiß: „Bis zu 500 Besucher halten keinen Abstand und die Coronaregeln nicht ein“, außerdem werde regelmäßig „massiv gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen“, die nicht geahndet würden. „Die Politessen gehen nicht dahin und sparen den Bereich aus, weil sie sonst verbal angegriffen werden.“
Dazu komme zunehmend Vandalismus und Vermüllung, will die FDP nach massiven Beschwerden von Bürgern wissen. Von wegen Ambiente: So entstünden Angsträume, warnt Schöneweiß, „schon jetzt trauen sich gerade ältere Personen gar nicht mehr in das Umfeld des Salzmarktes“.
FDP: Regeln am Salzmarkt bis mindestens 24 Uhr mit Ordnungskräften durchsetzen
Vor diesem Hintergrund fordert die FDP ein konsequentes Durchgreifen und regelmäßige Einsätze der Ordnungskräfte und zwar über das bisherige Maß hinaus: „Sie haben zwar bis 22 Uhr Dienst, sind aber nur bis 20 Uhr auf der Straße“, kritisiert der Fraktionschef. Schöneweiß fordert die Verwaltung auf, „dafür zu sorgen, dass bis mindestens 24 Uhr und auch an den Wochenenden Anordnungen und Bestimmungen durchgesetzt werden“. Dieses könne beispielsweise durch flexiblere Dienstzeiten der Einsatzkräfte und in enger Zusammenarbeit des kommunalen Ordnungsdienstes, der Polizei und der Verkehrsüberwachung geschehen.
Der zuständige Ordnungsdezernent Christian Kromberg will erst im kommenden Ordnungsausschuss im Detail auf den Vorstoß der Liberalen eingehen, lässt aber schon jetzt durchblicken, dass man sich schwertue, mit dem jetzigen Personalbestand die Kontrollzeiten auszuweiten. Da der Kommunale Ordnungsdienst aber weiter aufgestockt werde, sei man in Zukunft dazu schon eher in der Lage. Grundsätzlich gebe es Störungspotenzial am Salzmarkt und man werde dort auch des Öfteren tätig - nicht zuletzt im Rahmen der regelmäßigen Kontrollen gegen die Clan-Kriminalität im Schulterschluss mit der Polizei Essen.
Polizei stellt kein erhöhtes Anzeigenaufkommen am Salzmarkt fest
Aus der Polizeiinspektion Mitte, die fußläufig 200 Meter vom Salzmarkt entfernt liegt, heißt es: Ja, es gebe regelmäßige Parkverstöße wie auch Vermüllung und Verunreinigungen. Doch im Vergleich zu anderen Innenstadtplätzen sei „kein erhöhtes Anzeigenaufkommen, auch nicht wegen Verstößen gegen die Coronaschutzverordnung festzustellen“, sagt Polizeisprecherin Sylvia Czapiewski: „Es gibt aus polizeilicher Sicht keine Auffälligkeiten“. Und trotz der „gewissen Lautstärke“, für die hunderte Gäste sorgen, liegen der Polizei „keinerlei Beschwerden über Lärmbelästigungen“ vor.
Die letzte Straftat, die der Behörde in der jüngeren Vergangenheit bekannt geworden sei, datiert vom 10. Dezember 2019. Ein Streit bis aufs Messer um einen der raren Tische in einem überaus beliebten Restaurant am Salzmarkt sorgte im Schatten des damaligen Weihnachtsmarkts für einen mehrstündigen Großeinsatz der Polizei. Ein Syrer aus Altenessen wurde später als mutmaßlicher Angreifer identifiziert und wegen versuchten Totschlags vor Gericht gestellt.