Essen-Kettwig. Villa Ruhnau soll nun doch bleiben, bekommt aber eine neue Optik, die sich der Ursprungsfassade annähert. Dahinter sind zwei Wohnhäuser geplant.
Seitdem beim Amt für Stadtplanung und Bauordnung Ende September 2020 eine vollständige Abbruchanzeige für das Gebäude „Am Bögelsknappen 1“ in Kettwig vom Eigentümer eingereicht wurde, schlagen die Wellen der Empörung hoch. Das beliebte Villen-Gebäude hoch über Kettwig mit seinem umrahmenden Grün-Ensemble zu erhalten, haben sich nicht nur die betroffenen Anwohner, sondern auch Umweltorganisationen und Politiker verschiedener Parteien auf die Fahnen geschrieben. Nun sieht es nach einer Wende aus: Nur die später angebauten Teile der Villa sollen dem Abriss anheim fallen, das Gebäude eine neue Optik erhalten.
Dieses neue Gesicht wäre dann nach den der Redaktion vorliegenden Informationen eine Annäherung an den Originalzustand des 1905 erbauten Hauses, das einstmals als Gaststätte und Stadthalle für die Kettwiger Bürgerschaft diente. Spätere Erweiterungen und Anbauten sollen bei der nun geplanten Umgestaltung beseitigt werden. Betroffen sind hier insbesondere Gebäudeteile, die ab 1919 für die Inbetriebnahme eines Kinderkrankenhauses errichtet wurden.
Fachwerk und Bruchsteinsockel sollen wieder freigelegt werden
Von diesen Erweiterungen möchte sich Horst Faltus, Geschäftsführer der Kettwiger Firma „PromA Ateliers“ und Eigentümer der Villa offensichtlich trennen, unter anderem, weil sie nicht barrierefrei zu erreichen seien. Das Architekturbüro Holle aus Schuir wurde mit den Planungen beauftragt, das Haupthaus zu rekonstruieren. So soll beispielsweise auf der Giebelseite das bislang unter Schiefer verborgene Fachwerk wieder zur Geltung kommen. Das Entrée mit dem charakteristischen Treppenaufgang soll zurück gebaut und der Bruchsteinsockel freigelegt werden. Die auf alten Postkarten erkennbaren großen Rundbögen sollen wieder die Fassadenoptik bestimmen, heißt es.
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Sechs bis acht Wohneinheiten sollen nach den vorliegenden Informationen im Gebäude entstehen, ursprüngliche Deckenhöhen von gut sieben Metern zum Teil erhalten bleiben. Das historische Erscheinungsbild sei dem Eigentümer wichtig und er wolle es vorsichtig behandeln, heißt es aus einer informierten Quelle. Im Inneren soll moderner, gehobener Wohnraum entstehen.
Die Rede ist von 40 Wohneinheiten und annähernd 90 Tiefgaragenstellplätzen
Was die hinter der Villa Ruhnau befindliche Liegenschaft der Stadt Essen betrifft, so hatte sich die Firma „PromA Ateliers“ bereits bei einer Ausschreibung für den Erwerb des Grundstücks beworben. Die Bezirksvertretung IX wie auch der Ausschuss für Stadtentwicklung,- planung und Bauen (ASPB) hatten nach Protesten des Nachbarschaftskreises Bögelsknappen den Verkauf des Grundstücks allerdings ausgesetzt. Nun kommt er vermutlich im Februar im Fachgremium wieder auf den Tisch.
Geplant seien auf diesem städtischen Grundstück und dem durch den Abriss des alten Krankenhaus-Anbaus nun frei gewordenen Teil des Villengrundstücks offenbar zwei Wohngebäude mit jeweils vier Geschossen. Die Rede ist von 40 Wohneinheiten und annähernd 90 Tiefgaragenstellplätzen. Dafür müsse wohl ein Großteil des alten Baumbestandes weichen, ist zu hören. Von Seiten des Eigentümers werde betont, dafür an anderer Stelle Ausgleich schaffen zu wollen.
Gemeinsamer Antrag von CDU und Grünen im Ausschuss für Stadtplanung
Inzwischen hätten Verwaltung und Teile der Politik (gemeint ist hier vor allem CDU-Ratsherr Guntmar Kipphardt) das Gespräch mit dem Eigentümer sowie dem planenden Architekten gesucht und einen Kompromiss erarbeitet, heißt es in dem Antrag, den CDU und Grüne im ASPB stellen werden. Darin soll die Stadtverwaltung per Beschluss beauftragt werden, den Verkauf des hinteren Grundstücks zu ermöglichen, sobald der Erhalt der Villa in der geschilderten Form gesichert sei. Der zukünftige Erhalt des stadtteilprägenden Teils des Villengebäudes (Flurstück 119) soll im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen für einen möglichst langen Zeitraum gesichert werden, heißt es in dem Antrag weiter.
In den Verhandlungen soll hinsichtlich der Neubebauung berücksichtigt werden, dass diese optisch hinter dem zu erhaltenden Teils des Villengebäudes zurücktritt, die verkehrliche Situation für den fließenden wie ruhenden Verkehr der angrenzenden Straßen weitestgehend berücksichtigt, unter Beachtung des Nachhaltigkeitsgedankens möglichst ressourcenschonend unter Einsatz regenerativer Energien erfolgt und das auf dem Grundstück befindliche Kunst-Stücke (blaue Stele, Spindel) gesichert und nach den Bauarbeiten nach Möglichkeit wieder aufgestellt werden.
Weiterer Antrag von der Fraktion Die Linke und den Ratsgruppen Tierschutz und Die Partei
Der Ausschuss wird zudem über einen Antrag entscheiden, der bereits Mitte Dezember gemeinsam von der Fraktion Die Linke und den Ratsgruppen Tierschutz und Die Partei eingebracht wurde. In diesem geht es um die Aufstellung eines Bebauungsplanes Am Bögelsknappen. Ziel ist eine maßvolle städtebauliche Entwicklung dort und die Verhinderung des Abrisses des Gebäudes.
Sprecher der Grünen in der BV IX wünscht größeren zeitlichen Spielraum
Die Option einer Veränderungssperre durch die Aufstellung eines Bebauungsplanes hält im übrigen Ludger Hicking Göbels, Sprecher der Grünen in der BV IX und 3. stellv. Bezirksbürgermeister, weiterhin für eine gangbare Lösung. Im Gegensatz zu den Grünen im Stadtrat sieht er den Antrag von CDU/Grüne zum Grundstücksverkauf kritisch. „Ich wünsche mir mehr Zeit, um besser alternativen Überlegungen und Planungen Raum geben zu können. Auch, damit Ruhe in die von allen Seiten teilweise sehr emotionale Diskussion um den Erhalt der Villa Ruhnau und eine Bebauung dort kommt.“
Dass ein Investor sein Grundstück ausnutzen und Geld verdienen wolle, sei keine Schande. Aber es müssten auch Faktoren wie die Verkehrsbelastung im Bereich Bögelsknappen und das Roden wertvollen Baumbestandes berücksichtigt werden.