Essen. Da Klinikbetreiber Contilia drei seiner vier Standorte im Norden nicht verkaufen will, sah die Stadt das Begehren als erledigt an. Von wegen.
Das Klinik-Begehren im Norden, es nervt die Stadtspitze wie ein lästiger Ausschlag. Erst war die formulierte Frage nicht zulässig. Dann gab es finanzielle Bedenken und monatelang keine Kostenschätzung aus dem Rathaus. Und jetzt verweist die Verwaltung auf den Umstand, dass Klinikbetreiber Contilia von seinen vier Standorten im Norden drei ja gar nicht verkaufen will. Kein Zweifel: Der Kommune wär’s am liebsten, damit hätte sich auch das seit Monaten schwelende Begehren ein für allemal erledigt. Doch die Initiatoren lassen sich partout nicht abwimmeln – und planen einen neuen Anlauf.
So geht es mit dem Bürgerbegehren weiter
Der Bandwurmsatz, mit dem die Initiatoren des Bürgerbegehrens die Gesundheitsversorgung im Norden sichern wollten, ist wieder vom Tisch. Und mit ihm auch die Verengung auf die alten Klinik-Standorte.
Jetzt will man die Formulierung einfacher halten. Gefordert wird, die alten Standorte zu reaktivieren oder auch neue ins Spiel zu bringen. Am kommenden Freitag soll der Text unter den Initiatoren festgezurrt werden.
Der muss wohl sein, denn die im Sommer aus rechtlichen Gründen umformulierte Begehrens-Frage, sie forderte nicht nur die Gründung einer gemeinnützigen Krankenhaus-Gesellschaft. Vielmehr setzte sie auch auf die Übernahme (also den Kauf) des Marienhospitals und des St. Vincenz-Krankenhauses, des Philippusstifts wie auch des Geriatrie-Zentrums Haus Berge, um so die Vielfalt der Gesundheitsversorgung im Norden zu bewahren.
Das Bürgerbegehren hatte die Rechnung ohne den Eigentümer gemacht
Eine Rechnung, die man allerdings ohne den Eigentümer aufmachte. Denn der Gesundheitskonzern Contilia denkt derzeit gar nicht daran, sich von seinen Standorten zu verabschieden. Er will etwa das Borbecker Philippusstift mit einem riesigen Neubau für 420 Betten als letzten Klinik-Standort im Norden aufmöbeln.
Im Komplex des einstigen Altenessener Marienhospitals sollen eine stationäre und ambulante Psychiatrie entstehen, ein Ärztehaus und eine onkologische Praxis, ein Notarzt-Standort und diverse Beratungsangebote. Und die Geriatrie Haus Berge in Bochold wird, wenn sie langfristig am Philippusstift unterkommt, weiteren Pflegeangeboten Platz machen.
Allein das Gelände des St. Vincenz-Hospitals wird verkauft – „zum Marktpreis“
Vor diesem Hintergrund gab es die Contilia-Chefetage der Stadt vor einigen Tagen schriftlich, dass eine Veräußerung der Standorte auf Sicht ausscheidet. Einzig die Immobilie des St. Vincenz-Hospitals in Stoppenberg, das zum Jahresende seine Pforten schließt, soll – voraussichtlich im kommenden Jahr – versilbert werden. Wobei die Contilia-Geschäftsführung in ihrem Brief an Rechtsdezernent Christian Kromberg nicht zu erwähnen vergaß, dass dies selbstredend „zum Marktpreis“ erfolgen müsse.
Die Stadt ist interessiert, verhandelt dort dem Vernehmen nach schon. Ansonsten aber zuckt der Oberbürgermeister mit den Achseln: Er müsse „feststellen, dass es nichts zu kaufen gibt“, sagte Thomas Kufen jüngst dem TV-Sender SAT.1, „die Contilia bietet uns die Häuser nicht an“. Dabei sei er – „mein Wort gilt“ – mit Blick auf Marienhospital und St. Vincenz „bereit, beide Standorte zu übernehmen“.
Protest gegen eine Stadtspitze, die das Begehren „erfolgreich verzögert“
Da horcht Hans Peter Leymann-Kurtz, einer der drei Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens, auf. Vor wenigen Tagen erst rief er – ein Rentier-Geweih auf dem Kopf und den grünen Ex-Ratsherrn Walter Wandtke als Nikolaus im Schlepptau – zum wiederholten Mal zur ebenso ironisch angelegten wie ernst gemeinten Demo gegen die aus seiner Sicht gar nicht braven Klinikbetreiber. Und gegen eine Stadtspitze, die das Begehren seit Monaten „erfolgreich verzögert“.
Kommenden Freitag soll der Reset-Knopf gedrückt werden: Eine neue, knapper formulierte Frage soll’s richten, eine, die nicht mehr ausdrücklich die alten Klinik-Standorte nennt, sondern allgemeiner formuliert. Man könne so eine „Reaktivierung“ der einst als Krankenhaus genutzten Gebäude einschließen, ohne sich von Contilias Verkaufswillen abhängig zu machen. Zudem läuft man keinen Luftschlössern hinterher, „wir müssen“, seufzt der ehemalige Bürgermeister, „die aktuellen Realitäten berücksichtigen“. Und die lauten: Spätestens an Silvester ist auch das zweite Krankenhaus im Norden bis auf weiteres dicht.