Essen. Nach Millioneneinbußen fordert GOP-Direktorin Nadine Stöckmann Entschädigung von privaten Kulturunternehmen. Weitere Eventanbieter wollen klagen.
Im Dezember war im GOP-Varieté noch Zuversicht verbreitet. Nun beklagen Essens GOP-Direktorin Nadine Stöckmann sowie der Geschäftsführer der Unternehmensgruppe, Olaf Stegmann, in einer Mitteilung deutlich die mangelnde finanzielle Unterstützung. Anlass waren die Beschlüsse zu Lockdown-Lockerungen, bei denen die Kultur wieder hinten anstehen müsse.
„Die bisherige staatliche Unterstützung reicht nicht, um die Einbrüche aufzufangen“, so Nadine Stöckmann in einer Mitteilung. „Von den angekündigten Novemberhilfen ist für alle sieben GOP-Theater nur ein Bruchteil von dem eingegangen, was benötigt wird. Wir brauchen dringend Perspektiven!“ Die GOP-Gruppe sei vor der Corona-Pandemie ein kerngesundes Unternehmen gewesen mit rund 1000 Mitarbeitern Ende 2019.
Gesamtjahresumsatz um knapp 90 Prozent eingebrochen
Ende Januar 2021 habe sich die Situation geändert. Der Gesamtjahresumsatz sei im Vorjahresvergleich um knapp 90 Prozent von 47 Millionen Euro auf etwa fünf Millionen Euro eingebrochen. Nur drei Monate durften Theater im Sommer mit staatlicher Erlaubnis geöffnet werden, allerdings nur mit 60 bis 70 Prozent der normalen Platzkapazität. „Die Mitarbeiter sind seitdem zwar in Kurzarbeit gegangen“, so Stöckmann, aber „laufende Kosten blieben bestehen.“
Deshalb fordert Geschäftsführer Olaf Stegmann, dass auch größere Gastronomie und private Kulturunternehmen wie das GOP entsprechend der Verluste entschädigt werden. Dies müsse sich am erlittenen Schaden des Unternehmens bemessen und nicht an starren Obergrenzen eines EU-Beihilferechts. „Es kann nicht sein, dass hier der Besitzer eines Restaurants mit einer Unternehmensgruppe mit 1000 Mitarbeitern gleichgesetzt wird“, erläutert Stöckmann.
Sie verlangt außerdem eine Ausweitung der Förderhöchstgrenzen nach EU-Beihilferecht, da auch viele kleinere Unternehmen aufgrund der Dauer der Schließungen an die Förderhöchstgrenzen stoßen. „Nicht vergessen werden darf, dass die Betriebe von staatlicher Seite grundlos geschlossen wurden und mittlerweile seit einem Jahr von der Substanz leben müssen. Ohne eigenes Verschulden erbringen diese Unternehmen ein Sonderopfer für die Allgemeinheit seit fast 12 Monaten!“, so Stegmann.
Veranstaltungsbranche will nun den Klageweg beschreiten
Wie dem GOP-Varieté geht es mittlerweile vielen Betrieben der Kultur- und Veranstaltungsbranche. So hat der Essener Unternehmer Tom Koperek, Mitgründer des Aktionsbündnisses „Alarmstufe Rot“, bereits in der vergangenen Woche in dieser Zeitung eine Reihe von Schadensersatzklagen in Aussicht gestellt, die betroffene Firmen in allen Bundesländern einreichen wollen. Die Mehrzahl der Unternehmen hätte mangels finanzieller Unterstützung mittlerweile dramatische eigenkapitalschädigende Verluste erlitten, heißt es seitens des Aktionsbündnisses. Die Regierung habe es „fahrlässig versäumt“, jene Branche aufzufangen, der sie durch den Lockdown die Existenzgrundlage entzogen habe, klagt Koperek.
Auch René Heinersdorff, der seine privaten Boulevardtheater in Essen, Köln und Düsseldorf betreibt, muss derzeit extrem spitz rechnen. Gleichwohl sieht der Chef des Rathaus-Theaters noch Perspektiven: „Bis zum Herbst halten wir durch.“ Das sei zum einen dem „fairen Verhalten“ der Abonnenten zu verdanken. Aber auch durch eingegangene staatliche Wirtschaftshilfen und Landesförderung könne das Haus noch überleben. Statt der sonst monatlich anfallenden 125.000 Euro für Mieten, Gagen und anderer Personal- und Fixkosten sei derzeit zumindest nur ein Fünftel der Kosten aufzubringen. Trotzdem hofft Heinersdorff auf baldige Besserung der Corona-Lage. Sollten es die Inzidenzzahlen zulassen, „wollen wir im April noch einmal aufmachen“, verspricht der Theaterchef. (MAS)