Essen. Zwischen Erleichterung und Skepsis: Essener Theater, Kinos und Museum Folkwang bewerten neuen Stufenplan. Wann die ersten Häuser wieder öffnen.

Die Politik hat am Mittwoch eine Nachtschicht eingelegt. Und das Erwachen der Essener Kultureinrichtungen, die von den jüngsten Beschlüssen des Corona-Gipfels betroffen sind, fiel am Donnerstagmorgen ganz unterschiedlich aus. Die ersten Reaktionen auf den neuen Stufenplan reichen von „großer Erleichterung“ bis anhaltender Skepsis. Was die Leiter von Theater, Kino und Museum zu den jüngsten Beschlüssen sagen.

Museum Folkwang: „Wir sind erleichtert, dass es nun konkrete Perspektiven gibt“

Im Museum-Folkwang hat man die Ergebnisse der Kanzleramts-Runde mit Freude und einiger Überraschung zur Kenntnis genommen. „Ein guter Tag“, sagt Museumsdirektor Peter Gorschlüter, „wir sind sehr erleichtert, dass es nun konkrete Perspektiven gibt, das war so nicht abzusehen“. Folgt man dem neuen Stufenplan, gehören Museen, Galerien und Zoologische Gärten in die Kategorie 3 und können ab dem 8. März wieder öffnen: Mit Voranmeldung bei einer Inzidenz zwischen 50 und 100, ohne Voranmeldung bei einer Inzidenz von unter 50.

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Mit dem Onlineticket-Vorverkauf hat das Museum schon während des ersten Lockdowns Erfahrungen gesammelt, man sei „technisch gut aufgestellt“, sagt Gorschlüter. Er will das Museum unter den entsprechenden Sicherheits- und Hygienevorgaben wie dem Tragen einer medizinischen Mund-Nasen-Bedeckung deshalb am Donnerstag, 11. März wieder öffnen. Zunächst aber will man noch die Corona-Schutzverordnung des Landes NRW und die Beschlüsse der Stadt Essen abwarten. So gibt es zwar schon Inzidenzwerte als Richtlinie, aber noch keine vorgegebenen Besucherzahlen pro Quadratmeter.

Verständnis für die Notbremse: „Das finde ich nachvollziehbar“

Folkwang verlängert

Das Online-Ticketing im Museum Folkwang soll am 10. März starten. Besucher erhalten auf diesem Weg nicht nur Eintrittskarten für die Sonderschauen (2 x Kippenberger/Timm Rautert), sondern auch (kostenfreie) Tickets für den Sammlungsbesuch.Die Laufzeit der Doppelausstellung „2 x Kippenberger“ mit „The Happy End of Franz Kafka’s ‘Amerika‘“ (Museum Folkwang) und „Vergessene Einrichtungsprobleme in der Villa Hügel. Künstlerbücher und Plakate“ (Villa Hügel) konnte vom 2. Mai auf den 16. Mai verlängert werden.

Gorschlüter ist sicher, dass man die Lenkung über den Verkauf von Online-Tickets mit verbindlichem Zeitfenster gut regeln kann. Zumal das Haus mit der neuen Ausstellungshalle über extrem großzügige Räumlichkeiten verfügt. Dort – und in der Villa Hügel – warten bereits seit Anfang Februar „2 x Kippenberger“ auf die Besucher. Mit der parallel laufenden Timm Rautert-Retrospektive präsentiert man in diesem Frühjahr zwei bedeutende Künstler, die auch noch eng mit der Stadt Essen verbunden sind. Die Sorge, dass dem Publikum nach der vorzeitig abgebrochenen Keith-Haring-Schau im vergangenen Herbst nun zwei weitere Großprojekte vorenthalten bleiben könnten, saß tief. Entsprechend groß die Erleichterung über das neue Öffnungsszenario. Auch die von Bundeskanzlerin Angela Merkel eingebaute „Notbremse“ ab einer Inzidenz von über 100 schreckt Gorschlüter nicht. „Das finde ich nachvollziehbar.“

Das Haus öffnen mit der Gefahr, bei hohen Ansteckungszahlen gleich wieder schließen zu müssen – für Kino-Chefin Marianne Menze ist das keine echte Perspektive. „Ich glaube nicht daran, dass die Kinos in nächster Zeit öffnen werden“, sagt die Betreiberin von Lichtburg und Essener Filmkunsttheatern. Den Grund dafür sieht Menze auch im notwendigen Vorlauf, den Theater und Lichtspielhäuser brauchen. Neue Filme müssen auf den Markt gebracht und beworben werden. Marketing-Kampagnen seien aber nun mal bundesweit angelegt und nicht auf Städte oder Landkreise zu beschränken.

Unklar sei zudem, wie viele Plätze pro Saal überhaupt besetzt werden dürften. Dazu käme die Sorge, dass absehbare Kassenschlager wegen zu hoher Inzidenzzahlen schon nach einer Woche wieder abgesetzt werden müssten und danach nie mehr in die Kinos kämen. „Kein Verleih wird unter diesen Vorzeichen große Filme starten“, fürchtet Menze: „Was wir brauchen, ist eine deutschlandweite und dauerhafte Öffnungsperspektive für die Kinos, auf die sich Betreiber und Filmverleihe einstellen können.“

„Kein Verleih wird unter diesen Vorzeichen große Filme starten“

Einen Hoffnungsschimmer für alle eingefleischten Cineasten hält Menze trotzdem bereit. Möglicherweise könne man zumindest ein Kino bald wieder eröffnen und mit wechselnden Klassikern des Kinorepertoires bespielen. Fraglich sei, ob dafür dann Schnell- und Selbsttests notwendig seien. Marianne Menze hält die schon im vergangenen Jahr entwickelten Hygieneschutzkonzepte nebst leistungsfähigem Lüftungssystem eigentlich für einen optimalen Schutz. Ihr Credo hat sie deshalb schon im vergangenen Herbst auf Plakate schreiben lassen: „Kino – sicherer geht’s kaum.“

Neben den Kinos sind laut Stufenplan im vierten Öffnungsschritt auch Theater, Opern und Konzerthäuser an der Reihe. „Wir stehen in den Startlöchern“, sagt Karin Müller, Geschäftsführerin der Theater und Philharmonie (TuP). Man begrüße, „dass es nun endlich eine Perspektive zur Wiederöffnung der Spielstätten gibt“, heißt es in einer Mitteilung. Schon im Januar hatte die TuP festgelegt, den Spielbetrieb in jedem Fall bis Ende März ruhen zu lassen.

Die Theater und Philharmonie arbeitet an einem Öffnungsfahrplan

Über einen Öffnungsfahrplan für April wollen Intendanzen und Geschäftsführung der TuP nun Anfang kommender Woche auf Basis der dann vorliegenden Corona-Verordnung des Landes Nordrhein-Westfalen entscheiden. „Zu berücksichtigen sind in diesem Zusammenhang nicht nur die im Beschluss formulierten Einlass-Voraussetzungen durch Tests, sondern auch die geltenden Schutz- und Hygienekonzepte mit Auswirkungen auf Besucherkapazitäten und Anzahl der beteiligten Künstlerinnen und Künstler“, heißt es in der Stellungnahme. Auch der Faktor „Notbremse bei steigenden Inzidenzwerten“ werde in den Planungen zur Öffnung der TuP-Spielstätten eine Rolle spielen. „Wir würden uns wahnsinnig freuen, wenn wir im April wieder spielen könnten“, sagt die TuP-Geschäftsführerin.

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