Essen. Wenn Vater oder Mutter an Krebs erkranken, leiden auch die Kinder. Der Verein Menschenmögliches bietet an der Uniklinik Essen Hilfe für Familien.

Wenn Eltern an Krebs erkranken und die Ärzte um ihr Leben kämpfen, spielt sich jenseits des Krankenbetts oft eine zweite stille Katastrophe ab: Die Kinder bangen um ihre Mutter oder ihren Vater, das Familienleben gerät aus den Fugen, weil die Zeit und die Zuwendung für sie fehlt. Und so freut sich die Universitätsmedizin Essen über eine Kooperationsvereinbarung mit dem Verein Menschenmögliches: Der trägt die Einrichtung „Schwere Last von kleinen Schultern nehmen“, die genau das tut, was der Name verspricht.

Im Tagesgeschäft geht das Leiden der Angehörigen fast unter

Ab Anfang März ist die Einrichtung mit zwei Mitarbeitern am Westdeutschen Tumorzentrum (WTZ) der Uniklinik präsent: Beide sind ausgebildete Therapeuten, die mit Trauer, Angst und Ausnahmesituationen vertraut sind. „Wir sprechen von Familienbegleitern, weil sie den Familien so professionell wie empathisch zur Seite stehen“, sagt Tim Geldmacher, Vorstandsvorsitzender von Menschenmögliches e.V. In den zehn Jahren seines Bestehens habe der Verein in enger Zusammenarbeit mit den Kliniken Essen-Mitte viele Erfahrungen in der Betreuung krebskranker Eltern und ihrer Kinder gesammelt. „Nun möchten wir die besondere Einrichtung, die wir geschaffen haben, gern ausrollen.“

Für den Ärztlichen Direktor der Uniklinik ist das ein Glücksfall: „Ich habe vor einigen Jahren zum ersten Mal von dieser Arbeit gehört und gedacht: ,Schade, dass wir dieses exzellente Angebot nicht haben.’“, sagt Jochen Werner. Im Tagesgeschäft nehme man zwar auch das Leiden der Angehörigen wahr, könne darauf aber nur unzureichend eingehen.

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„Familien sind mit ihrer Belastung hier meist unterversorgt, die Kinder haben keinen richtigen Ansprechpartner. Denn bei uns geht es zuallererst um den erkrankten Menschen“, sagt Thorsten Kaatze. Der kaufmännische Direktor der Universitätsmedizin erklärt, dass die Begleitung von Familien nicht von den Kostenträgern übernommen werde. Hier eine Regelleistung zu schaffen, müsse das Ziel sein, wenn man eine Medizin mit ganzheitlichen Ansatz verfolge.

Verein will schwere Lasten von kleinen Schultern nehmen

Der Verein Menschenmögliches e.V. wurde 2011 von engagierten Bürgern an den Evangelischen Kliniken Essen-Mitte (KEM) gegründet unterstützt Menschen, die schwere Krebserkrankungen haben oder die keine Hoffnung auf Heilung haben. Neben der Kooperationsvereinbarung mit der Universitätsmedizin Essen, die jetzt geschlossen wurde, wird es weiterhin eine mit den KEM geben.

Mit seiner Einrichtung „Schwere Last von kleinen Schultern nehmen” steht der Verein an der Seite von Familien, in denen ein Elternteil an Krebs erkrankt ist. Er begleitet die Kinder, die durch die Krebserkrankung von Mutter oder Vater, einer schweren Belastungssituation ausgesetzt sind.

Infos auf: https://menschenmoegliches.de/ Kontakt telefonisch unter: 0201-85 89 25 90 oder per Mail:

Kaatze und Werner sind froh, dass „Schwere Last von kleinen Schultern nehmen“ die menschliche Versorgungslücke nun ausfüllt: Angehörige von Krebspatienten, vor allem die Kinder, werden auf Wunsch in Familien-, Paar- und Einzelgesprächen begleitet. Man biete ihnen eine Beratung und organisiere die Hilfe, die sie benötigen, sagt Sherille Veira, Menschenmögliches-Geschäftsführerin für Finanzen und Organisation. Dazu habe man sich eng mit dem Sozialdienst des Krankenhauses ausgetauscht. „Wir können die Familien zu Hause weiter begleiten, auch über den Tod des erkrankten Elternteils hinaus.“ Bis zu einem Jahr lang stehe man ihnen zur Seite.

Jede betroffene Familie soll auf Wunsch begleitet werden

Seine Vision sei es, dass jede betroffene Familie sich durch einen Familientherapeuten begleiten lassen könne, sagt Tim Geldmacher. Das Angebot von Menschenmögliches hat sich schon einen Namen gemacht, so dass die Helfer oft von den Palliativstationen angerufen werden – oder vom Jugendamt. Etwa ein Viertel der Betreuungsarbeit für Kinder und Jugendliche finanziere das Jugendamt, schätzt Geldmacher. Doch der Großteil der Kosten werde durch Sponsoren und Spenden gedeckt. Geldmacher sieht darin sogar einen gewissen Vorteil, weil man nicht immer erst eine mögliche Kostenübernahme klären müsse: „Wir haben die Freiheit, einfach zu helfen, wo Hilfe gebraucht wird.“

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