Essen-Altenessen-Süd. Die Awo zieht in die ehemalige Aldi-Filiale in Altenessen-Süd und stellt die Pläne vor. Zuletzt beschäftigten Kündigungen den Verband.

Dort, wo vorher Wurst, Wein und Waschmittel verkauft wurden, findet im kommenden Jahr die Awo ihr neues Zuhause. Derzeit ist der Wohlfahrtsverband im Norden an verschiedenen Standorten aktiv. Im März 2022 ziehen Jugendhilfenetzwerk, Schulsozialarbeit, Aktionsbündnis sicheres Altenessen und das Zentrum 60 plus International in die ehemalige Aldi-Filiale an der Krablerstraße. Gute Nachrichten für die Awo, zuletzt ging es auch um umstrittene Kündigungen.

Noch sieht es dort nicht sehr einladend aus: Die Eingangstüren sind mit Sperrholzplatten verbarrikadiert, in der Schaufensterscheibe klafft ein kreisrundes Loch. Auf dem Boden vor dem Gebäude liegen Scherben, gebrauchte Masken und Müll. In den kommenden zwölf Monaten soll die Fläche jedoch für die Awo aufpoliert werden. Aldi finanziert dem Wohlfahrtsverband den Umbau der 1000 Quadratmeter großen Fläche, die seit zwei Jahren leer steht.

18 Büros, Gruppen- und Besprechungsräume in Essener Aldi-Filiale

„Das ist ein zukunftsweisender Weg, um die soziale Arbeit in der Stadt nach vorne zu bringen. Ich bin froh und dankbar, dass wir das hier auf den Weg bringen können“, erklärt Oliver Kern, Geschäftsführer des Kreisverbandes, der zuletzt nach dem Rauswurf eines Referatsleiters und der Kündigung eines langjährigen Sozialarbeiters eher mit schlechten Nachrichten zu kämpfen hatte.

So schäbig die Außenansicht derzeit auch ist, desto aufgeräumter präsentieren sich die beiden, insgesamt 1000 Quadratmeter großen, Innenräume: Das ehemalige Lager und die Verkaufsfläche. Entkernt ist die Immobilie bereits, an den Wänden hängen große Pläne, auf denen deutlich wird, was sich Aldi-Ingenieurin Barbara Bause und Awo-Architekt und Leiter der Liegenschaftsabteilung, Peter Sager ausgedacht haben - unter Beteiligung des Awo-Teams.

Der ehemalige Aldi-Mark an der Krablerstraße wird für die Awo umgebaut. Die Wohnungen über dem Lager bleiben erhalten.
Der ehemalige Aldi-Mark an der Krablerstraße wird für die Awo umgebaut. Die Wohnungen über dem Lager bleiben erhalten. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

„Dass man als Nutzer mitplanen kann ist selten, aber sehr hilfreich“, betont Andreas Klink, Leiter des Awo-Jugendhilfenetzwerks. Sein Team ist erst im Februar von Katernberg in den Teilungsweg nach Altenessen umgezogen und ist schon jetzt „voller Vorfreude“ auf das nächste Mal Kartons packen.

18 Büros, mehrere Gruppen- Besprechungs- und Begegnungsräume, Platz für Begegnung und für Ruhe: „In guten Räumen können die Menschen auch gute Arbeit leisten“, so das Credo von Oliver Kern. An ihren Computern sitzen werden dann die Mitarbeiter der Schulsozialarbeit und Lernförderung - bisher an der Stauderstraße tätig, das Aktionsbündnis sicheres Altenessen, und der Quartiershausmeister.

Zentrum 60 plus International bekommt eigenen Eingang

Das ehemaligen Lager nutzt in Zukunft das Zentrum 60 plus International mit einem separaten, barrierefreien Eingang: „Damit nicht alle durch die ganze Bürolandschaft spazieren müssen“, so Kern. Mehrere Gruppenräume und ein Büro sollen beste Bedingungen Begegnungen, Bildungs- und Informationsangebote, Gruppentreffen sowie Beratungen bieten. Bisher war das Team an der Altenessener Straße 392 in einem Mietshaus untergebracht. Dort gab es laut Kern immer wieder Ärger mit den Nachbarn. Durch die Zusammenführung der unterschiedlichen Bereiche würden alle profitieren, hätten sie doch sowieso immer wieder miteinander zu tun.

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Die Fassade bekommt bodentiefe Fenster und wird aufgehübscht. Auch das Außengelände soll für die Gruppen nutzbar gemacht werden. „Mit diesem Projekt wird der ganze Essener Norden aufgewertet“, betont Klaus Johannknecht, Vorsitzender des Verbandes AWO Essen, der sich ebenfalls auf den Weg zur Krablerstraße gemacht hatte. Er sieht Aldi als Vorreiter, an dem sich andere Unternehmen ein Beispiel nehmen sollten. Die Vernetzung zwischen dem Konzern und dem Wohlfahrtsverband sei ideal.

Die Awo hat weder Geld noch Grundstücke

Über die Summe, die Aldi in den Standort investiert, liegt der Mantel des Schweigens. Oliver Kern macht deutlich: „Die Awo hat weder Geld noch Grundstücke, um selbst zu bauen.“ Ein weiterer Vorteil: Die Verantwortung für das Gebäude liegt nicht bei dem Wohlfahrtsverband. Für Aldi ist die Nachnutzung der Immobilie hingegen Imagepflege und später, durch die Miete, eine Einkommensquelle. Der soziale Aspekt und der Mehrwert für die Gesellschaft sei dem Konzern wichtig, betont Aldi-Eigentümervertreterin Stefanie Wachowitz. Glück auch für die Mieter, die in den Wohnungen über dem Lager leben, sie können bleiben.

Auch Andreas Klink hofft auf eine Belebung und Sogwirkung der Örtlichkeit. Derzeit präsentiert sich das Gelände angrenzend an die Netto-Filiale eher als Negativ-Beispiel des Essener Nordens; tagsüber durch Müll und Chaos abschreckend, nachts gerne als Übernachtungsmöglichkeit von Obdachlosen genutzt. Wenn es nach Klink geht soll das „rote Awo-Herz an dem Standort in Zukunft für eine Sogwirkung und jede Menge Laufkundschaft sorgen“.

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Hilfe in schwierigen Lebenssituationen

Wenn sich Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene und Familien in schwierigen Lebenssituationen befinden, können sie im Awo-Jugendhilfenetzwerk Rat, Begleitung und Unterstützung finden. Die Awo bietet Beratung und Unterstützung bei Konflikten zu Hause, Stress in der Schule oder mit Freunden, Unterstützung bei Erziehungsfragen, Begleitung in Krisen, Begleitung bei Ämtergängen sowie Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche. Infos: 899475-0.

Das Aktionsbündnis sicheres Altenessen war im 2011 an den Start gegangen, nachdem eine Befragung der Awo-Jugendhilfe im Stadtteil gravierende Defizite im Sicherheitsgefühl der Bürger ans Licht befördert hatte. Sie klagten insbesondere über fehlende Polizeipräsenz und pöbelnde und bedrohliche Gruppen auf den Straßen. Das Team kümmert sich seitdem mithilfe der Polizei um bereits kriminell aufgefallene Kinder und Jugendliche. Die Mitarbeiter bieten aber auch Freizeitgestaltung für Jugendliche an und planen verschiedene Veranstaltungen.

Die Awo organisiert zudem Nachhilfe und Lernförderung in Kleingruppen an weiterführenden Schulen im Essener Norden. Anspruchsberechtigt sind alle Personen, die Leistungen vom Jobcenter, Wohngeldamt, Sozialamt erhalten oder Anspruch auf Kindergeldzuschlag haben. Infos: 89947512.

Die Awo-Geschäftsstelle ist Ende 2019 vom Pferdemarkt in der City in die Cranachhöfe, Holsterhauser Platz, umgezogen.

Aldi sucht nach eigenen Angaben ständig nach Nachnutzungsszenarien für Immobilien. In Schonnebeck finanzierte der Konzert zuletzt im Zuge des Neubaus ein neues Jugendzentrum.