Essen. Polizeidiensthunde vertrauen ihrem Hundeführer – wahren Distanz zu anderen Personen. Streicheln lassen müssen sie sich aber nicht unbedingt.
Als der Einbrecher durchs Fenster der Zahnarztpraxis floh, hat er das schmerzhaft bezahlt: Diensthundeführer Thorsten B. hat ihn mit Hilfe seines tierischen Kollegen geschnappt. Dieser erwischte den Fliehenden. „Es war ein Volltreffer, sitzen konnte er dann länger nicht mehr“, erinnert sich der 51-Jährige. Nun steckt sein neuer Diensthund Yoshi in der Ausbildung. Thorsten B. selbst bildet seit zehn Jahren Hunde der Essener Polizei aus.
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17 Diensthundeführer (darunter vier Frauen) zählen zur Diensthundestaffel des Essener Präsidiums. Deren tierische Kollegen sind Schutzhunde und mitunter auch spezialisiert darauf, Rauschgift oder Menschen zu finden. Dieter Fischer hatte lange Zeit einen Sprengstoffspürhund im Dienst an seiner Seite. Mit drei Hunden hat der 60-Jährige während seiner Laufbahn bei der Polizei gearbeitet, 2006 hat er die Leitung der Staffel übernommen. Dieter Fischer ist auch Trainer und nimmt als Prüfer im Diensthundwesen landesweit die Zertifizierungen der Schutzhunde ab.
Beschäftigen ihn sonst inzwischen Büroarbeit und Administration oft, so weiß er doch genau, was die Teams – Mensch und Hund – auf Essens Straßen leisten. Vor allem Malinois, Belgische Schäferhunde, gehören mit ihren Diensthundeführern zur Einheit. Diese Hunde seien hochmotiviert, weiß Dieter Fischer: „Ihr enormer Arbeitswille und wenige Erkrankungen, die den Polizeidienst ausschließen, zeichnen die Rasse aus.“
Frieda entdeckte eine große Menge Rauschgift im Motorraum eines Fahrzeugs
Damit diese zuvor ihre Ausbildung und Prüfungen schaffen, trainiert auch Michael K. (48) mit den Kollegen und deren Hunden. Der Polizeihauptkommissar ist stellvertretender Dienststellenleiter und selbst mit seinem zweiten Hund (Frieda, Malinois, Rauschgiftspürhund) im Einsatz. Frieda gelingt es nicht nur, manchen Drogendealer durch ihre Präsenz am Fluchtversuch zu hindern, sie hat zuletzt auch eine große Menge Rauschgift im Motorraum eines Fahrzeugs entdeckt. „Ohne sie hätten wir die Drogen nicht gefunden, denn die waren im Luftfilter versteckt“, lobt Michael K..
Bevor die Hunde Rauschgift, Sprengstoff oder Menschen finden, werden sie zunächst zum Schutzhund ausgebildet. Erst mit Spielzeug, dann mit Schutzärmel. „Wenn sie den packen, lassen sie nicht mehr los“, erklärt der Trainer zum extrem hohen Spiel- und Beutereiz, den sie bei der Ausbildung nutzen. So bleibt die positive Bestätigung stets das Spiel. „Sie wollen von Natur aus etwas haben.“
Polizeidiensthunde müssen mitunter 50 Fußballfans im Blick halten
Die Vierbeiner der Diensthundestaffel
Unter den Diensthunden sind zwölf Belgische Schäferhunde (Malinois), zwei Deutsche Schäferhunde, ein Holländischer Schäferhund (Herder) und ein Rottweiler.
Alle Diensthunde haben die Prüfung zum Schutzhund bestanden oder absolvieren gerade die Ausbildung zum Schutzhund.
Einige der Diensthunde haben weitere Ausbildungen gemacht: zum Rauschgiftspürhund (Mila, Schiwago, Smilla, Drago, Frieda, Ted, Jopie), Personenspürhund (Mila, Vin Diesel), Sprengstoffspürhund (Basra) und Datenspeicherspürhund (Misty).
Im Training baut sich die Beziehung zwischen Hunden und Beamten auf. Während der Hund lernt, diesem zu vertrauen (und umgekehrt), wird er später im Dienst zu anderen Menschen stets distanziert sein und einen hohen Individualabstand einhalten. Er wird gelernt haben, seinen Diensthundeführer zu beschützen und dabei nach vorn zu gehen.
„Diensthunde sollen neutral gegenüber Personen sein, müssen sich aber nicht unbedingt streicheln lassen“, sagt der Trainer. Denn die Hunde müssen mitunter gegen Personen arbeiten, haben gelernt, in Situationen wie beim Fußball 50 Leute im Blick zu behalten. Daher ist Frieda auch nach Feierabend bei einer Grillparty nicht dabei. „Konflikte muss man halt vermeiden, da braucht es eine klare Linie.“ Gleichwohl lebe die Hündin zu Hause mit Frau und Kind wie ein Familien-Labrador. Das gelte für die meisten tierischen Kollegen, die Wohnungshunde seien.
Ein gewisses Aggressionspotenzial und großes Selbstbewusstsein
Gemeinsam seien ihnen auch ein gewisses Aggressionspotenzial und ihr großes Selbstbewusstsein, erklärt Thorsten B.. Ohne diese Eigenschaften wären sie nicht bei der Polizei. Hinzu komme, dass die Hunde mit den Erfahrungen lernten, die sie im Dienst machten. „Ein Diensthund mit mehreren Einsatzerfolgen, der Täter gestellt und gefährliche Situationen gemeistert und gebissen hat, macht eine Entwicklung durch“, beschreibt er zur Laufbahn der Hunde.
Sie lernen zudem durch Bilder, wie etwa bei typischen Angriffsstellungen und reagieren auf Bewegungsreize. Sei ein Täter aggressiv, baue sich mit großer Statur aufgedreht vor dem Hund auf, beantwortet dieser das entsprechend. Tritt jemand, wird der Hund das Bein fassen. Umgekehrt gilt aber auch: Bleibt der Einbrecher stehen und verhält sich ruhig, spürt der Hund ihn auf und bellt. Zwar hätten viele Respekt vor den Diensthunden, doch bei manchen sei es eben ein Reflex, nach den Tieren zu treten und wegzulaufen – keine gute Idee.
Hervorragende Nase hilft, Tatwaffen, Einbruchswerkzeuge oder Handys aufzuspüren
Yoshi sei derzeit ein recht cooler Hund, der gern und viel schnuppert. Später könnte ihm seine hervorragende Nase helfen, Tatwaffen, Einbruchswerkzeuge oder Handys aufzuspüren. Als nächstes steht aber erst die Prüfung zum einsatzfähigen Diensthund an, sagt Thorsten B. Der Rüde absolviert die Ausbildung zum Schutzhund und könnte dann in die Fußstapfen seiner Vorgängerin treten. Die geht mit zehn Jahren in Pension, ist auch als Rauschgiftspürhund im Dienst.
Um an einen Diensthund zu kommen, gebe es übrigens viele Wege, weiß Thorsten B. aus eigener Erfahrung. In der Regel beginnen Polizeibeamte als Diensthundeführer mit einem einjährigen Hund, beim zweiten sei es oftmals ein Welpe. Bei Thorsten B. war es ein Facebook-Eintrag, der ihn zu seinem vierbeinigen Kollegen führte. Ein kurzes Video reichte völlig, um sich auf den Weg nach Brandenburg zu machen – mit Erfolg.