Essen-Werden. Vor dem Geschichts- und Kulturverein berichtet Norbert Fabisch über das Wirken des Bankiers Georg Hirschland in Essen. Hier einige Einzelheiten.

Er leitete erfolgreich ein internationales Bankhaus, saß im Aufsichtsrat bedeutender Unternehmen, war Vorsitzender der jüdischen Gemeinde in Essen und hat als Kunstmäzen viel bewirkt: Georg Hirschland. Der Historiker Norbert Fabisch widmet sich in einem Vortrag vor dem Geschichts- und Kulturverein am 11. Februar Hirschlands Wirken und legt den Fokus auf die Villa Franzenshöhe.

Das imposante Gebäude hoch über dem Ruhrtal existiert schon seit über fünf Jahrzehnten nicht mehr. 1964 wurde das Wohnhaus, das wie eine kleinere Ausgabe der Villa Hügel wirkte, abgerissen.

Heute steht dort das Kardinal-Hengsbach-Haus

„Wer sich heute auf dem Gelände des Bischöfliches Tagungszentrums in Werden befindet, wird kaum mehr Spuren der Villa Hirschland beziehungsweise Franzenshöhe finden“, sagt Norbert Fabisch, der für seine Forschungen natürlich auch das Kardinal-Hengsbach-Haus aufsuchte. „Es gibt nur einige Überreste. Der Kutschenhof und das Teehaus sind noch gut zu erkennen. Die Umrisse des japanischen Gartens mit dem Schwimmbad darin kann man dagegen nur noch erahnen“, berichtet der Geschichtslehrer, der sich seit fast einem Jahr mit der Geschichte der Bankiersfamilie befasst.

Die Villa Franzenshöhe hoch über dem Ruhrtal wirkte wie eine kleine Ausgabe der Villa Hügel.
Die Villa Franzenshöhe hoch über dem Ruhrtal wirkte wie eine kleine Ausgabe der Villa Hügel. © Stadtarchiv Essen

„Die Villa befand sich in einem Dornröschenschlaf, als Georg Hirschland sie 1923 kaufte“, sagt Fabisch. Der Privatbankier ließ Haus und Park aufwendig modernisieren. „Ein bekannter Berliner Gartenarchitekt gestaltete neben dem Teehaus eine kleine und feine japanische Gartenanlage. Es gab eine Bonsai-schalenförmige Bauminsel, umspielt von Wasser, das über eine kunstvolle Kaskade hineinfloß. Wenn man heute im Garten steht, kann man die Reste dieser Bauminsel noch sehen.“

Das Teehaus war ein beliebter Aufenthaltsort

Das Teehaus mit seinen großen Fenstern sei ein beliebter Aufenthaltsort für den Bankier gewesen, so Fabisch. „Dort war er eben auch mal Privatmensch.“ Ein Pfauenhaus, ein kleiner Ausschichtsturm, der wohl als Wasserspeicher diente, Gewächshäuser und ein Tennisplatz gesellten sich zum Teehaus hinzu. Die Gesamtfläche des Grundstücks betrug wohl 44.000 qm, hat der Forscher anhand alter Pläne herausgefunden.

Das Gebäude des einstigen Kutschenhauses gibt es noch.
Das Gebäude des einstigen Kutschenhauses gibt es noch. © Norbert Fabisch

Auch für die Umbauten des Hauses wurden keine Kosten und Mühen gescheut. Georg Metzendorf, der Architekt der Margarethenhöhe, wurde beauftragt. Er gestaltete das Anwesen im Stil der neuen Sachlichkeit und entwarf selbst die Schlafzimmereinrichtung.

Von 1924 bis 1938 lebte Georg Hirschland mit seiner Familie in der Werdener Villa. Das Haus erlebte Zeiten einer wirtschaftlichen Blüte, als das Bankhaus nach den Wirren der Inflation der Ruhrindustrie mit amerikanischen Krediten wieder auf die Beine half. Es erlebte aber ebenso schwere Zeiten: 1933 fand auf Initiative von Georg Hirschland in dem Wohnhaus die Gründungsversammlung der Reichsvertretung der deutschen Juden statt, um dem staatlichen Antisemitismus ein geschlossenes Auftreten der deutschen Juden entgegen zu setzen.

Die Veranstaltung

Der Vortrag findet am Dienstag, 11. Februar, um 19.30 Uhr in der Aula des Gymnasiums Werden, Grafenstraße 9, statt. Veranstalter sind der Geschichts- und Kulturverein Werden und der Bürger- und Heimatverein.

Parkplätze sind in der Nähe des Gymnasiums an der Joseph-Breuer-Straße zu finden. Der Eintrittspreis für Nichtvereinsmitglieder beträgt fünf Euro, ermäßigt zwei Euro.

1938 Übergabe an das Bankhaus Burkhardt & Co.

Zuletzt erlebte die Villa erregte Debatten darüber, wie die Familie sich gegen die Enteignung wehren könnte. Aber Einfluss und Reichtum halfen den Hirschlands nicht, sich der NS-Verfolgungspolitik zu entziehen. 1937 bezeichnete die Gestapoaußenstelle Essen die Bank als „Mittelpunkt der jüdischen Finanzherrschaft im Ruhrgebiet“ und warf ihr „Unregelmäßigkeiten“ und „krumme Dinger“ vor. Die Familie musste das Unternehmen aufgeben: Die Bank wurde 1938 in das Bankhaus Burkhardt & Co. überführt (heute Trinkhaus & Burkhardt). Hirschlands emigrierten in die USA. Darüber und noch einiges mehr zur Familie Hirschland wird Norbert Fabisch berichten.

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