Essen. Ihr enormer Arbeitswille überfordert viele Halter, bei der Polizei Essen werden sie gefordert: Belgische Schäferhunde. Hundeführer berichten.
Wenn sie ihren Dienst mit Krabat auf Essens Straßen antreten wird, dann weiß die Polizeihauptkommissarin (47) eines genau: Mit dem Belgischen Schäferhund (Malinois) wird sie stets einen gut gelaunten wie motivierten Kollegen an ihrer Seite haben. Im Einsatz wird dieser sein sonniges Gemüt jedoch ablegen, wird die Ernsthaftigkeit an den Tag legen, die ein Diensthund benötigt. Derzeit steckt der Rüde mitten in der Ausbildung.
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Acht Wochen alt war Krabat, als er vom Bodensee nach Essen zog, die Diensthundeführerin hat den Welpen selbst ausgesucht – entschieden haben Herz und Blick („eigentlich sollte es eine Hündin werden“). Seitdem begleitet er sie, geht nicht nur spazieren, sondern fährt mit ihr auch Bus, geht durch Menschenmengen oder über Gitterböden, lässt sich von Geräuschen in Fußballstadien ebenso wenig beeindrucken wie von flackernden Taschenlampen.
Umweltarbeit, nennt das die Diensthundeführerin, denn die Ausbildung starte mit dem ersten Tag: „Was ein junger Hund lernt, bereitet ihm später keine Probleme“, erklärt die 47-Jährige zu den Eindrücken, die eine gute Voraussetzung für den späteren Dienst schaffen.
Straftäter finden, sie stellen oder an der Flucht hindern und Tatwerkzeuge aufspüren
Die Polizeihauptkommissarin selbst war zunächst im Streifendienst, arbeitete auf der Gerlingwache, bevor sie 2004 Diensthundeführerin wurde und so Hobby und Beruf verband. Ihre erste Begegnung mit einem Diensthund hatte sie allerdings bereits viel früher. In ihrer Kindheit hatte sie mit Freunden eine Kinderbande. Der Vater der Anführerin war Diensthundeführer, erinnert sie sich schmunzelnd: „Und ich habe mich immer im Hundezwinger versteckt. Gefunden hat mich niemand.“
Straftäter zu finden, sie zu stellen oder an der Flucht zu hindern, Tatwerkzeuge aufspüren, all das werden bald Krabats Aufgaben im Job sein, um die Polizeihauptkommissarin dann nach Feierabend nach Hause zu begleiten. Denn Diensthunde und Diensthundeführer bilden nicht nur beruflich ein Team, sie leben auch zusammen. Zuhause warten Schiwago (pensionierter Rauschgiftspürhund, eher cholerisch) und Tinka (Chihuahua-Terrier-Mix) auf die beiden. Die Hündin zog nach einem Einsatz ein, bei dem ihre erste Halterin wiederbelebt werden musste. „Ich wurde gerufen, weil das kleine dicke Ding niemanden ans Frauchen ließ“, erzählt die 47-Jährige.
Aktive wie arbeitswütige Hunde
Die Halterin wurde gerettet, Tinka aber blieb bei der Polizeioberkommissarin, die auch aktiv im Tierschutz ist und sich etwa für die Hunderasse Malinois einsetzt. Mit dem Wissen, dass private Halter oftmals überfordert, die aktiven wie arbeitswütigen Hunde nicht ausgelastet und beide Parteien unglücklich sind.
Und von diesem Einsatz der 47-Jährigen profitieren nicht nur die Hunde, sondern auch die Polizei. Denn zu ihren Reihen zählt nun auch Alina. Die belgische Schäferhündin (3) wurde bereits mehrfach weitergereicht, wurde nicht ausgelastet, hat am Ende geschnappt. Ein Tierschutzverein half zuletzt bei der Vermittlung (Malinois-Hilfe), auf dessen Internetseite entdeckte die Polizeioberkommissarin Alina, die nun mit ihrer Kollegin Wiebke H. (28) auf dem Weg zum Diensthund ist.
Wendige und pfeilschnelle Hündin
Die Polizei hat die Hündin inzwischen angekauft, der Tierarzt hat grünes Licht gegeben. Nun steht für Wiebke H. im kommenden Jahr der 70-Tage-Lehrgang zur Diensthundeführerin an, denn sie steckt wie ihre Hündin in der Ausbildung. Alina hat sich längst als kleine, wendige und pfeilschnelle Hündin erwiesen. Gute Voraussetzungen, um später nach Rauschgift in Fahrzeugen zu suchen. Zunächst aber habe sie Vertrauen fassen müssen, denn sie habe durch ihr bisheriges nicht so schönes Leben einige Erfahrungen mitgebracht.
„Sie braucht etwas Zeit, so wie ich auch“, beschreibt Wiebke H., die mit Hunden aufgewachsen ist. Ein Referat, das sie in ihrer Ausbildung hielt und die Zusammenarbeit mit Diensthundeführern, weckten schließlich ihr Interesse, um nach sechs Jahren im Streifendienst in den neuen Bereich zu wechseln. „Wir sind auf gutem Weg, ein Team zu werden und wachsen langsam zusammen“, sagt sie über sich und ihre neue Kollegin. Temperament und Arbeitswillen bringt diese mit, lässt sich nach Feierabend mittlerweile den Bauch kraulen. „Es passt richtig gut, und Alina hat nun auch die Chance, bei einem Menschen zu bleiben.“ Denn besteht die Hündin ihre Prüfungen, wird sie Wiebke H. die kommenden Jahre zu Einsätzen begleiten und selbst viel später als pensionierter Diensthund dieses Zuhause nicht mehr verlieren.
Viele Halter überschätzen sich mit der Hunderasse
Das gilt für alle Diensthunde – so auch für Akira. Die Malinoishündin bereitete zuvor allerdings ebenfalls Probleme in Privathand, landete wieder beim Züchter. Der hatte bereits Kontakt zur Polizei, schließlich hatte er schon Krabat nach Essen vermittelt. Mit Akira kam also dessen Schwester nach, mit einem Jahr. Ein weiterer Klassiker, wenn sich jemand den Hund wegen seines hübschen Aussehens anschaffe und Charakter wie Eigenschaften nicht bedenke, sagt die Polizeihauptkommissarin: „Die Halter haben sich überschätzt.“
Die Polizei wiederum hat Akira geprüft und für gut befunden. Die fünfjährige Tochter von Polizeioberkommissar Benedikt R. war da durchaus kritischer, zumindest beim Namen: aus Akira wurde Kira. „Sie fand den einfach schöner“, sagt der Vater und angehende Diensthundeführer, der im Job nun stets von der Hündin begleitet wird und zu Hause eben mit „vier Frauen“ lebt.
Polizei hält Ausschau nach geeigneten Hunden
„Für Alina und Akira ist das zudem ein Happy End“, freut sich auch die Polizeihauptkommissarin, die dazu hat beitragen können. Von diesem profitieren alle, denn die Polizei halte immer Ausschau nach geeigneten Diensthunden. Nicht mehr lange, dann wird auch Krabat einer von ihnen sein. Wie er sich entwickeln wird, wenn er erst einmal drei Jahre im Einsatz auf der Straße gewesen ist, das lässt sich nicht genau vorhersagen.
Möge er sein Gemüt so gut es geht bewahren, hofft sie. Wird der Rüde gut in der Nasenarbeit sein, könnte er in Schiwagos Fußstapfen treten: als Rauschgiftspürhund. Zuvor steht aber die Prüfung zum Diensthund an. „Dann freue ich mich riesig, meinen Dienst mit ihm anzutreten“, sagt die Polizeihauptkommissarin und kann die ersten fröhlich erregten Schritte kaum erwarten.