Essen. „Nicht systemrelevant“: Stars vom Tatort-Kommissar bis zum BAP-Sänger unterstützen den Essener Musiker Klaus Spangenberg und sein Corona-Lied

Die Notlage der Künstler in der Coronakrise – Klaus Spangenberg kann ein Lied davon singen. „Nicht systemrelevant“ heißt sein Song, der von der dramatischen Lage der Musiker, Maler, Tänzer und Schauspieler erzählt, die seit Monaten unter den Vorgaben der Pandemie keine Arbeit mehr haben. Im Sommer hat der Essener Musiker das Lied in einer Nacht geschrieben, in der er wieder mal nicht schlafen konnte vor lauter Sorgen über die Situation.

Solidarisch mit den vielen Soloselbstständigen, deren Existenz akut gefährdet ist: BAP-Sänger Wolfgang Niedecken
Solidarisch mit den vielen Soloselbstständigen, deren Existenz akut gefährdet ist: BAP-Sänger Wolfgang Niedecken © FUNKE Foto Services | Markus Joosten

Passiert sei seither jedoch wenig, klagt der 54-Jährige. Doch spätestens seit dem zweiten Lockdown werden die Stimmen derer immer lauter, die auf die existenzbedrohende Lage der Kulturszene und der Veranstaltungsbranche hinweisen. So hat Spangenberg nun auch ausgesprochen prominente Verstärkung für „Nicht systemrelevant“ bekommen. Gemeinsam mit BAP-Sänger Wolfgang Niedecken, Songwriter-Ikone Stefan Stoppok, der Sängerin Tess Wiley und dem stimmstarken Tatort-Kommissar Axel Prahl hat er den Song jetzt noch einmal neu eingespielt. Ab sofort kann „Spangenberg und Leidensgenossen“ auf allen Musikportalen heruntergeladen werden. Zu hören ist kein wehleidiges Protestlied, sondern ein ordentlich groovender Rocksong mit einer Spur Sarkasmus und viel Hit-Potenzial.

Klaus Spangenberg steht mit Künstlern wie Matthias Reim und Roland Kaiser auf der Bühne

Spangenberg hat seit langem beste Kontakte in die Musikwelt. Als Gitarrist gehört er seit über 20 Jahren zur Band von Matthias Reim, steht mit Größen wie Andrea Berg oder Roland Kaiser auf der Bühne. Auch mit BAP-Bassist Werner Kopal ist er gut befreundet. So hat sich auch Kölschrock-Ikone Wolfgang Niedecken vom Song-Projekt begeistern lassen. „Da will ich mitmachen.“ Gesagt, getan. Niedecken, der ja selber mal Malerei studiert hat, singt nun eine von Spangenbergs „Nicht systemrelevant“ -Strophen über Martin, den Maler, dem die Farbe derzeit tatsächlich vertrocknet. Den 54-jährigen Berufsmusiker aus Essen hat das besonders gefreut: „So ist der Stein ins Rollen gekommen.“

Stefan Stoppok will Anfang Dezember auf der Essener Zeche Zollverein spielen. Ob der Auftritt stattfinden kann, ist ungewiss.
Stefan Stoppok will Anfang Dezember auf der Essener Zeche Zollverein spielen. Ob der Auftritt stattfinden kann, ist ungewiss. © FUNKE Foto Services | Julia Tillmann

Die Chancen stehen nicht schlecht, dass „Nicht systemrelevant“ mit dieser Star-Power nun einiges in Bewegung bringt. Auch Stefan Stoppok, der viele Jahre in Essen gelebt hat, und „Tatort_Star Axel Prahl, zuletzt mit seinem Insel-Orchester in der Lichtburg, haben für das Spangenberg-Projekt noch eigene Strophen beigesteuert. Aufgenommen wurde die Musik getrennt im jeweiligen Tonstudio. Im flott geschnittenen Video mit viel Lokalkolorit aber singen sie nun alle vereint von denen, die sonst unermüdlich für die gute Unterhaltung ihres Publikums arbeiten: Leider nur „nicht systemrelevant“.

Video führt vorbei an Turock, Kunsthaus und Grugahalle

Zu denen, die derzeit durch viele Fördernetze fallen, gehört auch das Kleine Theater am Rande der Essener Innenstadt. Auch hier sind die Tore seit langem verschlossen, eine defekte Klimaanlage hat die Hoffnung auf einen Theater-Neustart schon im September zunichte gemacht. Eine freie Kultureinrichtung von vielen, die um ihre Existenz fürchtet. Turock, Kunsthaus, Grugahalle. Spangenberg hat sie auf dem Fahrrad einfach mal abgefahren für sein Video, das die Nöte der vielen Kulturbetreiber und Soloselbstständigen spiegelt, die wie er seit Monaten ganz am Ende der Förderschlange stehen. Es gab die Soforthilfe vom Land, ein Stipendium und im Sommer ein paar wenige Gigs. Doch am Ende habe er nicht mal 20 Prozent der üblichen Jahreseinkünfte in der Tasche, sagt Spangenberg.

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Nicht nur er ist unverschuldet vom vielbeschäftigten Freiberufler zum Empfänger von Arbeitslosengeld 2 geworden. Dass man zigtausende von Künstlern zu Almosenempfängern macht, während Milliardenhilfen an einzelne Konzerne gehen, das hat Spangenberg einfach nicht mehr stillschweigend hinnehmen wollen. „Ich bin Musiker, kein Politiker“, sagt Spangenberg. Und doch war es für ihn irgendwann an der Zeit, seine Stimme zu erheben. Lange schon, bevor sich auch die Großen der Branche wie Till Brönner, Udo Lindenberg oder Herbert Grönemeyer zu Wort gemeldet haben. „Viele sagen, dass sich die Kulturszene lauter zu Wort melden muss“, hat Spangenberg in letzter Zeit oft gehört. „Nicht systemrelevant“ löst die Aufforderung locker ein. Der Song klingt am besten richtig laut aufgedreht.

Hier geht’s zum Song: Spangenberg und Leidensgenossen - Nicht systemrelevant (feat. Niedecken, Stoppok, Prahl und Wiley)