Essen. Bezirksbürgermeisterin Doris Eisenmenger kritisiert die Verteilung von Geldern auf die Stadtbezirke in Essen. Es gehe ungerecht zu, sagt sie.

Wenn sich in diesen Wochen die Bezirksvertretungen treffen, dreht es sich vor allem ums Geld. Jedem Bezirk stehen 400.000 zur Verfügung, die er Kitas, Grundschulen und Spielplätzen, um nur einige Beispiele zu nennen, zugute kommen lassen kann. Wie der Kuchen aufgeteilt wird, ist Gegenstand der aktuellen Beratungen. Doris Eisenmenger, Bezirksbürgermeisterin im Bezirk III, fordert jetzt, über die Budgets im Grundsatz zu diskutieren. Dass alle Bezirke über einen Kamm geschert werden und die gleiche Summe bekommen, hält sei für falsch und macht sich für ein alternatives Modell stark.

Die jetzige Regelung stößt bei Grünen-Politikerin auf Unverständnis

Bezirksbürgermeisterin Doris Eisenmenger fordert, die Etats nach der Einwohnerzahl zu berechnen.
Bezirksbürgermeisterin Doris Eisenmenger fordert, die Etats nach der Einwohnerzahl zu berechnen. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Nach Auffassung der Grünen-Politikerin nimmt die jetzige Regelung überhaupt keine Rücksicht auf die Unterschiede zwischen den einzelnen Bezirken. Das beginne schon bei der Einwohnerzahl. „Bei uns haben wir rund 100.000 Einwohner, andernorts sind es etwas mehr als die Hälfte“. Wenn man den Wünschen und Belangen der Bürger Rechnung tragen wolle, müsse die Bevölkerungsstärke Einfluss haben auf die Höhe des Etats haben. Dass dieser Faktor unberücksichtigt bleibt, stößt bei ihr auf Unverständnis. Die Folge sei nämlich, dass überhaupt keine Beachtung finde, wie viele soziale Einrichtungen in einem Bezirk liegen, für die eine BV zuständig sei. Sie selbst sei schon häufiger gefragt worden, warum die Kultur im Bezirk vergleichsweise gering gefördert werde. Ihre Standardantwort laute, für Kinder und deren Bildung seien schon solch große Summen erforderlich, dass wenig Spielräume bleiben würden, beispielsweise für Ausstellungen, Kunstprojekte oder Konzerte. Darüber hinaus komme auch überhaupt nicht die soziale Lage der Stadtteile zum Tragen. Vor den Unterschieden dürfe man nicht die Augen verschließen und man müsste eigentlich auch über das Nord-Süd-Gefälle diskutieren, inwieweit es bei der finanziellen Ausstattung berücksichtigt werden sollte.

Eisenmengers Vorschlag sieht nun eine Grundpauschale vor, die bei rund 100.000 Euro liegt. Darüber hinaus soll sich im Wesentlichen die Bemessung der Gelder an der Einwohnerzahl orientieren. Pro Kopf der Bevölkerung bringt die Politikerin einen Betrag von etwa fünf Euro ins Spiel. Ob es dabei am Ende dabei bleibe, müsse man erörtern. Überlegenswert sei in einem weiteren Schritt durchaus auch eine finanzielle Staffelung, die sich auf die Anzahl der Zahl von Einrichtungen wie Kindergärten und Grundschulen beziehe.

Zweifel an dem Vorschlag aus dem Stadtbezirk III

Michael Zühlke, Bezirksbürgermeister im Bezirk VI, bringt der Idee einerseits Sympathien entgegen, denn wirklich gerecht sei die geltende Regelung nicht. Die unterschiedlichen Strukturen der Bezirke bleiben außen vor, so der Sozialdemokrat. Er fragt sich aber, ob das Konzept von Eisenmenger, auch wirklich zielführend ist. Denn die Bevölkerungsgröße sei sicherlich ein ganz entscheidendes Moment, sage aber nicht unbedingt etwas darüber aus, welche Erfordernisse die gesamte Infrastruktur mit sich bringe, die eine BV unterstütze. Soziale Komponenten zu beachten, sei an dieser Stelle nicht zwingend erforderlich. Die Stadtteile, die besonderen Bedarf haben, bekommen, so Zühlke, doch unabhängig vom Bezirksbudget Unterstützung aus dem Förderprogramm Soziale Stadt.

Dass alle Bezirke zur Förderung von Kitas und vieler weiterer Einrichtungen die gleiche Summe bekommen, hat sich nach Ansicht von Bezirksbürgermeistern wie MIchael Zühlke bewährt.
Dass alle Bezirke zur Förderung von Kitas und vieler weiterer Einrichtungen die gleiche Summe bekommen, hat sich nach Ansicht von Bezirksbürgermeistern wie MIchael Zühlke bewährt. © Michael Kleinrensing

Schließlich erinnert der Bezirksbürgermeister daran, dass die Gleichheit der Budgets vor Jahren deshalb eingeführt worden sei, um Neiddebatten zu verhindern. Seither gebe es insbesondere auch aus dem Bezirk III immer wieder mal Kritik, die durchaus auch verständlich sei. Doch die Aufteilung, wie sie nun schon lange Zeit gelte habe sich bewährt. Im Bezirk VI habe man auf diese Weise Beinfreiheit. Angesichts einer sehr überschaubaren Zahl an Kultureinrichtungen, die gefördert werden, bleibe mehr Geld für die digitale Ausstattung an Grundschulen. Aufgrund der finanziellen Situation vieler Eltern können Fördervereine, anders als in anderen Stadtteilen, hier kaum in die Bresche springen, erläutert Zühlke.

Änderung könnte zu Ärger und Protesten führen

Bezirk III hat die höchste Einwohnerzahl

Das Budget für die Bezirke ist aufgeteilt: Zum einen stehen ihnen 300.000 Euro zur freien Verfügung, 100.000 Euro wiederum sind zweckgebunden für Projekte im Bereich Grün und Gruga, Straßen und Verkehr sowie Immobilien.

Die Bezirksvertretungen erhalten von Schulen, Kitas, Vereinen und Organisationen Anträge auf Zuschüsse für Projekte und Aktionen. Beispiele: Eine Grundschule will neue PCs anschaffen, eine Kita Spielgeräte oder ein Kulturverein möchte eine Ausstellung auf die Beine stellen. Darüber hinaus fragt auch die Stadt bei den Bezirksvertretungen nach, ob sie beispielsweise anteilig Kosten an örtlichen Baumaßnahmen wie Schulsanierungen oder Straßenarbeiten übernehmen können.

In den letzten Jahren haben Bezirksvertretungen auch sehr häufig Geld für Bordsteinabsenkungen bereit gestellt. Die Anträge stammten meist von den Fraktionen, die wiederum auf Bürgerwünsche reagierten.

Laut statistischen Angaben der Stadt hat der Bezirk VIII die niedrigste Einwohnerzahl: 51.882, gefolgt von Stadtbezirk VI mit 51902 Einwohnern. Dahingegen kommt Bezirk III auf 99.125 Bürger, der nächstkleinere ist Bezirk IV mit 83.477 Einwohnern.

Sein Amtskollege Frank Stienecker (Bezirk VII) sieht die Budgetvorgaben auch durchaus kritisch. Eine Änderung werde aber zwangsläufig dazu führen, dass dem einen etwas genommen und dem anderen etwas „zugeschustert“ werde. Das rufe mit Sicherheit Ärger und Proteste hervor, weil Bezirke, die Federn lassen müssen, sich damit nicht zufrieden geben.

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Nach Ansicht von Bezirksbürgermeister Peter Valerius bietet die jetzige Regelung ausreichend Handlungsspielräume.
Nach Ansicht von Bezirksbürgermeister Peter Valerius bietet die jetzige Regelung ausreichend Handlungsspielräume. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Der Vorteil für das jetzige Prinzip liegt für Bezirksbürgermeister Peter Valerius (I) darin, dass den Bezirken doch Handlungsspielräume blieben. Er sieht darin eines der schlagkräftigsten Argumente für eine Fortsetzung des jetzigen Modus. „Natürlich sind die Bezirke nicht alle gleich, aber der wir können doch entsprechend auf Notwendigkeiten reagieren“. Bei Stadtbezirken mit einer hohen Einwohnerzahl habe man es durchaus mit einer Vielzahl an Einrichtungen zu tun, denen man finanziell unter die Arme greifen will. Bei einem Bezirk mit geringerer Einwohnerdichte sei das wahrscheinlich nicht der Fall, stattdessen erfordere die Pflege von Grün zusätzliches Geld.

Bezirksbürgermeister sieht ohnehin wenig Gestaltungsmöglichkeiten

Es sei doch ohnehin nur eine bescheidene Summe, die eine Bezirksvertretung verteilen könne, so Valerius und findet in Michael Zühlke einen Gleichgesinnten. Die Chancen, wirklich etwas zu gestalten, seien doch ohnehin äußerst eingeschränkt. In den meisten Fällen versuche man doch eher Löcher zu stopfen und an Stellen zu helfen, wo Hilfe dringend notwendig sei. Schließlich richte man sich nach den Wünschen der Bürger. Das Geld reiche vorne und hinten nicht, so Gabriele Kipphardt (IX). Eine BV habe meist schnell ihr Limit erreicht und könne nur einem Teil der Antragsteller weiterhelfen.

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