Essen. Essener Aalto-Kinderchor präsentiert einen Beethoven-Film zu dessen 250. Geburtstag. Seine Liebesbriefe wurden dabei in Chat-Sprache übersetzt.
„Roll over Beethoven“ hat Chuck Berry einst lautstark getönt. Mit einem „Chat over Beethoven“ sorgt der Aalto-Kinderchor nun für ein außergewöhnliches Projekt im Jubiläumsjahr. In einem 30-minütigen Videofilm holen die jungen Sänger und Chorleiter Patrick Jaskolka die Liebesgeschichte zwischen Ludwig van Beethoven und seiner angebeteten Josephine von Brunsvik in die Jetztzeit.
Denn nicht nur Musik verbindet die beiden. In dem mit professionellem Aufwand und viel Musik gedrehten Video erlebt man Ludwig und Josephine auch höchst zeitgemäß als flirtendes Duo, das am Handy telefoniert und sich regelmäßig Botschaften per WhatsApp zukommen lässt.
„Josephine, kann ich deine Nummer haben! lautet denn auch der Titel des jugendgerechten Beethoven-Projekts, mit dem das Bild vom schwerhörigen Podestheiligen der Klassik spätestens dann verschwindet, wenn Schauspieler David Kösters als junger Beethoven mit dem Handy in der Hand die Szenerie betritt. Auch die junge Josephine, dargestellt von Marlene Goksch, ist eine moderne Figur. Dass die beiden Darsteller nicht nur äußerlich in der Gegenwart ankommen, sondern auch die heutige Sprache sprechen, dafür haben Lillith Donath, Pia Graute, Lena Teigelack und Johanna Renner gesorgt, die das Drehbuch zusammen mit Chorleiter Patrick Jaskolka verfasst haben.
Beethovens Brief an die unsterbliche Geliebte
Die Verbindung zwischen Beethoven und der zehn Jahre jüngeren Josephine ist historisch verbürgt. Der Komponist gibt der jungen Frau damals nicht nur Klavierstunden, sondern macht ihr auch den Hof. Doch eine Hochzeit zwischen der adligen Dame und dem Komponisten gilt als unstandesgemäß. Josephine heiratet zwei Mal unglücklich nach den geltenden Standesregeln, bekommt sieben Kinder und bleibt – so wollen es viele Musikforscher wissen – Beethovens „unsterbliche Geliebte“.
Beethovens berühmter Brief an eben diese unsterbliche Geliebte war denn auch der Ausgangspunkt für den stellvertretenden Chordirektor des Aalto-Theaters, Patrick Jaskolka, und die Sängerinnen des Aalto-Chores, die sich mit viel Kreativität in die Chat-Korrespondenz der beiden gestürzt haben. „Vermiss dich jetzt schon“, schmachtet Beethoven da nach einer Klavierstunde. Während Josephine im Laufe der Jahre so manchen privaten Tiefschlag verarbeiten muss. Doch Beethoven erweist sich immer als guter Freund: „Wenn ich helfen kann, schieß los!“
Das Drehbuch entstand in Zusammenarbeit
Corona-bedingt ist das Drehbuch weitestgehend online und via Facetime entstanden. Regelmäßig wurden Ideen ausgetauscht, wechselweise Dialoge geschrieben und die Handlung von Wien nach Essen verlegt. Schon im Sommer wurden dann die Tonaufnahmen, am Klavier begleitet von der Pianistin Iva Jovanović, eingespielt; nach nur wenigen Proben und mit großem Abstand: Eine Herausforderung für alle Beteiligten, die Beethoven aber nicht nur wundervoll klingen, sondern eben auch flott sprechen lassen.
Für die jungen Drehbuch-Autorinnen war das während der Coronazeit eine willkommene Abwechslung. „Alle waren Zuhause und konnten trotzdem etwas gemeinsam machen“, sagt die 17-jährige Lillith Donath. Dabei war der Beethoven-Abend zunächst als Konzertauftritt geplant, zusammen mit den Essener Philharmonikern, die für den Online-Spielfilm auch Auszüge aus der „Eroica“-Sinfonie beisteuern.
Pandemie-bedingt entwickelte sich aus dem Konzert dann aber ein digitales Projekt – und führt damit zur Freude der jungen Autorinnen auch zu einem nachhaltigen Arbeitsergebnis „Einen Spielfilm als Kinderchor herauszubringen, ist schon etwas Besonderes“, findet Lena Teigelack. Und auch die 18-jährige Johanna Renner ist froh über das Ergebnis: „So ein Projekt weckt bei Jugendlichen bestimmt mehr Interesse als ein Sachbuch.“
Bundesmusikverband Chor und Orchester sorgte für die Anregung
Genau darum geht es auch dem Bundesmusikverband Chor und Orchester, der im Rahmen des Wettbewerbs „B33TH0V3N…AND3RS“ Projekte fördert, die sich in neuer Weise und jenseits des Konzertalltags des Musikgenies widmen, um junge Publikumsschichten zu erschließen. Vermutlich im April sollen die besten Beiträge ausgezeichnet werden. Der Beethoven-Film dürfte der Jury gefallen.
Zunächst aber fiebern die Sängerinnen und Sänger des Aalto-Kinderchores der YouTube-Premiere am 17. Dezember zum 250. Geburtstag des Komponisten entgegen. Auch danach wird das Video kostenlos aufrufbar sein. Es endet natürlich mit Beethovens Widmung an die unsterbliche Geliebte – ewig dein, ewig mein, ewig uns!
Die eintrittsfreie Filmpremiere von „Josephine, kann ich deine Nummer haben?“ findet am Donnerstag, 17. Dezember, um 19 Uhr auf dem YouTube-Kanal des Aalto Kinderchores statt. Danach ist das Video weiterhin kostenlos aufrufbar.
Alle Informationen zum Film inkl. Trailer und Making-of-Interview mit Patrick Jaskolka unter https://www.theater-essen.de/meldungen/aalto-musiktheater/kinderchor_beethoven/