Essen. In der Corona-Krise erledigen mehr Kunden auch in Essen ihre Bankgeschäfte online. Die Kehrseite: Das Filialnetz der Banken schrumpft weiter.

Die Corona-Krise hat auch in Essen dem Online-Banking einen enormen Schub gegeben. Da wegen der Pandemie viele Bank-Filialen zwischenzeitlich geschlossen waren und teilweise gar nicht wieder öffneten, haben mehr Menschen gelernt, ihre Bankgeschäfte auch online am Computer bzw. am Smartphone zu erledigen. Die Kehrseite dieser Entwicklung: Die Corona-Krise beschleunigt das Filialsterben.

Bei der Commerzbank Essen beispielsweise stiegen die Nutzerzahlen der Bank-App im vergangenen Jahr um 33 Prozent. In Essen verwenden damit über 11.100 Personen das mobile Banking auf dem Smartphone. Das ist etwa jeder neunte Kunde, dabei sind diejenigen mit Online-Zugängen (PC) nicht mitgerechnet.

„Das ist ein deutlicher Beweis, dass es ein großes Interesse für digitale Finanzdienstleistungen gibt“, sagte André Lorenzen, Niederlassungsleiter Privat- und Unternehmerkunden in Essen. Die Bank entwickle daher ihre App stetig weiter. Seit Juli 2020 könnten Kunden zum Beispiel auch Wertpapiere per Smartphone kaufen oder verkaufen.

Commerzbank gewinnt immer mehr neue Kunden online

Wenn es um die Gewinnung von Neukunden geht, hätten vor Corona die Filialen die entscheidende Rolle gespielt. Das habe sich verändert. Mit der Pandemie spielten digitale Kanäle auch hier eine immer größere Rolle, betonte Lorenzen. Jeder dritte Neukunde sei 2020 bereits online zur Commerzbank gekommen. Das mag auch damit zusammenhängen, dass das Geschäft in den Filialen deutlich eingeschränkt war. Zwischenzeitlich hatte die Commerzbank bis auf die Hauptstelle in der Lindenallee alle Geschäftsstellen im Stadtgebiet geschlossen.

Wie bei der Commerzbank werden auch die Kunden der Deutschen Bank in Essen digitaler. Die mobile App der Bank sei mittlerweile der am meisten genutzte digitale Zugangsweg zur Bank; sie verzeichnete vergangenes Jahr einen Zuwachs bei den Nutzer- und Zugriffszahlen von 35 Prozent. Mit einem ähnlich hohen Zuwachs rechnet sie in diesem Jahr.

Darüber hinaus habe sich bei den privaten Kunden in Essen neben der Filiale vor allem die Videoberatung für klassische Bankprodukte wie Konto, Privatkredit oder die Baufinanzierung etabliert. Kunden könnten auf diese Weise ein persönliches Gespräch mit dem Bankberater per Video auch außerhalb der Öffnungszeiten der Filiale führen.

Deutsche Bank setzt verstärkt auf Video- und Telefonberatung

Die Kunden seien gegenüber digitalen Zugangswegen offen. So schloss das regionale Beratungscenter der Bank in Essen im vergangenen Jahr 24 Prozent mehr Verträge über Video und Telefon ab, teilte die für das Privatkundengeschäft verantwortliche Stefanie Heberling mit.

Während Corona die Digitalisierung im Bankengeschäft vorantreibt, dünnen die Banken ihr Filialnetz weiter aus. Das ist zwar nicht erst seit Corona so, aber die Pandemie beschleunigt diese Entwicklung. So war am Freitag bekannt geworden, dass die Deutsche Bank in Essen ihr Filialnetz bis Ende des Jahres halbieren wird. Von heute acht werden nur noch vier Geschäftsstellen bestehen bleiben. Geschlossen werden: Borbeck, Altenessen, Heisingen und Werden. Weiter geführt werden: Rüttenscheid, Steele, Innenstadt und Bredeney. Ob an den betroffenen Standorten Selbstbedienungszonen bleiben, werde noch geprüft, so ein Sprecher.

Auch bei Commerzbank weiterer Filialabbau nicht ausgeschlossen

Auch bei der Commerzbank ist ein weiterer Filialabbau nicht ausgeschlossen. Bundesweit sollen in den kommenden drei Jahren 340 Zweigstellen dicht gemacht werden. Ob und wie das Essen betrifft, dazu wollte sich die Bank nicht äußern. Lorenzen verwies dabei auf die noch laufenden Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern.

Bereits im vergangenen Jahr hatte die Bank zwei ihrer damals zehn Filialen im Stadtgebiet geschlossen. Die Standorte in Bredeney und in Werden hatten nach der coronabedingten Schließung erst gar nicht mehr aufgemacht. Lorenzen verteidigte den Ausbau des Digitalgeschäfts, der das Sterben der Filialen beschleunigt: „Das entspricht dem Kundenwunsch. Wir als Bank müssen dem Kunden die Möglichkeiten bieten.“