Essen. . Das Essener Projekt „Schwere Last von kleinen Schultern nehmen“ kümmert sich um Kinder, wenn Eltern sterbenskrank sind. Der Bedarf ist groß.

Die junge Frau ist mit einem Lächeln im Gesicht gestorben. Um ihr Bett herum, im Hospiz-Zimmer, hingen Fotos von einem der schönsten Tage kurz vor dem Lebensende der Mittzwanzigerin: Erinnerungen an einen Familienausflug mit den drei jüngeren Geschwistern in den Gelsenkirchener Zoo. „Das war ihr letzter Wunsch. Wir konnten ihn erfüllen“, erzählt Susanne Kraft, Pädagogische Leiterin der Einrichtung „Schwere Last von kleinen Schultern nehmen“.

Weihnachtsgala „Christmas Soul“ am 1. Dezember

Das Projekt gehört zu dem Verein Menschenmögliches, der an den Kliniken Essen-Mitte angesiedelt ist. Menschenmögliches begleitet sterbenskranke Menschen und deren Angehörige durch eine schwere Zeit. „Der Verein ist auf Spenden angewiesen, um diese Arbeit leisten zu können“, sagt Geschäftsführerin Simone Oster. Deshalb komme die Weihnachts-Gala „Christmas Soul“ am 1. Dezember 2018 im Colosseum Essen gerade recht. Der Reinerlös wird geteilt: eine Hälfte bekommt Menschenmögliches, die andere Hälfte geht an die Ehrenamt Agentur.

Der Menschenmögliches-Ableger „Schwere Last von kleinen Schultern nehmen“ wird inzwischen deutschlandweit beachtet – weil er als so einmalig und so wichtig gilt. Hier sollen Kinder Halt und Hilfe finden, wenn Vater oder Mutter unheilbar erkrankt sind. „Das gesamte System Familie gerät dann ins Wanken“, sagt Susanne Kraft. Wer holt die Kinder von der Schule ab? Wie kommt die Mutter damit klar, dass sie die Einschulung oder den 18. Geburtstag ihres Kindes nicht erleben wird? Wo bleibt der Platz für die Trauer? „Um solche Dinge kümmern wir uns.“

Die Palliativstation vermittelt Familien

Der Bedarf ist groß: Rund 340 Familien stehen jährlich in Kontakt zu „Schwere Last von kleinen Schultern nehmen“. 24 von ihnen werden intensiv betreut. Oft werden diese Fälle von der Palliativstation der Kliniken Essen-Mitte vermittelt. „Wir benötigen keinen großen Vorlauf. Innerhalb von 24 Stunden nehmen wir Kontakt auf“, sagt Kraft.

Drei Familientherapeutinnen sind im Einsatz. Sie sind in einem lichtdurchfluteten Haus nahe der Kliniken untergebracht. Hier gibt es ein Spielzimmer, um mit jüngeren Kindern in Kontakt zu kommen, gemütliche Aufenthaltsräume für die Älteren und viel Zeit zum Reden für alle. Die Not ist an vielen Stellen groß, wenn ein Leben zu Ende geht.

Ein Junge hatte das Leben nach Mamas Tod bereits geregelt

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„Wir schauen, von welchen Stellen es für die Familie Hilfe geben kann oder wie dem Kind erklärt wird, dass Mama oder Papa sterben werden“, erzählt die Pädagogische Leiterin. Manchmal sind es auch ganz praktische Dinge, in denen „Schwere Last von kleinen Schultern nehmen“ zur Stelle ist. Beispielsweise wenn eine Videobotschaft der Mutter aufgenommen wird, die dem Kind später, zu dessen 18. Geburtstag, vorgespielt werden soll.

In einigen Fällen werden die Beraterinnen auch von der Weitsicht der Kinder überrascht. So wie kürzlich, bei einem 17-jährigen Jungen. Dessen Mutter habe lange vermieden, mit ihm darüber zu sprechen, dass sie bald sterben muss. Als das Thema dringlicher wurde, erklärte der Sohn, längst alles geregelt zu haben: Er könne in der Familie eines Freundes unterkommen und sich dort auf das Abitur konzentrieren.