Essen. Der Essener Gastronom Stefan Romberg hat mit seiner Forderung provoziert, dass die Restaurants am besten auch um Weihnachten geschlossen bleiben.
Eine Reaktion aus der Politik hatte Gastronom Stefan Romberg am Montag noch nicht erhalten. Wahrscheinlich hat er sie auch nicht erwartet. Der Betreiber der „Heimlichen Liebe“ hatte sich am Wochenende in einem öffentlichen Brief an die Ministerpräsidenten der Länder Luft gemacht.
Sein darin formulierter Appell klingt aus der Feder eines Gastronomen paradox: Die Politik solle die Gastronomie in diesem Jahr am besten gar nicht mehr öffnen. Die zu erwartenden Umsätze um Weihnachten stünden in keinem Verhältnis zum Aufwand. Viele Leute nämlich würden in diesem Jahr wohl lieber im kleinen Kreis zu Hause feiern statt in der Gastronomie. „Wir können für ein paar Tage die Weihnachtsdekoration rausholen, um den wenigen Gästen ein schönes Weihnachtsessen zu bescheren. Und an Silvester locken wir dann noch mal alle vor die Tür und treiben die Zahlen wieder schön in die Höhe, damit wir uns dann Mitte Januar erneut in den Winterschlaf begeben dürfen. Das macht keinen Sinn“, schreibt Romberg außerdem.
Der Anlass für Rombergs Vorstoß: Am Wochenende sickerte durch, dass die Ministerpräsidenten der Länder bei ihrem Treffen am Mittwoch den Lockdown in der Gastronomie nochmals bis zum 20. Dezember verlängern wollen. Es dräut also, dass die Restaurants somit erst wenige Tage vor Weihnachten wieder Gäste begrüßen dürfen.
Auch Romberg würde Weihnachten öffnen
Natürlich will sich Romberg nicht nachsagen lassen, kein Wirt aus Leidenschaft zu sein. „Natürlich würden wir am 21. Dezember öffnen, wenn das wieder geht“, sagt er am Montag auf Nachfrage. Auch er würde für die wenigen verbleibenden Weihnachtstage sein Restaurant dekorieren, das Personal aus der Kurzarbeit holen, Lebensmittelbestellungen auslösen, um den Gästen eine stimmungsvolle Zeit zu bieten.
Sein provokanter Appell kann daher eher so gelesen werden: Romberg ist genervt vom immer währenden Vertagen von Entscheidungen in der Corona-Krise statt klarer und verlässlicher Ansagen. Seine Branche leidet darunter seit Monaten . Rombergs größte Befürchtung ist, dass die Politik erst wenige Tage vor dem 21. Dezember entscheidet, ob der Lockdown tatsächlich zu diesem Zeitpunkt endet.
Die Erfahrungen der vergangenen Monate haben seine Zunft skeptisch gemacht. So hatte zwar niemand ernsthaft damit gerechnet, dass bereits am 1. Dezember die Gaststätten wieder öffnen dürfen, auch wenn es die Politiker so erklärt hatten. Aber nun wollen sie Klarheit. „Ich brauche jetzt eine Entscheidung und nicht erst Mitte Dezember“, sagt Romberg.
Gastronomen unterstützen Rombergs Weihnachts-Vorstoß nicht
In diesem Punkt ist er sich mit anderen Essener Gastronomen einig. Rombergs provokanter Forderung dagegen, Weihnachten die Lokale dann lieber gleich ganz zuzulassen, mag sich keiner der Befragten anschließen. „Ich freue mich über jeden Tag, den ich öffnen darf“, sagt Sternekoch Knut Hannappel vom gleichnamigen Restaurant in Horst.
Allerdings warnt auch er davor, die Gastronomie für wenige Tage zu öffnen, um dann wieder einen Lockdown zu verhängen. „Wir brauchen Verlässlichkeit“, betont er und schiebt hinterher: Wenn die Infektionszahlen nicht in dem Maße, wie erhofft sinken, dann müsse als nächstes ein kompletter Lockdown her. „Auch aus Respekt uns Gastronomen gegenüber“, sagt er.
Gastronom: Kunden brauchen für Weihnachten verlässliche Zu- oder Absage
„Wir tun alles dafür, um die Türen offen zu halten. Jeder Tag, an dem wir Arbeit haben, ist ein guter Tag“, bekräftigt Hotel- und Restaurantbesitzer Moritz Mintrop, gleichzeitig Vorsitzender des Branchenverbandes Dehoga in Essen. Doch wenn aus der nun diskutierten Öffnung kurz vor Weihnachten politisch eine Hängepartie würde, dann befürchtet er, dass Gäste verunsichert abspringen könnten. „Wir brauchen einen Vorlauf, so dass sich die Menschen darauf einlassen können“, betont er. Kein Gast werde bis wenige Tage vor dem Fest abwarten, ob das Weihnachtsessen tatsächlich im Restaurant stattfinden kann. Außerdem bräuchten auch die Restaurantbetreiber genügend Zeit, um zu planen und entsprechend Waren zu bestellen.
Wirt: Besser im Restaurant feiern als im engen Zuhause
Klar ist jedoch auch: Die beiden Weihnachtsfeiertage werden das Weihnachtsgeschäft in diesem Jahr nicht mehr retten. „Das Geschäft ist gelaufen“, meint Klaus Gummersbach, Besitzer des Gummersbach in Borbeck. Die größten Umsätze machen die Gastronomen fünf bis sechs Wochen vor dem Fest vor allem mit Weihnachtsfeiern, die dieses Jahr nicht stattgefunden haben. Dennoch sei es besser, die Leute feierten an den Weihnachtsfeiertagen im Restaurant, wo der Hygieneschutz eingehalten werde, anstatt zu sechst oder acht zusammen in einer kleinen Wohnung zu kochen und zu speisen, wirft der Wirt ein.
„Finanziell gesehen mag Stefan Romberg mit seinem Vorstoß recht haben“, meint Jan Imhoff vom „Parkhaus Hügel“. Allerdings geht es seiner Zunft auch um die Ehre. „Wir wollen das Feld doch nicht kampflos räumen.“ Viele Stammgäste kämen seit Jahren an den Weihnachtsfeiertagen ins Restaurant, um sich bekochen zu lassen. Und sollte das dieses Jahr wider Erwarten doch nicht möglich sein, „dann werden wir das Weihnachtsessen zum Mitnehmen anbieten“, so Imhoff.