Essen. Die Stadt fragt ab: Wie gut lässt sich Essen zu Fuß durchqueren? Diese Gefahren sehen Experten und Fußgängerinnen in der Stadt.

Manche fahren auf dem E-Scooter, andere mit dem Rennrad und wieder andere im SUV durch das Essener Stadtgebiet. Doch jede und jeder ist auch mal zu Fuß unterwegs und auf einen sicheren Fußverkehr angewiesen. Um die Situation von Fußgängerinnen und Fußgängern zu verbessern, führt die Stadt als eine von zwölf Kommunen den „Fußverkehrs-Check“ des Landes NRW durch.

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Am 22. September wollen Experten gemeinsam mit Bürgern auf zwei Routen fehlende Straßenschilder oder gefährliche Fußgänger-Überwege identifizieren – von der Innenstadt in die Nordstadt sowie quer durch Holsterhausen.

„Fußverkehrs-Check“ startet im Burggymnasium Essen

Zur Vorbereitung des „Fußverkehrs-Check“ lud die Stadt am Dienstag in die Aula des Burggymnasiums ein. Rund 40 Freiwillige, die sich für den Essener Fußverkehr einsetzen, kamen zu dem Auftakt-Workshop – so auch Karl-Heinz Webels, Vorsitzender der Verkehrswacht Essen, der insbesondere Kinder und ältere Fußgänger in den Blick nimmt.

„Wir haben ein großes Problem mit dem Thema Rücksichtnahme,“ sagt Webels. Einige Verkehrsteilnehmende seien nur noch über Bußgelder erreichbar. „Ein Beispiel: Früher konnten Fußgänger in Freisenbruch auf Feldwegen ganz ungefährlich spazieren gehen – jetzt muss man aufpassen, nicht umgefahren zu werden.“

Fußgänger gerieten häufig in den Konflikt mit Radfahrern, so Webels. „Radfahrer haben ihrerseits Angst vor Autofahrern und weichen daher manchmal auf die Gehwege aus.“

Diesen Eindruck teilen auch einige Essener Leserinnen und Leser, wie ein kurze Umfrage auf der Facebook-Seite dieser Redaktion zeigt. „Insbesondere stören (mich) die Fahrrad- und Scooter-Rambos in Fußgängerzonen und auf den Wald- und Seespazierwegen,“ schreibt Martina. „Viele Radfahrer wissen nicht, wofür eine Klingel am Lenker montiert ist oder warum es gefährlich ist, Radwege entgegen der Fahrtrichtung zu nutzen,“ kommentiert Nutzer Chris.

Facebook-Nutzerin weicht mit Kinderwagen auf die Straße aus

Doch auch die Behinderung durch andere Verkehrsteilnehmende scheint ein Problem im Essener Fußverkehr zu sein. „Oft sind die Fußwege so zugeparkt, dass man mit dem Kinderwagen nicht daran vorbei kommt und auf die Straße ausweichen muss,“ schildert Nutzerin Britta. Andere Leserinnen und Leser halten den Zustand einiger Radwege für problematisch: So beklagt Jennifer „aufgebröselte, sehr geneigte Gehwege in Heisingen“ sowie Pflanzen, die in die Bürgersteige ragen – „egal ob aus Privatgärten oder von der Stadt“.

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Nutzer Michael kritisiert dagegen die Ampelschaltungen: „Was mich als Fußgänger am meisten stört, sind neben den obligatorischen Falschparkern auf den Gehwegen die langen Rotphasen bei den Fußgängerampeln.“ Im innerstädtischen Bereich müsse er häufig minutenlang warten, bis er die Straße überqueren könne, „und man steht oft an mehreren Ampeln, ehe man eine Kreuzung passiert hat“.

Nach einem selbst durchgeführten Fußgängercheck in Altenessen kann Wolfgang Packmohr von Fuss e.V. den Eindruck der Facebook-Nutzerinnen und -Nutzer bestätigen. „In erster Linie haben wir das Problem, dass überall im Stadtgebiet Autos auf Gehwegen parken,“ kritisiert der Ortsgruppensprecher des Vereins, „Es müssen da endlich Parkkonzepte erstellt werden.“ Gerade für Kinder seien diese Sichtbehinderungen durch parkende Autos ein Problem: „Kinder können die Straße nicht einsehen und werden nicht gesehen – das hat fatale Folgen.“

Boden-Streifen für Blinde werden zugeparkt

Menschen, die mit Rollatoren oder in Rollstühlen unterwegs sind, hätten zudem das Problem, dass Autos auf den notwendigen Bordstein-Absenkungen parken. „Auch die sogenannten ,taktilen Streifen’ für Blinde mit diesen Noppen werden zugeparkt,“ beklagt Packmohr.

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Laternen in der Mitte des Bürgersteigs. Herausstehende Bodenplatten. Mülltonnen und E-Scooter, die den Weg versperren. Wolfgang Packmohr hält auch den Zustand mancher Gehwege für problematisch, insbesondere für Rollator-Nutzerinnen und -Nutzer.

Mit vier bis fünf Kilometern pro Stunde seien Fußgänger die langsamsten Verkehrsteilnehmenden und benötigten daher mehr Querungsmöglichkeiten, insbesondere an Hauptstraßen. „An der Steeler Straße muss man teilweise einen Kilometer zur nächsten Fußgängerampel laufen,“ sagt Packmohr. „In einer alternden Gesellschaft, in der Rollator-Fahrer vielleicht zwei Kilometer pro Stunde schaffen, müssen außerdem die Ampelzeiten dringend verlängert werden.“

Wolfgang Packmohr hofft, die Erkenntnisse aus dem „Fußverkehrs-Check“ münden in einer Fußverkehrsstrategie. „Wir sind schließlich alle Fußgänger.“