Essen. Das Hengsbach-Haus und der Garten sollen Denkmalschutz erhalten. Warum sich der „Arbeitskreis Essen 2030“ und Bezirkspolitiker dies wünschen.

Die Nachricht kam Anfang Februar: Das Bistum Essen wird das Kardinal-Hengsbach-Haus in Werden schließen. Die Bildungs- und Tagungsarbeit für Erwachsene soll künftig in der katholischen Akademie in Mülheim konzentriert werden. Konkrete Pläne für die künftige Nutzung des Areals gibt es laut Bistum noch nicht. Da aber auch ein Verkauf möglich ist, sind nicht nur die Bürger im Stadtteil hellhörig geworden. Der „Arbeitskreis Essen 2030“ und Bezirkspolitiker setzen sich für eine Unterschutzstellung des Gebäudes aus dem Jahr 1959 sowie der Gartenanlagen ein. Eine erste Prüfung des Denkmalamtes ist bereits erfolgt.

„Nach rund 50 Jahren kirchlicher Nutzung gehört das markante Gebäudeensemble zum Ortsbild von Werden und zur Kirchengeschichte an der Ruhr. Das nach den Plänen des namhaften Architekten Fritz Schaller errichtete Kardinal-Hengsbach-Haus verweist mit seinem Kupfer gedeckten Oktogon der Seminarkapelle auf den achteckigen Vierungsturm der Werdener Basilika St. Ludgerus“, begründet Hilde Hess-Steinhauer, Mitglied der Grünen in der Bezirksvertretung IX, einen Antrag auf Denkmalschutz, den ihre Fraktion in der Gremiumssitzung am 22. März stellen werden.

Flügelbauten mit den drei Innenhöfen als Ensemble erhalten

Das Teehaus der Familie Hirschland ist noch erhalten.
Das Teehaus der Familie Hirschland ist noch erhalten. © Norbert Fabisch

„Das Oktogon antwortet auf den Vierungsturm, dem historischen sakralen Zentrum des Ortes“, hebt auch Johannes von Geymüller vom „Arbeitskreis Essen 2030“ hervor. Der Kölner Architekt Fritz Schaller habe zahlreiche Sakralbauten entworfen und umgesetzt, darunter viele bekannte in den Bistümern des Rheinlandes. Unter anderem gestaltete er die Domplatte in Köln und die Kirche St. Rochus in Düsseldorf. Auch als Schöpfer des Bad Segeberger Kalkbergstadions (seit 1952 Bühne der Karl-May-Spiele) fand der Architekt internationale Anerkennung.

Die nach Kardinal Franz Hengsbach benannte Bildungsstätte in ihrer jetzigen Form zu erhalten, ist Geymüller ein Anliegen. „Die Denkmalschützer des Landschaftsverbandes haben sich schon vor einigen Jahren mal die Kapelle angesehen und als schutzwürdig eingestuft. Aber ohne die Flügelbauten mit den drei Innenhöfen ist das Ensemble in seiner Architektursprache nicht denkbar.“ Deshalb sei der Komplex als Ganzes neu zu betrachten.

Teile des einstigen japanischen Gartens wurden kürzlich freigelegt.
Teile des einstigen japanischen Gartens wurden kürzlich freigelegt. © Norbert Fabisch

Johannes von Geymüller, selbst in Werden ansässig, ist deshalb mit dem Generalvikariat im Gespräch – und mit der Stadt Essen. „Wir als Arbeitskreis begleiten den Prozess, der jetzt angestoßen wurde, sehr eng.“ Auf Anregung des Essener Denkmalamtes werde die Denkmalwürdigkeit geprüft. Die Oberbehörde in Brauweiler habe das Prüfverfahren in der Hand. Ein erster Ortstermin habe Ende Februar stattgefunden.

Zeugnisse der dort einstmals lebenden jüdischen Familie Hirschland

Das Kardinal-Hengsbach-Haus, das zunächst als bischöfliches Priesterseminar, später als Tagungsort und Sitz der Diözesanbibliothek diente, ist aber nur ein Teil des Areals. Zur Geschichte dieses Ortes gehört auch der Garten mit seinem Kutschengebäude und dem Teehaus – Zeugnisse der einstmals dort lebenden jüdischen Familie Hirschland.

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Der Werdener Historiker Norbert Fabisch forscht schon seit längerem über die Bankiersfamilie und insbesondere über Georg Hirschland, der ein internationales Bankhaus leitete, im Aufsichtsrat bedeutender Unternehmen saß und Vorsitzender der jüdischen Gemeinde in Essen war. Dem Folkwang Museum Essen sind bedeutende Werke zu verdanken, die Hirschland als Kunstmäzen finanzierte.

Berliner Architekt gestaltete Gartenanlage im japanischen Stil

Noch grob zu erkennen ist die einstige Struktur der Bonsai-schalenförmigen Bauminsel. Das Gartengelände reichte bis zur Straße hinunter.
Noch grob zu erkennen ist die einstige Struktur der Bonsai-schalenförmigen Bauminsel. Das Gartengelände reichte bis zur Straße hinunter. © Norbert Fabisch

Auf dem Gelände des heutigen Hengsbach-Hauses stand bis 1964 die Villa Franzenshöhe. Das imposante Gebäude hoch über dem Ruhrtal wirkte wie eine kleinere Ausgabe der Villa Hügel. Der Bankier ließ das Gebäude 1923 umfangreich sanieren, es firmierte dann unter dem Namen Villa Hirschland. Die Familie lebte dort bis zur Emigration in die USA im Jahr 1938.

„Ein bekannter Berliner Gartenarchitekt gestaltete neben dem Teehaus eine kleine und feine japanische Gartenanlage. Es gab eine Bonsai-schalenförmige Bauminsel, umspielt von Wasser, das über eine kunstvolle Kaskade hineinfloß“, beschreibt Fabisch das Ambiente. Teile dieser großen Anlage, die auch ein Schwimmbad beinhaltete, seien vor kurzem wieder freigelegt worden.

„Der Kutschenhof ist bereits ein anerkanntes Denkmal, das Teehaus und der japanische Garten sollen ebenfalls unter Schutz gestellt werden, um der Familie Hirschland und ihrem Wirken für die Stadt Essen Anerkennung zu zollen“, sagt der pensionierte Geschichtslehrer. Damit steht er nicht allein. Auch der „Arbeitskreis Essen 2030“ setzt sich für eine Denkmalwürde bezogen auf das gesamte Areal ein.

Folkwang Universität und Internationale Schule sind interessiert

Der Antrag der Grünen-Fraktion in der BV IX verfolgt auch dieses Ziel: „Zur Historie des angrenzenden Parks und Geländes gehört zudem die Erinnerung an jüdische Geschichte in Werden: Hier lebte die Familie Hirschland, die sich sehr für soziale und kulturelle Projekte in Essen engagierte. Mit unserer Initiative in der Bezirksvertretung möchten wir frühzeitig für eine denkmalkonforme Nachnutzung sensibilisieren und werben.“

Bezirksvertretung tagt

Die Sitzung der Bezirksvertretung IX findet am 22. März ab 14 Uhr im großen Saal des Rathauses Essen statt. Publikum ist auf der Empore gestattet.

Die Grünen fragen in ihrem Antrag die Verwaltung nach der Denkmalwürdigkeit des Ensembles und dem Erhalt des Baumbestandes auf dem Hengesbach-Areal. Zudem ist die mögliche Nutzung durch die Folkwang-Uni ein Thema.

In der Traditionslinie sehr gut vorstellbar erscheint den Grünen eine Nutzung durch die in Werden seit langem heimische Folkwang Universität der Künste. Ob das Ensemble alternativ auch für eine Hotelnutzung in Frage käme, bleibe zu prüfen. In Verbindung mit dem angrenzenden Park ergebe sich in jedem Fall eine grüne Achse zwischen dem süd-westlich angrenzenden Naturschutzgebiet „Helmesberg“ und dem Ruhrtal. „Diese Chancen eines Begegnungsortes mit historischem Charakter und im Grünen gilt es zu ergreifen“, heißt es in dem Antrag.

Johannes von Geymüller weiß, dass sich auch die Internationale Schule für eine Nutzung interessiert. „Die Schule sucht schon seit längerem nach einem neuen Standort, um sich zu vergrößern.“ Noch seien keine Entscheidungen gefallen, alle Optionen offen. „Wir warten jetzt auf das Ergebnis der Prüfung des Denkmalamtes in Brauweiler.“