Essen. „Night of Light“: Aktion der Eventbranche sorgt für bundesweites Aufsehen. Der Essener Initiator Tom Koperek hofft auf Reaktionen aus der Politik

Eine Branche hat ein spektakuläres Alarm-Zeichen gesetzt. Mit rot angestrahlten Gebäuden und Plätzen von Hamburg bis Konstanz hat die Veranstaltungsbranche in der Nacht von Montag auf Dienstag bundesweit und in bemerkenswerter Geschlossenheit auf ihre finanzielle Notlage durch die Corona-Krise aufmerksam gemacht.

An der spektakulären „Night of Light“, die Tom Koperek, Vorstand der LK AG und Betreiber der Grand Hall Zollverein, von Essen aus gestartet hatte, waren nach Veranstalterangaben am Ende rund 8200 Partner mit mehr als 8900 rot ausgeleuchteten Projekten beteiligt.

Rot angestrahlt wurde auch die Fassade der Essener Philharmonie: Dort sind seit März Dutzende Konzerte ausgefallen.
Rot angestrahlt wurde auch die Fassade der Essener Philharmonie: Dort sind seit März Dutzende Konzerte ausgefallen. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Initiator Tom Koperek verbucht das große Leuchten als richtungsweisenden Gemeinschaftserfolg: „Wir haben es geschafft, einen riesengroßen Wirtschaftszweig sichtbar zu machen.“ Und der sei eben nicht nur in Hamburg, Berlin oder München von den Auswirkungen der Pandemie betroffen, sondern auch „in jedem Kleinkleckersdorf“, sagt Koperek.

Binnen weniger Tage hatte der Event-Fachmann eine gewaltige Resonanz ausgelöst. Fast im Minutentakt färbte sich die virtuelle Karte mit beteiligten Unternehmen und Wahrzeichen vom Brandenburger Tor in Berlin bis zur Hamburger Elbphilharmonie am Ende feuerrot. Auf Plattformen wie Instagram und Facebook schlossen sich auch viele Künstler und Privatleute der Aktion an. Nicht nur die Veranstalter litten schließlich unter dem Lockdown, sondern auch die Millionen Gäste, für die es kein Konzert, kein Clubnacht, keine Stadienbesuche, „kein Ventil mehr gibt“, sagt Koperek. Nicht erst die Geschehnisse vom Wochenende im Stuttgart deuteten darauf hin, „dass sich da ein gesellschaftliches Problem anbahnt“.

Koperek fürchtet aber vor allem auch um hunderttausende Beschäftigungs- und Ausbildungsverhältnisse in einer Branche, die so bunt und vielfältig wie wirtschaftlich bedeutend ist. In der Veranstaltungswirtschaft sind nach Angaben der Organisatoren rund eine Million Menschen beschäftigt. Der Jahresumsatz der Branche wird mit 130 Milliarden Euro beziffert. Doch durch die Corona-Pandemie sei den zahllosen Firmen – vom Caterer über den Bühnenbauer bis zum privaten Veranstalter – praktisch über Nacht die Arbeitsgrundlage entzogen worden, der Umsatz auf Null gesetzt. „Die nächsten 100 Tage übersteht die Veranstaltungswirtschaft nicht“, mahnt „Night of Light“-Ideengeber Tom Koperek. Eine Pleitewelle enormen Ausmaßes drohe.

Rotlicht auch für die Lichtburg, die Philharmonie und die Grand Hall Zollverein

Tiefrot ausgeleuchtet war Montagnacht deshalb nicht nur die „Grand Hall Zollverein“, die Koperek seit 2017 Jahren als exklusive Event-Adresse betreibt. Rot angestrahlt und umringt von zahlreichen Schaulustigen präsentierten sich auch Doppelbock und Sanaa-Gebäude wie viele andere Gebäude in der Stadt – von der Lichtburg bis zum Grillo-Theater, von der Essener Philharmonie bis zum Kulturzentrum Grend.

Würfel in Rot: Das Saana-Gebäude auf dem Gelände der Zeche Zollverein war ein spektakulärer Hingucker bei der „Night of Light“.
Würfel in Rot: Das Saana-Gebäude auf dem Gelände der Zeche Zollverein war ein spektakulärer Hingucker bei der „Night of Light“. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Doch nicht nur die Kulturszene leidet unter dem Lockdown. Auch Anbieter wie der Essener Fotograf Dirk Blanke knipsten an der Rüttenscheider Straße Montagnacht das Rotlicht an. Normalerweise setzen Blanke und sein Team spektakuläre Firmen-Events, Fashion Weeks oder Messeauftritte von Dubai bis Berlin mit ihrer „Bullet-Time-Effekt-Fotografie“ in Szene. Vier Mitarbeiter beschäftigt Blankes Firma „360ties“ in Essen, weitere freie Teams seien verteilt über die gesamte Republik. „2020 wäre das bislang beste Jahr geworden“, sagt der Fotograf. Doch schon seit Anfang März seien alle Aufträge abgesagt. Und er glaubt nicht, dass sich die Situation schnell ändern wird. „Wir werden bis zum Ende des Jahres keine Euro mehr umsetzen.“

Aktion ist ein Appell an die Politik, „endlich Gespräche aufzunehmen“

Dass es trotzdem weitergehen muss, dafür soll die „Night of Light“ ein Zeichen setzen. Als Mutmach-Signal und als Aufforderung an die Politik, endlich Gespräche aufzunehmen, „wie Lösungen und Wege aus der dramatischen Lage gefunden werden können“, sagt Koperek. Die Aktion habe die Notlage der Branche bundesweit in die Schlagzeilen gebracht, „jetzt kann kein Politiker mehr behaupten, er habe da was übersehen“, sagt Koperek. Nun müssten sich alle Beteiligten endlich an einen Tisch setzen. Er jedenfalls sei entschlossen, seine Stimme weiter zu erheben.